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Kirche in WDR 3 | 04.06.2015 | 07:50 Uhr
Exoten
Guten Morgen, liebe Hörerinnen und Hörer,
vor einigen Jahren sah ich einen Cartoon mit dem Titel „Exoten“. Da war eine Gruppe Menschen bei einem Sektempfang gezeichnet. Einer trug ein schwarzes Sakko, alle anderen waren hell gemalt. Und bei einem war eine Sprechblase, darin stand: „Christ? Ach, interessant, und was macht man da so?“ Als ich den Cartoon mal in einer Gruppe von engagierten Gemeindemitgliedern herumgereicht habe, habe ich schnell erfahren, dass der ein oder andere diese Situation nur zu gut kannte.
Christ – Ach interessant. Und was macht man da so?
Könnten Sie, falls Sie Christ sind, eine Antwort auf diese Frage geben? So ganz einfach ist das wohl gar nicht. Heute ist Fronleichnam – ein Fest an dem sich traditionell die katholischen Christen auf die Straßen trauen und zeigen: hier sind wir.
Die Tage las ich, dass es in den großen deutschen Städten wie Berlin, Hamburg und München schon heute weniger als jeder zweite Bewohner überhaupt Christ oder Christin ist. Auch wenn in unserem Land überall die Zeichen der christlichen Kultur zu finden sind, werden Christen tatsächlich zu Exoten, wie der Cartoon sagt. Und selbst in einer traditionell katholischen Stadt wie Paderborn, in der ich lebe, ist das schon an manchen Orten spürbar. Die Frage wird häufiger kommen – Christ, ach interessant. Und was macht man da so? Und es wird gut sein, wenn Christen darauf antworten könnten.
In der Regel haben die Meisten sich genau so wenig bewusst entschieden wie ich, ein Christ zu sein. Die allermeisten wurden und werden noch immer als kleine Kinder getauft. Die Eltern wollten es so das Christentum wurde quasi vererbt. Und was das Christentum ausmachte, war ebenso fast selbstverständlich wie unreflektiert. Je weniger dieses „vererbte Christentum“ in unserem Land verbreitet ist, desto mehr kommt der einzelne Christ unter Druck. Angesichts vieler Freunde, Bekannter oder Arbeitskollegen, die keine oder eine andere Religion haben, wächst vielleicht die eigene Unsicherheit, überhaupt genauer sagen zu können, was man denn als Christ so macht.
Ich möchte Ihnen heute zwei Antworten anbieten. Die erste ist: ein Christ, eine Christin betet. Und die zweite: ein Christ, eine Christin versucht, an Jesus Christus Maß zu nehmen.
Das erste: Als Christ bete ich. Dafür gibt es äußere Zeichen: Das Kreuzzeichen, die gefalteten Hände, Kreuze und Bilder, die ich betrachte; es gibt feste Gebete, die ich auswändig kenne wie das Vater Unser. Beten ist aber nicht an bestimmte Formen oder Worte gebunden. Ich meine, es beginnt schon da, wo ich bewusst Kontakt suche mit Gott, wo ich meine eigenen Gedanken oder Taten kürzer oder länger unterbreche und eine Brücke betrete, die von Gottes Seite her immer besteht.
Wenn ich bete, wende ich mich an Gott, weil ich weiß, aus mir heraus weiß ich nicht alles, verstehe ich nicht alles, erkenne ich nicht alles und kann auch nicht alles. Beten ist auch etwas anderes als Gespräch. Beten geht weiter, setzt tiefer an.
Und das zweite: ein Christ, eine Christin, versucht, an Jesus Christus Maß zu nehmen. Ich versuche, mit Worten von Jesus zu leben oder durch den Tag zu gehen. Ich versuche, wie er zu handeln. Ich versuche, zu fragen: was würde Jesus in dieser Situation tun? Alles natürlich immer unvollkommen – aber doch sehr ernsthaft.
Christ? Ach, interessant – und was macht man da so? – Vielleicht haben Sie, liebe Hörerinnen und Hörer, ja Interesse, dieser Frage mal weiter nach zu gehen, mit Ihren eigenen Erfahrungen.
Einen guten Fronleichnamstag wünscht Ihnen
Domvikar Michael Bredeck aus Paderborn.
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