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Kirche in WDR 3 | 05.05.2015 | 07:50 Uhr

Vielleichtling

Guten Morgen,

Wer will schon gern eine Vielleichtling sein. Ja, Sie haben richtig gehört: ein Vielleichtling. Das Wort gibt es gar nicht. Aber eine große Zigarettenmarke pflastert die Städte schon seit Jahren mit diesem Begriff auf großen Plakaten, natürlich nicht auf Deutsch, sondern in Englisch – klingt dann gleich viel verführerischer. „May be“ steht da – nur diese beiden Worte, schwarze Schrift auf weißem Hintergrund. Das „may“ ist durchgestrichen. Simpel und zugleich faszinierend: Wie schnell kann aus einem zaghaften Vielleicht etwas ganz und gar eindeutiges werden. Es gibt weitere Plakate aus dieser Serie: „Don’t be a may be!“ Sei kein Zauderer, sei ein Macher. Und die Zigarettenmarke unterstellt mit ihrer Werbung, dass Leute, die sich Rauch durch die Lungen pusten, zu den Machern gehören. „Don‘t be a may be“: Sei kein Vielleichtling. Der Vielleichtling – das ist nicht einer, der sich rauchend auf sein Pferd schwingt. So viel ist klar. Der Vielleichtling, das ist ein Weichei, ein Unentschlossener, ein Zauderer und Zögerer.

Eine Variation dieser Werbung geht noch weiter und behauptet: Ein Vielleichtling verliebt sich nicht. „May be never fell in love.“ Verliebtsein verträgt sich nun mal nicht mit einem Vielleicht. Ich habe mich vielleicht unsterblich verliebt? Nein, dieses große Gefühl duldet kein Vielleicht – es ist das Gegenteil davon. Es ist eindeutig, unbedingt. Die Werbekampagne war verteufelt gut. Ein starker Spruch, eine klare Botschaft, wer wollte da noch zu den Vielleichtlingen gehören? Die Kampagne war so gut, dass Aufsichtsbehörden Bedenken anmeldeten. Jugendliche fühlten sich offenbar sehr stark angesprochen von den Sprüchen und zum Rauchen animiert.

Schon immer hat man der Jugend zugestanden, dass sie das Vielleicht nicht mag, aber auch die nicht mehr ganz so Jungen sind nicht gerade erpicht darauf. Viele fühlen sich von zu vielen Vielleichts umzingelt, steht das doch für Ungewissheit, für das Ungefähre, den Zweifel, den Relativismus. Wie wunderbar wäre es, sich in einer gänzlich vielleicht-freien Zone tummeln zu können, wo Eindeutigkeit herrscht, Verbindlichkeit, Sicherheit, kein Wenn und Aber, kein Zweifel und keine Skepsis. Was wäre das für eine Wonne!

Eine ziemlich entrückte Vorstellung vom Leben und ziemlich erdenfern, das scheint klar. Der Himmel ist – vielleicht – „maybe-free“. Ich sag: Vielleicht. Vielleicht deshalb , weil ich gern für dieses Wörtchen in die Bresche springen möchte, zumindest solange die hundertprozentige Vielleichtfreiheit auf sich warten lässt. Nicht nur, weil Rauchen erwiesenermaßen ziemlich ungesund ist, sondern weil die Verachtung des Vielleichts gefährlich ist – auch und gerade wenn sie in religiösen Fragen zum Vorschein kommt.

Fundamentalismus – diesen Begriff könnte man mit Vielleichtfreiheit übersetzen. Er gaukelt vor, es gäbe die Vielleichtfreiheit – hier und jetzt. Er tut so, als gäbe es ein Reinigungsprogramm für alle Vielleichtlinge, als gäbe es Möglichkeiten, alle Vielleichts aufzulösen und dem Zweifel damit zu entkommen. Das ist die Quelle für religiösen Fundamentalismus, welcher Religion auch immer er entspringen mag.

Doch der Glaube an Gott sträubt sich gegen Fanatiker. Glaube ist gerade keine vielleichtfreie Zone. In ihm haben Zweifel und Anfechtung ihren Platz. Immer wieder steht der Zweifel da, und der Glaube geht durch ihn hindurch, ohne sicher sein zu können, wie er daraus hervorgehen wird. Der Glaube an Gott kennt das Vielleicht. Und in diesem Vielleicht steckt die Verheißung auf das Ende des Vielleichts. Für alle Vielleichtlinge – Raucher wie Nichtraucher – ist gerade das eine ziemlich hoffnungsvolle Angelegenheit.

Kommen Sie gut durch den Tag, Ihre Katharina Klöcker aus Münster

Copyright Vorschaubild: Public Domain Pixabay

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