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Choralandacht | 07.02.2015 | 07:50 Uhr

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Ich liege, Herr, in deiner Hut

Choral: (1. Strophe): Ich liege, Herr, in deiner Hut, und schlafe ganz mit Frieden. Dem, der in deinen Armen ruht, ist wahre Rast beschieden.

Autorin:

Wie wunderbar, wenn man so schlafen kann: Friedlich. Sorglos. Erholsam. Wie war es bei Ihnen in der letzten Nacht? Und wenn ich für einen Moment in der Sprache dieses Chorals bleiben darf…Haben sie sich vom Einschlafen bis zum Erwachen geborgen fühlen können in den Armen Gottes? War Ihnen „wahre Rast“ beschieden?

Choral: (2. Strophe): Du bist’s allein, Herr, der stets wacht, zu helfen und zu stillen, wenn mich die Schatten finstrer Nacht mit jäher Angst erfüllen.

Autorin:

Wenn unsere Tage schwierig sind, dann werden die Nächte besonders schwer. Wenn wir im Licht des Tages mit Selbstzweifeln kämpfen müssen, mit Trauer und Angst, mit Krankheit und Tod, mit widrigen Umständen, dann wird die Finsternis der Nacht besonders bedrohlich. Es gibt ein Grauen der Nacht, das sich aus den Sorgen des Tages nährt.

Für mich gilt leider: Je älter ich werde, desto gefährdeter wird mir der gute, erholsame Schlaf. Mit zunehmendem Alter werden die Nächte schwerer. Dass es so ganz selbstverständlich klappt mit dem Einschlafen, Durchschlafen und Ausschlafen, das erlebe ich selten. Wirklich erquickende Nächte sind kostbar geworden.

Choral: (3. Strophe)

Dein starker Arm ist ausgestreckt, dass Unheil mich verschone und ich, was auch den Schlaf noch schreckt, beschirmt und sicher wohne.

Autorin:

Vertrauensvolle Worte gegen das nächtliche Grauen und die Schlaflosigkeit. Jochen Klepper hat sie gedichtet. Während der nationalsozialistischen Diktatur 1938 hat er den Text veröffentlicht. Mit fünfzehn anderen Liedtexten in dem Kirchenliedband „Kyrie“. Man könnte glauben: Da schreibt einer, der den Schrecken der Nacht nicht in seiner Tiefe durchleiden muss. Einer, der ausschließlich den erholsamen Schlaf kennt. Sich also mit Leichtigkeit dem Schutz Gottes für die Nacht anvertrauen kann. Doch weit gefehlt: Jochen Klepper hatte Zeit seines Lebens mit Schlaflosigkeit zu kämpfen. Manchmal lag er trotz drei Schlafmitteln morgens um sechs noch wach... (vgl. Deichgräber S. 58) Sein Liedtext stellt sich dieser Erfahrung entgegen! In sein Tagebuch notiert er:

Sprecher:

Ich bemühe mich jetzt, ohne Schlafmittel zu schlafen. Ich mache die Erfahrung, dass das Schwerste die nun hemmungslos frei gewordenen Träume sind: Luftkrieg, Mobilmachung, (...), ja selbst körperliches Ringen mit dem Teufel. (Deichgräber S. 57)

Autorin:

Der Theologe und Schriftsteller Jochen Klepper hat allen Grund von Albträumen gequält zu werden. Seine Ehe mit der Jüdin Johanna Stein-Gerstel führt zum Bruch mit seiner Familie, denn die macht kein Hehl aus ihrer antijüdischen Haltung. Auch seine Anstellung bei der Berliner Funkstunde verliert Jochen Klepper wegen seiner jüdischen Frau. Beruflich ist und bleibt es schwierig für ihn. Die Kriegsschrecken belasten ihn. Für das Berliner Haus droht die Enteignung. Hier lebt er mit seiner Frau und seinen beiden Stieftöchtern. Doch es gibt eine städtebauliche Abrissverfügung. Jochen Klepper und seiner Familie droht die Obdachlosigkeit. In dieser Notlage stößt er auf ein Wort aus einem biblischen Psalm, das ihm Trost spendet.

Sprecher:

Ich liege und schlafe ganz in Frieden; denn allein du, Herr, hilfst mir, dass ich sicher wohne. (Psalm 4,9)

Autorin:

Sicheres Wohnen und friedlicher Schlaf. Was für ein Versprechen. Aus diesem Psalmwort dichtet Jochen Klepper sein Abendlied:

Choral: (1. Strophe)

Ich liege, Herr, in deiner Hut, und schlafe ganz mit Frieden. Dem, der in deinen Armen ruht, ist wahre Rast beschieden.

Choral: (3. Strophe)

Dein starker Arm ist ausgestreckt, dass Unheil mich verschone und ich, was auch den Schlaf noch schreckt, beschirmt und sicher wohne.

Autorin:

Jochen Klepper hat immer wieder zurückgeblickt in seinem Leben: Um sich der Führung Gottes zu vergewissert; um sich daran zu erinnern, wo er bereits Gottes Hilfe und Bewahrung erfahren hat. So konnte er in die ungewisse Zukunft und in ungewisse Nächte gehen. Diese „eiserne Lehre (...) auf jeden Blick nach voraus einen zurück“ (Rößler, S. 968), wie er es selbst in seinem Tagebuch (10. Oktober 1938) ausdrückt, ist ihm wichtig geworden. Auch der Choral spiegelt diese Erfahrung wieder. So heißt es in der vierten und fünften Strophe:

Sprecherin:

So will ich, wenn der Abend sinkt, des Leides nicht gedenken, das mancher Erdentag noch bringt, und mich darein versenken,

wie du, wenn alles nichtig war, worauf die Menschen hoffen, zur Seite warst und wunderbar mir Plan und Rat getroffen. (4 und 5. Strophe)

Choral: (9. Strophe)

Ich weiß, dass auch der Tag, der kommt, mir deine Nähe kündet und dass sich alles, was mir frommt, in deinen Ratschluss findet.

Autorin:

Wer mit Schlaflosigkeit zu kämpfen hat, wer sich zu ihr verdammt fühlt, der sehnt sich nach solchem Vertrauen wie Jochen Klepper es in Worte fasst. Denn: „Diese zermürbende Unfähigkeit, sich körperlich, seelisch und geistig zu entspannen, ist gewiss einer der heil-losesten Nöte unserer Zeit.“, so der Kirchenmusiker Walter Tappolet – ein Zeitgenosse Jochen Kleppers. (Tappolet, S. 18f.)

Was können Menschen in dieser Not tun? Es vielleicht Jochen Klepper nachmachen? Sein Gebet, sein Lied gegen die eigene Erfahrung setzen? Die Strophen sprechen, die Melodie summen, auf Gott vertrauen? Walter Tappolet berichtet, dass ein Schweizer Nervenarzt einen Patienten heilte, mit nichts anderem als dem Rat die Strophen des Abendliedes auswendig oder viel mehr inwendig zu lernen und sich daran aufzurichten. (vgl. Tappolet, S. 21f.) Und auch Jochen Klepper selber ließ sich durch sein tröstliches Abendlied immer mal wieder erfolgreich stärken:

Sprecher:

Die dritte Nacht ohne Schlafmittel überstanden. Es muss um des Abendliedes willen im Kyrie sein. (Tappolet, S. 24)

Autorin:

Ich selbst versuche das: Ich vertraue mich vor jeder Nacht der Güte und Für-Sorge Gottes an! Ich versichere mich noch einmal, dass er mich liebt und beschützt. Dann verziehen sich die bedrohlichen Nachtgedanken! Dann haben sie keine Macht über mich! Manchmal mache ich das mit meinen eigenen Worten. Manchmal mit den Worten des Chorals von Jochen Klepper:

Choral: (10. und 11. Strophe)

Sind nun die dunklen Stunden da, soll hell vor mir erstehen, was du, als ich den Weg nicht sah, zu meinem Heil ersehen.

Du hast die Lider mir berührt. Ich schlafe ohne Sorgen. Der mich in diese Nacht geführt, der leitet mich auch morgen.

Musikangaben:

CD-Titel: Ja, ich will euch tragen – Jochen Klepper und seine Zeitgenossen

Track 10: „Ich liege, Herr, in deiner Hut“

Text von Dichter: Jochen Klepper

Komponist: Fritz Werner

Chor: Das Solistenensemble

Leitung: Gerhard Schnitter

LC-Nr.: 07224

Label:hänssler music

CD-Verlag:hänssler verlag

Best.-Nr.: 98437

EAN:4010276013730

Literaturangaben:

Buch-Titel: Der Tag ist nicht mehr fern. Betrachtungen zu Liedern von Jochen Klepper, Göttingen 2002

Autor: Reinhard Deichgräber

Verlag: Vandenhoeck, Göttingen 2002

Buch-Titel: Ich liege, Herr, in deiner Hut

Autor: Walter Tappolet

Verlag: Eckart-Verlag, Witten 1968

Buch-Titel: Liedermacher im Gesangbuch. Liedgeschichte in Lebensbildern

Autor: Martin Rößler

Verlag: Calwer, Stuttgart 2001

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