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Kirche in WDR 3 | 27.09.2014 | 07:50 Uhr
Was sind uns unsere Kinder wert?
Was sind uns unsere Kinder wert?
Guten Morgen, liebe Hörerinnen und Hörer.
Was sind uns unsere Kinder wert? So ganz konkret in Euro und Cent? – Alles? – Müsste doch sein, denn, wie immer wieder zu hören und zu lesen ist, schließlich sind „die Kinder unsere Zukunft“. Sagen die Politiker und setzen Himmel (und manchmal auch Hölle) in Bewegung, um für die lieben Kleinen ganz viele Plätze in Kindertagesstätten zu schaffen. Hunderte von Millionen Euros werden da investiert. Doch dann folgt irgendwann das nächste Lebensalter der Kinder und die Frage wiederholt sich: Was sind uns unsere Kinder wert? Da habe ich gestern ernüchternde Zahlen auf den Tisch bekommen, was die Ausgaben der Bundesländer je Kind im Schulbereich angeht. Das Statistische Bundesamt hat es aufgewiesen und die Zahlen auf den Tisch gelegt: In Nordrhein-Westfalen waren es genau 5000 Euro je Schüler. Punkt. Und damit liegt unser Bundesland mit Abstand im Bundesvergleich an letzter Stelle. Zum Vergleich: In Thüringen waren es immerhin 7700 Euro. Im internationalen Vergleich sind übrigens Beträge um die 10.000 Euro keine Ausnahme. Was sind uns also unsere Kinder, genauer: unsere Schülerinnen und Schüler wert? Natürlich kann man das nicht wirklich redlich in Euro und Cent messen. Aber es ist doch schon ein bemerkenswerter Faktor auf dem Hintergrund der Tatsache, dass der Schule als Institution immer mehr Aufgaben zugeteilt werden, die in früheren Generationen selbstverständlich in der Familie ihren Ort hatten. Schule nimmt einen immer breiteren Raum im Leben der jungen Menschen ein, das Lernpensum steigt rapide an, die Lerngeschwindigkeiten schnellen in die Höhe, immer höhere Leistungsfähigkeit in immer kürzerer Zeit (ein Stichwort: das Abitur nach acht Jahren) – wir gleichen das Leben der Kinder und Jugendlichen immer mehr den Bedürfnissen der Wirtschaft an.
Dass diese von vielen erträumte Gesetzmäßigkeit eben nicht funktioniert, zeigen zahlreiche Untersuchungen immer wieder. Und trotzdem scheinen wir in unserem Land nicht bereit zu sein, diesen Erkenntnissen auch wirklich konkrete Taten folgen zu lassen. Wenn ständig, ja fast gebetsmühlenartig wiederholt wird, dass es unabdingbar sei, einen hohen Bildungsstand zu erreichen, damit die Chancen für das spätere Leben allgemein und für den konkreten Arbeitsmarkt im Besonderen gut sind, dann muss sich das meiner Ansicht nach auch im Bildungsbudget deutlichst niederschlagen. Oder wollen wir weiter Eltern bitten, das Klassenzimmer ihrer schulpflichtigen Kinder zu renovieren, dabei möglichst noch die Farbe und das Handwerkszeug für den Schulträger kostenlos mitzubringen, anstatt sie zu ermuntern, in dieser Zeit etwas mit ihren Kindern zu unternehmen? Wie wäre es, wenn wir in Nordrhein-Westfalen ein deutliches Signal setzten und durch die finanziell-wirtschaftliche Stärkung des Schulsystems flächendeckend für personell wie materiell gut ausgestattete Schulen sorgten? Wie wäre es, wenn wir diesen Schwerpunkt setzten und so deutlich machten: Unsere Kinder sind es uns wert – und wir stärken sie. Sicher würde das auch zu einem Umdenken in vielen anderen Bereichen unseres öffentlichen Lebens wie im persönlichen Leben vieler führen. Einem Umdenken, das zwar nicht genau in Euro und Cent vom Statistischen Bundesamt berechnet werden könnte, das aber sicher unbezahlbar für unsere Zukunft wäre.
Sie fragen sich jetzt sicher: Warum streitet der als Pfarrer so für Schulpolitik? Das sollen doch Politiker machen, nicht der Kirchenmann. Aber die Kirchen gehören zu den ältesten „Bildungsplayern“ überhaupt, gerade weil die Kirchen schon früh wussten, wie wichtig Bildung für die Entwicklung von Persönlichkeiten ist. Das ist etwas in Vergessenheit geraten, weil durch die Missbrauchsfälle viel Vertrauen verloren gegangen ist. Das ist umso bitterer, weil ich mir sicher bin: Bildung und das Wohl von Kindern ist ein Herzensanliegen der Kirchen. Und das aus gutem Grund.
Jesus macht die Bedeutung der Kinder noch ganz anders deutlich: „Menschen wie ihnen gehört das Himmelreich!“ Warum behandeln wir sie nicht auch so und nehmen uns ein Beispiel an ihnen. Einen neuen, wirklich wertschätzenden Blick auf unsere Kinder wünscht Ihnen für den heutigen Tag Ihr Ulrich Clancett aus Jüchen.