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Choralandacht | 10.06.2017 | 07:50 Uhr

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Nun freut euch, lieben Christen g'mein (eg 341)

Choral (Teil der 1. Strophe):

Nun freut euch, lieben Christen g´mein, / und lasst uns fröhlich springen,/

Dass wir getrost und all in ein / mit Lust und Liebe singen.

Autorin:

Diesem Lied flogen die Herzen der Menschen in Scharen zu. So berichten es zahlreiche Zeitgenossen. Wandernde Handwerksgesellen sangen es, herumziehende Bettler auch. In Windeseile verbreitete sich das Lied. Bald hörte man es überall: Auf Marktplätzen, in Schusterwerkstätten und bei der Arbeit in der Küche.

Text und Melodie des Liedes stammen von Martin Luther. Und der hatte sich die Sache wohl genau so gedacht: Die Menschen sollten sich hineinsingen in die großen Worte des Evangeliums. Auf diese Weise sollten sie mit Leib und Seele spüren, welche Kraft darin liegt. Wer singt, wird selbst zum Klangraum der Worte und Töne. Wer singt, muss nicht jedem einzelnen Wort zustimmen. Einstimmen reicht. Sich mitreißen lassen von Melodie und Rhythmus – über die eigene Befindlichkeit, über das eigene Glauben und Hoffen hinaus.

Die Reformation hat sich zuerst und vor allem singend unter den Menschen ausgebreitet. Auch durch die Lieder Martin Luthers.

Manche halten „Nun freut euch, lieben Christen g´mein“ für das theologisch stärkste seiner Lieder. Kein anderes erzählt so tiefgründig vom Glauben. Dabei war es ein Anfangswerk, ein erster großer Wurf.

Es verbreitete sich buchstäblich von Mund zu Mund.

So soll es nach Luthers Ansicht auch mit dem Evangelium sein. In der Muttersprache soll es „unters Volck“ geraten und handfest in das alltägliche Leben eingreifen.

Sprecher (1. Strophe)

Nun freut euch, lieben Christen g´mein, / und lasst uns fröhlich springen,/

Dass wir getrost und all in ein / mit Lust und Liebe singen.

Was Gott an uns gewendet hat /und seine süße Wundertat;/

gar teu´r hat er´s erworben.

Autorin:

Luther fand zu diesen Worten eine Melodie, die den Menschen damals bekannt vorkommen musste: Sie klang wie ein weit verbreitetes Liebeslied. Alle konnten schnell einstimmen – und dachten dabei wohl an manche eigene große oder kleine Liebe. Luthers Gegner sollen deswegen sein Lied als „Huren-Buben- und gottloß Teuffelslied“ bezeichnet haben. Die wandernden Handwerker dagegen, die singenden Bettler, die Schuster in der Werkstatt und die Gemeinde im Gottesdienst haben das Lied tatsächlich als Liebeslied gesungen. Sie sangen es mit Lust. Und das lag nicht nur an der Melodie. Es hatte auch mit den Worten, mit der Botschaft zu tun.

Choral / Sprecher (2. Strophe)

Dem Teufel ich gefangen lag, / im Tod war ich verloren,/

Mein Sünd mich quälet Nacht und Tag,/ darin ich war geboren./

Ich fiel auch immer tiefer drein,/ es war kein Guts am Leben mein,/

die Sünd hat mich besessen.

Autorin:

Ein krasser Gegensatz zum freudigen Ton der ersten Strophe. Doch genau diese angstvoll verzweifelten Worte stehen im Hintergrund, wenn Martin Luther gleich zu Beginn so fröhlich von der Liebe singt.

„Dem Teufel ich gefangen lag, im Tod war ich verloren, mein Sünd mich quälet Nacht und Tag...“: Man hat immer wieder gemeint, hier rede das „Ich“ Martin Luthers. Aber das greift wohl zu kurz. Ähnlich wie im siebten Kapitel des Römerbriefs steht das „Ich“ für eine allgemeine menschliche Erfahrung. Der Apostel Paulus schreibt dort:

Sprecher: (Römer 7, 18b-19.24f)

„Wollen habe ich wohl, aber das Gute vollbringen kann ich nicht. Denn das Gute, das ich will, das tue ich nicht, sondern das Böse, das ich nicht will, das tue ich. ... Ich elender Mensch! Wer wird mich erlösen von diesem Leib des Todes? Dank sei Gott durch Jesus Christus, unsern Herrn.

Autorin:

Luther und Paulus haben selbst erlebt, wovon sie singen und reden. Doch das „Ich“ reicht weiter. Es erzählt auch von mir. Und von Ihnen, die Sie jetzt gerade zuhören. Wir würden es vermutlich anders sagen – vielleicht so:

„Ich kann mich noch so sehr bemühen und abstrampeln – oft erreiche ich das genaue Gegenteil dessen, was ich will. Wie ich mich auch anstrenge: Es ist nie genug. Wenn mein Ansehen allein an mir hängt, habe ich verloren. Mehr noch: Dann bin ich verloren.“

Solche Erfahrungen machen unsicher und einsam. Sie können in schreckliche Angst und in tiefe Verzweiflung treiben.

Sprecher: (Choral, 3. Strophe)

Die Angst mich zu verzweifeln trieb,/ dass nichts denn Sterben bei mir blieb,/ zur Höllen musst ich sinken.

Autorin:

Luther singt von einem Leben, das ganz auf sich geworfen ist. Ohne Beziehung und ohne Gnade.

Und wer sein Lied mitsingt und weitersingt, legt eigene Erfahrungen in die Töne. Angstvolle Momente, in denen der Boden unter den Füßen wankt. Und in denen man spürt: Aus eigener Kraft kann ich nicht weiter.

Martin Luther weiß: In solchen Momenten kommt Rettung weder aus meinem festen Glauben. Noch aus den Tiefen meiner Angst.

Gott selbst hat sich aufgemacht: Das ist die Rettung.

Choral / Sprecher: (4.Strophe)

Da jammert Gott in Ewigkeit / mein Elend übermaßen,/

Er dacht an sein Barmherzigkeit, / er wollt mir helfen lassen.

Er wandt zu mir das Vaterherz, / es war bei ihm fürwahr kein Scherz,/

er ließ´s sein Bestes kosten.

Autorin:

Plötzlich springt das Lied in eine neue Situation.

Gottesgeschichte und Menschengeschichte treffen zusammen.

Gott verbindet sich mit den Menschen. Mit dir und mit mir.

Und lässt es „sein Bestes kosten“.

In sechs weiteren Strophen beschreibt Luther, wie Gott Mensch wurde – auch um meinetwillen.

„Ich bin dein, und du bist mein“: Weltliche Liebesworte. Herzensnah und sinnlich. In Luthers Lied ist es Jesus, der Gottessohn, der diese Liebesworte sagt. Er sagt sie zu mir.

„Ich, Gott, bin dein, und du, Mensch, bist mein“: Ein süßes und großes Geheimnis. Davon muss gesungen werden. Denn dieses Geheimnis hat den Klang auch meines Lebens. In ihm fließt auch mein Atem. Es will auch durch mich unter die Leute.

Bis heute steht dieser Choral Martin Luthers im Evangelischen Gesangbuch. Er ist Wochenlied zum Sonntag „Kantate“ und zum Reformationsfest.

Und doch steht das Lied seltsam fremd in unserer Zeit.

Das hat wohl mit seinen fremden Worten zu tun.

Luther lässt erst Gott sprechen, dann Christus, dessen Sohn.

Was sie sagen, legt er in unseren Mund.

Singend verleihen wir göttlichen Worten unseren menschlichen Ton.

Mit der eigenen Stimme halten wir eine fremde Stimme wach.

Eine heilsam fremde Stimme.

Sie sagt, was wir uns nicht selbst sagen können: Du bist von Anfang an und in Ewigkeit geliebt.

Wer sollte davon nicht „mit Lust und Liebe singen“?

Choral (Teil der 1. Strophe):

Was Gott an uns gewendet hat /und seine süße Wundertat;/

gar teu´r hat er´s erworben.

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