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Choralandacht | 06.08.2016 | 07:50 Uhr

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Die güldene Sonne voll Freud und Wonne (eg 449)

Musik 1: Klavier, Gitarre, Schlagzeug (Anfang Melodie bis Ende Stollen)

Autorin: Ein strahlender Sommermorgen, blauer Himmel, die Sonne lacht. Ich radle zur Kirche, um den Gottesdienst vorzubereiten. Ich öffne die Kirchentür. Ein Farbenrausch empfängt mich. Die Sonnenstrahlen dringen durch die Mosaikfenster und malen kunterbunte Muster an die hellen Wände – der Kirchenraum leuchtet mir vielfarbig entgegen.

Dazu passt das Morgenlied von Paul Gerhard und Johann Georg Ebeling: „Die güldne Sonne voll Freud und Wonne“. Denn auch dieses Lied ist wie ein großes Mosaik: hell und glitzernd, in leuchtenden Farben strahlend.

Musik 1: 2. Teil der angefangenen Instrumentalstrophe

Autorin: Beim Singen dieses Liedes mache ich Entdeckungen: Töne und Buchstaben fügen sich zu Melodieteilen, Wörtern und Sätzen, die wiederum neue Sprach- und Musikmuster bilden. Eben wie bei einem Mosaik. Einigen dieser Mosaiksteine spüre ich nach.

Musik 2: Choral (1. Strophe): Die güldne Sonne/ voll Freud und Wonne/ bringt unsern Grenzen/ mit ihrem Glänzen/ ein herzerquickendes, liebliches Licht./ Mein Haupt und Glieder,/ die lagen darnieder,/ aber nun steh ich,/ bin munter und fröhlich,/ schaue den Himmel mit meinem Gesicht.

Sprecherin (Overvoice)

Autorin: Erster Mosaikstein: Die Sonne

Johann Arndt, einer der spirituellen Vorbilder Paul Gerhardts, hat sich in seinem „Vierten Buch vom wahren Christentum“ im Jahr 1605 ausführlich mit der Sonne beschäftigt: Da Gott selbst das ewige, unendliche Licht ist, braucht er keine Sonne. Gott hat die Sonne für die Menschen geschaffen, damit sie ihnen leuchtet. Somit ist die Sonne ein Zeichen für Gottes Liebe.

Paul Gerhardt hat das Bild der Sonne in 25 Liedern verwendet. „Die güldne Sonne voll Freud und Wonne“ gehört zu seinen letzten Sonnen-Liedern, es entstand im Jahr 1666.

Zweiter Mosaikstein: Der Melodieverlauf

Johann Georg Ebeling hat die Melodie ganz auf den Text der ersten Strophe komponiert. Hoch oben, bei der Sonne, beginnt sie und umkreist zunächst diesen hohen Ton.

Dann folgt ein langer Abgang. Er zeichnet das „Darniederliegen“ nach. Aber sofort geht es wieder aufwärts bei „nun aber steh ich.“

Ein richtiges Auferstehungslied also! Und genau darum ging es Gerhard und Ebeling: nicht um die Beschreibung eines schönen sonnigen Morgens, sondern um die Grundaussage des christlichen Glaubens: Christus ist auferstanden! Die Sonne steht für Christus. Nicht zufällig war das Fest der Geburt Christi, Weihnachten, in der Mitte des 4. Jahrhunderts auf den Termin der Wintersonnenwende gelegt worden: dieser Tag war dem römischen Gott „Sol invictus“, dem unbesiegten Sonnengott, gewidmet.

Musik 2: Choral (2. Strophe): MeinAuge schauet,/ was Gott gebauet/ zu seinen Ehren/ und uns zu lehren/ wie sein Vermögen sei mächtig und groß/ und wo die Frommen/ dann sollen hinkommen,/ wann sie mit Frieden/ von hinnen geschieden/ aus dieser Erden vergänglichem Schoß.

Sprecherin (Overvoice)

Autorin: Dritter Mosaikstein: Der Rhythmus Wenn man den Text stur nach der Silbenbetonung spricht, ergibt sich ein Fünfer-Metrum:

Mein Auge schauet/ was Gott gebauet/ zu seinen Ehren/ und uns zu lehren

Vielleicht wollte Gerhardt damit die alte Christuszahl fünf in seinem Gedicht abbilden? Allerdings galt ein Fünfer-Takt im 17. Jahrhundert als unsingbar. Deshalb hat sich Ebeling in seiner Melodie für einen Dreiertakt entschieden. Auch hier kommt die Zahlensymbolik ins Spiel – die Drei steht für die göttliche Vollkommenheit. Dazu werden die wichtigsten Silben musikalisch einfach verlängert. Der Liedrhythmus entspricht jetzt der Gaillarde, einem Tanz, der mehr gehüpft als geschritten wird. Nichts Schwerfälliges haftet ihr an, leichtfüßig hüpft sie dahin; die erdenschweren Aussagen des Textes werden musikalisch emporgehoben und fangen an zu schweben.

Autorin: Vierter Mosaikstein: Die Farben

Ein Feuerwerk von Vokalfarben scheint in Paul Gerhardts Text auf. Jeder Vokal leuchtet anders - beim Singen wird das noch deutlicher als beim Sprechen. Oft stehen auf kürzester Strecke zwei unterschiedliche Vokale nebeneinander („güldne Sonne“). Manchmal werden die Vokale gleich paarweise verwendet und dadurch in ihrer Farbwirkung verstärkt („Haupt und Glieder - lagen darnieder“). Manchmal erscheinen einzelne Vokale in starker Konzentration („wo die Frommen sollen hinkommen“; „wann sie mit Frieden von hinnen geschieden“).

Musik 2: Choral (3. Strophe): Lasset uns singen,/ dem Schöpfer bringen/ Güter und Gaben,/ was wir nur haben,/ alles sei Gotte zum Opfer gesetzt./ Die besten Güter/ sind unsre Gemüter,/ dankbare Lieder/ sind Weihrauch und Widder,/ an welchen er sich am meisten ergötzt.

Autorin: Fünfter Mosaikstein: Die biblischen Bezüge

Paul Gerhardts Text ist gespeist von profunder Bibelkenntnis. Er stellt Gedanken aus verschiedenen biblischen Schriften nebeneinander und zieht daraus Schlüsse. In der dritten Strophe ist das besonders deutlich. Sie beschreibt die Wandlung des Opferbegriffs.

Im Buch Exodus, dem zweiten Buch Mose, wird zum täglichen Morgenopfer aufgerufen, mit dem die Israeliten Gott danken sollen. Das Brandopfer soll am Eingang der Stiftshütte vollzogen werden und einen lieblichen Geruch machen:

Sprecher: Daselbst will ich den Israeliten begegnen, und das Heiligtum wird verherrlicht werden durch meine Herrlichkeit.

Autorin: Schon im Psalm 51 allerdings wird diese Opferpraxis infrage gestellt. Wichtiger ist, dass der Mensch sich direkt an Gott wendet:

Sprecher: Herr, tue meine Lippen auf, dass mein Mund deinen Ruhm verkündige. Denn Schlachtoper willst du nicht, ich wollte sie dir sonst geben, und Brandopfer gefallen dir nicht.

Autorin: Und der Apostel Paulus schreibt an die Gemeinde in Ephesus:

Sprecher: Ermuntert einander mit Psalmen und Lobgesängen und geistlichen Liedern, singt und spielt dem Herrn in euren Herzen.

Autorin: Sechster Mosaikstein: Sprachspiele

Paul Gerhardt gebraucht gern die im Barock beliebten Zwillingsformeln: „Freud und Wonne“, „segnen und mehren“. Der gleiche Sachverhalt lässt sich so verschieden ausdrücken: „munter und fröhlich“, “Werke und Taten“. Ein Stabreim verstärkt diese Wirkung noch: „Güter und Gaben“, „Weihrauch und Widder“. Manche Wörter wären ohne Paul Gerhards Lieder längst aus unserem Sprachschatz verschwunden, wie z.B. „gülden“ oder „herzerquickend“.

Autorin: Muss ich das alles wissen, um das Lied zu singen? Natürlich nicht. Aber dieses Lied gehört zu meiner Tradition, und die will ich kennen. Dann fällt mir das Singen leichter, auch über den Abstand von mehreren Jahrhunderten hinweg. Und bei guten Liedern ist es wie in meinem bunten Kirchenraum: Stimmige Proportionen geben mir das Gefühl von Geborgenheit, leuchtende Farben machen mich fröhlich. So bin ich gut gestimmt und singe die nächste Strophe aus vollem Herzen mit:

Musik 3: Choral (4. Strophe): Abend und Morgen/ sind seine Sorgen;/ segnen und mehren,/ Unglück verwehren/ sind seine Werke und –Taten allein./ Wenn wir uns legen,/ so ist er zugegen,/ wenn wir aufstehen,/ so lässt er aufgehen/ über uns seiner Barmherzigkeit Schein.

Musikinformationen:

Musik 1

CD-Name:Dieter Falk – A Tribute to Paul Gerhardt

Track-Nr./Name: 8 / Die güldne Sonne

Komponist: Johann Georg Ebeling

Texter: Paul Gerhardt

Interpret: Dieter Falk

Verlag: Gerth Medien

LC-Nr.: 13743

Label: GerthMedien

EAN: 4029856393391

Best.Nr.939339

Musik 2

CD-Name: Paul Gerhardt „Die schönsten Choräle“

Track-Nr./Name:18 / Die güldne Sonne

Komponist: Johann Georg Ebeling

Texter: Paul Gerhardt

Chor: Bachchor Siegen

Leitung: Ulrich Stötzel

Verlag: Gerth Medien

LC-Nr.: 13743

Label: GerthMedien

EAN: 4029856393377

Best.Nr. 939337

Musik 3

CD-Name: Wach auf, mein Herz, und singe

Track-Nr./Name:14 / Die güldne Sonne

Komponist: Johann Georg Ebeling

Texter: Paul Gerhardt

Chor: Wilhelmshavener Vokalensemble

Leitung: Ralf Popken

Verlag: Hansisches Druck- und Verlagshaus GmbH, Hamburg

LC-Nr.: 16005

Label: edition chrismon

Zitate: Exodus 29, 43.45.46, Luther-Bibel 1984; Psalm 51, 17.18, Luther-Bibel 1984; Epheser 5,19, Luther-Bibel 1984

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