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Kirche in WDR 3 | 28.10.2015 | 07:50 Uhr
Frieden stiften
Guten Morgen!
Was muss sich ändern, wenn Friedenspolitik erfolgreich sein soll? Diese Frage treibt mich um. Antworten auf diese Frage erhoffte ich mir von namhaften Referenten aus Kirche und Gesellschaft. Sie waren wie ich angereist zur Politiker-Tagung der Evangelischen Kirche von Westfalen Ende August. Thema der Tagung war: Selig sind, die Frieden stiften. (1)
O-Ton 1: Ich träume davon, dass irgendwann ein ziviler Friedensdienst genauso bekannt ist wie die Bundeswehr, weil es ein Instrument ist, was erfolgreich ist, (2)
Autorin: so der Friedensbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland, Renke Brahms. Nur ein Drittel der Summe der Militärausgaben gehen in Entwicklungshilfe und Zivile Friedensdienste. Und Fernsehjournalist Jörg Armbruster meint:
O-Ton 2: Sicherheitspolitik muss vorausschauend sein, denn militärischer Einsatz deutet auch an, dass Politiker von Ereignissen überrascht worden sind. Das haben wir letztes Jahr im Islamischen Staat erlebt. Man hätte da viel früher reagieren können. (…)(Aber wenn Politik vorausschauend ist und Ursachen bekämpft und schon sehr früh eingreift mit diplomatischen, mit friedlichen mit entwicklungspolitischen Mitteln, ich glaube, dann kann auch Sicherheitspolitik mit friedlichen Mitteln betrieben werden.
Autorin: Jörg Armbruster wünscht sich von der Politik Wachheit - und Ehrlichkeit. Dazu gehört für ihn: Saudi-Arabien trotz aller Ölinteressen offen darauf anzusprechen, dass die Salafisten hier ihren Nährboden finden. Oder:
O-Ton 3: Warum guckt die Welt zu (…) bei der Bombardierung des Jemen? Da sind mehr Menschen gestorben bis heute als vor einem Jahr bei dem Gaza-Krieg. Und es gibt keine Demonstrationen dagegen, es gibt keine Resolutionen dagegen, es gibt keine Proteste dagegen. Es wird zugesehen. Und das halte ich für ein Ding der Unmöglichkeit. (3)
Autorin: Seit Ende März werden unter der Führung Saudi-Arabiens radikale Kräfte innerhalb des Jemens regelrecht herbeigebombt, so Armbruster. Es braucht langfristigere Perspektiven, wenn man Frieden schaffen will. Dazu gehört auch, den Hunger und die Ungerechtigkeit in bestimmten Ländern und Regionen der Welt zu bekämpfen. Renke Brahms:
O-Ton 4: Denn wir merken immer wieder, wie Konflikte entstehen aus dem Gefühl der ungerechten Behandlung, aus einer Perspektivlosigkeit für junge Menschen vor allen Dingen in den Staaten.
Autorin: Dabei muss die Bevölkerung des jeweiligen Staates aber unbedingt eingebunden sein. Überstülpen kann man nichts.
O-Ton 5: Es nützt nichts, von außen Geld irgendwo hineinzugeben, sondern es hat immer etwas zu tun mit guter Regierungsführung, mit Strukturen vor Ort, die die Arbeit leisten. Also, das alte Bild von Entwicklungshilfe ist ja längst vorbei. Es geht immer um (…): eigenständige Arbeit der lokalen Kräfte vor Ort und der Verantwortung in den Ländern selber. Darauf kommt es in der Tat sehr an.
Autorin: Das meint auch General a.D. Egon Ramms.
O-Ton 6: Die gemeinsame Arbeit zwischen zivilen Institutionen, die an Friedenspolitik arbeiten, muss mit der Arbeit der Politik, und damit auch mit der Arbeit der Soldaten entsprechend koordiniert werden. Es muss eine Arbeit aus einer Hand werden, wo jede Seite ihre Rolle zu spielen hat. Wobei ich ganz klar betone, dass die zivile Seite die höhere Priorität hat dabei. Die Bevölkerung muss einbezogen werden. Das, was wir in den Ländern machen, machen wir nicht für die Regierung, wir machen es für die Bevölkerung. Das gilt für die zivile wie für die militärische Seite.
Autorin: Schon damals in Afghanistan hatte der General beklagt, dass mit den Militäreinsätzen keine nachhaltige strategische Planung einhergegangen ist.
O-Ton 7: Ich habe früher immer mit Blick auf Afghanistan gesagt: 80 Prozent müssen zivil passieren, 20 Prozent militärisch.
Autorin: Heute ist ihm wichtig:
O-Ton 8: Wir müssen einfach in der gesamten Welt zur Kenntnis nehmen, dass wir einen Krisenbogen haben, der irgendwo in Nordafrika anfängt und irgendwo tief in Asien aufhört. Und wir müssen versuchen, diesen Krisenbogen unter Kontrolle zu kriegen – was eigentlich nur geht mit der Hilfe für die Menschen, die in diesem Krisenbogen leben.
Autorin: Es scheint, als sei dies nicht allein mit zivilen und friedlichen Mitteln zu schaffen. Fazit der drei Referenten: mehr Geld in zivile Friedensdienste stecken, Einsätze langfristiger und nachhaltiger planen. Bevölkerung vor Ort einbeziehen. In der Politik offen und ehrlich sein. Flagge zeigen und Kriegstreiber nicht unterstützen. Und ich? Habe viele neue Fragen, aber auch ein paar Antworten.
Selig sind, die Frieden stiften. Wie kann das gehen? Was meinen Sie?
Friede, Schalom, Salam sei mit uns allen.
Ihre Pfarrerin Petra Schulze aus Düsseldorf.
( 1) http://www.evangelisch-in-westfalen.de/presse/ansicht/artikel/gewalt-als-letztes-mittel.html
( 2 ) Renke Brahms beklagt die Lücke zwischen dem, was wir in Deutschland ausgeben für das Militär für die zivilen Instrumente: für Verteidigung sind es 33 Milliarden Euro. Aber nur knapp zehn Milliarden Euro für Entwicklungshilfe und nur rund 34 Millionen Euro für den Zivilen Friedensdienst.
( 3 ) http://www.sueddeutsche.de/thema/Jemen