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evangelisch

Choralandacht | 28.10.2017 | 07:50 Uhr

DIESER BEITRAG ENTHÄLT MUSIK, DAHER FINDEN SIE HIER AUS RECHTLICHEN GRÜNDEN KEIN AUDIO.

Ach, Gott, vom Himmel sieh darein (eg 273)

Sprecher:

"Ich glaube zwar nicht an den da oben, aber ich fürchte eine gottlose Gesellschaft."

Autor:

Gregor Gysi hat das gesagt in einer Talkrunde im Fernehen. Nach Ansicht des langjährigen Fraktionsvorsitzenden der Linken im deutschen Bundestag sind die Religionsgemeinschaften die einzigen, die allgemeingültige moralische Werte formulieren können. Der Kapitalismus könne das nicht und der Sozialismus ebenso wenig, so Gysi weiter. Aber eben: Er fürchte, dass die Gesellschaft auf dem Weg in die Gottlosigkeit sei.

Musik 1

Sprecher: Hilf, HERR! Die Heiligen haben abgenommen, und gläubig sind wenige unter den Menschenkindern. Einer redet mit dem andern Lug und Trug, sie heucheln und reden aus zwiespältigem Herzen.

(Ps 12,2f)

Musik 1

Autor:

Schon vor fast 3000 Jahren klagte ein Mensch so im Tempel zu Jerusalem. Es sind Worte aus Psalm 12. Wenn eine Gesellschaft den Glauben verliert, verfallen auch die moralischen Sitten. Das meint der Vertreter der Religion im Tempel Israels vor 3000 Jahren und das meint heute der Atheist und Linke Gregor Gysi. Beide führen Klage darüber, dass eine gottlose Gesellschaft immer verlogener und verrohter wird.

Musik 1

Sprecherin: (Overvoice)

1. Ach Gott, vom Himmel sieh darein / und lass dich des erbarmen,

wie wenig sind der Heilgen dein, / verlassen sind wir Armen.

Dein Wort man lässt nicht haben wahr, / der Glaub ist auch verloschen gar

bei allen Menschenkindern.

Autor:

Martin Luther hat diesen 12. Psalm vertont. Eine klagende Melodie hat er seinem Lied beigegeben. „Ach, Gott...“ In den Jahren 1523 und 1524 ist in den deutschen Landen die Auseinandersetzung um die Reformation in vollem Gange. Aber Luther setzt sich hier nicht nur mit seinen altgläubigen, katholischen Gegnern auseinander. Denn Lug und Trug – wie der Psalm es nennt – gab es nicht nur in den Schmähschriften seiner Feinde. Das wäre zu leicht. Nein, auch innerhalb der mittlerweile evangelisch gesinnten Christenheit wurde mit harten Bandagen um den Kurs der Reformation gekämpft. Gegner fand Luther z.B. in Thomas Müntzer, der sich dem Aufstand der Bauern gegen den Adel und die Klöster anschloss. Grausam war der Bauernkrieg. Verzweifelte und wütende Bauern zogen mordend und brandschatzend durch die Lande. Grausamer noch war die Antwort der Fürsten, die keine Gnade mit den Aufständischen kannten. Ja, Grund genug zur Klage: Ach, Gott...

Andreas Karlstadt war ein weiterer Gegenspieler Martin Luthers. Als der auf der Wartburg in Schutzhaft saß, schaffte Karlstadt in Wittenberg schnell und radikal die Messfeiern ab und lies die Heiligenbilder zerstören. Auch Kirchenmusik war ihm zuwider, die lenke die Gläubigen nur davon ab, auf Gottes Wort zu hören. Und auch in späteren Jahren – wohin er auch kam – nutzte Karlstadt die Gunst der Stunde, um die Gemeinden gegen den alten Glauben zu radikalisieren und gegen den zögerlichen Luther zu polemisieren. Diesen innerevangelischen Streit geißelt Martin Luther in seinem Choral zu Psalm 12:

Musik 1

Sprecher (Overvoice)

2. Sie lehren eitel falsche List, / was eigen Witz erfindet;

ihr Herz nicht eines Sinnes ist / in Gottes Wort gegründet;

der wählet dies, der andre das / sie trennen uns ohn alle Maß

und gleißen schön von außen.

Autor:

Noch ist ja damals alles im Fluss gewesen. Gefestigt war der Evangelische Glaube noch längst nicht. Sehr viele versuchten sich in diesen ungewissen Zeiten selbst zu profilieren. Und sei es mit Hilfe von übler Nachrede und Verleumdung, mit falschen Anschuldigungen und der Verbreitung von Gerüchten.

Sprecher

3. Gott wolle wehren allen gar, / die falschen Schein uns lehren,

dazu ihr Zung stolz offenbar / spricht: »Trotz! Wer will’s uns wehren?

Wir haben Recht und Macht allein, / was wir setzen, gilt allgemein;

wer ist, der uns sollt meistern?

Autor:

Gefälschte Nachrichten, Hetzen, Verleumden und Denunzieren, das gibt es auch heute – in den sozialen Netzwerken. Unsere Gesellschaft wird durch Verdrehungen und Manipulationen gespalten. Kaum einer kann sich dagegen wehren, weil sich die Anbieter von Facebook, Twitter usw. so schwer tun, die schlimmsten Entgleisungen und Ehrverletzungen zu entfernen. Die Hetzer können sich sicher wähnen: „...wer ist, der uns sollt meistern?“

Sprecher:

»Mit unserem Mundwerk sind wir stark! Unsere Lippen streiten für uns! Wer könnte uns überlegen sein?« (Psalm 12,5, Basisbibel)

Autor:

Diese selbstgefällige, rhetorische Frage wird schon im 12. Psalm den Verleumdern in den Mund gelegt: Ja, wer vermag sie aufzuhalten, wer hat die Autorität und Macht, ihnen die Stirn zu bieten?

Der Psalm ruft nach Gott, denn es ist fast unmöglich, sich gegen solche Angriffe selbst zu wehren. Schnell heißt es: „Getroffener Hund bellt,“ und die Erfahrung zeigt: Etwas bleibt immer hängen. Gegen üble Nachrede ist man zumeist machtlos. Deshalb bittet der Psalmbeter Gott um Hilfe.

Und Gott antwortet:

Sprecher:

»Weil die Elenden Gewalt leiden und die Armen seufzen, will ich jetzt aufstehen«, spricht der HERR,»ich will Hilfe schaffen dem, der sich danach sehnt.« (Psalm 12,6)

Musik 1

Sprecherin: (Overvoice)

4. Darum spricht Gott: »Ich muss auf sein, / die Armen sind verstöret;

ihr Seufzen dringt zu mir herein, ich hab ihr Klag erhöret.

Mein heilsam Wort soll auf den Plan, / getrost und frisch sie greifen an und sein die Kraft der Armen.«

Autor:

Das ist die bewährte Stimme Gottes. Er hilft den Armen und Elenden. Mit Israel in Ägypten fing es an. Und es zieht sich durch die ganze Bibel hindurch: Gott steht auf der Seite der Gedemütigten und Verfolgten. Zu ihnen spricht er freundlich, tröstend. In Jesus von Nazareth setzte sich das fort: Was er gesagt und getan hat, hat Menschen an Leib und Seele geheilt.

Wie sagte Gregor Gysi?

Sprecher:

"Ich glaube zwar nicht an den da oben, aber ich fürchte eine gottlose Gesellschaft."

Einer wie er traut den Christen wohl zu, dass sie es Jesus gleich machen können, dass sie heilsame Worte finden in einer verrohten und verlogenen Gesellschaft. Je mehr Menschen es gibt, die noch oder wieder an Gott glauben und der Kraft seiner Worte trauen, desto menschlicher müsste die Gesellschaft doch werden. Wenn das schon ein Atheist hofft, dann will ich es umso mehr.

Also: Mag sein, es gibt Grund zur Klage: „Ach, Gott...“ Aber es gibt auch Grund zur Hoffnung: Gott steht auf der Seite derer, die leiden. Er hört ihre Klage und stellt ihnen Menschen zur Seite, die helfen, Partei ergreifen und Vertrauen haben. Weil sie den Glauben nicht aufgeben.

Musik 2

Musik 1:

Büro-Archiv-Nr. 15 - Track03-Ach Gott vom Himmel sieh darein.mp3

Musik 2:

Reinhard Börner Ach Gott, vom Himmel sieh darein, Corale auf sechs Saiten, 2010

Zitate:

Gregor Gysi, in: Humanistischer Pressedienst, https://hpd.de/artikel/gregor-gysi-fuerchtet-gottlose-gesellschaft-14043

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