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Choralandacht | 17.02.2018 | 07:50 Uhr

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Diesen Tag Herr, leg ich zurück in deine Hände

Autor: „Was ist Ihr liebstes Kirchenlied?“ So eine Umfrage in unserer Kirchenverwaltung. Hier ist die Antwort eindeutig: Das „Dankelied“ liegt mit Abstand an der Spitze der Hitparade.

Musik 1

Danke, für diesen guten Morgen. Danke für jeden neuen Tag.

Autor: Dieser Kirchenschlager aus dem Jahr 1961 hat allerdings noch ein jüngeres Geschwister aus dem Jahr 1967. Es ist ein Abendlied und heißt: „Diesen Tag, Herr, leg ich zurück in deine Hände.“ Wie der Morgen und der Abend verschieden sind, so ist die Stimmung dieses Abendliedes ganz verschieden von dem aufgeräumten „Danke, für diesen guten Morgen.“

Musik 2

Diesen Tag, Herr, leg ich zurück in deine Hände,

denn du gabst ihn mir;

denn du bist doch, der Zeiten Ursprung und ihr Ende,

ich vertraue dir.

Autor: Beide Lieder, das Morgenlied und das Abendlied, stammen von demselben Komponisten und Liederdichter – Martin Gotthard Schneider. Der Todestag des Liedermachers liegt ziemlich genau ein Jahr zurück.

Sprecher:

Martin Gotthard Schneider ist geboren am 26. April 1930 in Konstanz. Er bekommt mit sechseinhalb Jahren Klavierunterricht, schreibt mit zehn Jahren seine erste Komposition, lernt Cello und Orgel und studiert ab 1949 Theologie und Kirchenmusik. Während der sechziger Jahre, als seine bekanntesten Lieder entstehen, arbeitet er als Religionslehrer am Kepler-Gymnasium in Freiburg. Mit dem Dankelied gewinnt er den ersten Preis bei einem Wettbewerb der Evangelischen Akademie Tutzing. Für „Ein Schiff, das sich Gemeinde nennt“ und „Diesen Tag, Herr“, erhält er bei späteren Wettbewerben den zweiten und dritten Preis. Martin Gotthard Schneider stirbt im Alter von 86 Jahren am 3. Februar 2017 in seinem Geburtsort am Bodensee.

Autor:

Das neue geistliche Lied ist mit dem Namen Martin-Gotthard Schneider untrennbar verbunden. Kaum ein Kinder- oder Familiengottesdienst ohne das mit Wonne geschmetterte Dankelied. Keine Mitarbeiterbibliothek ohne die Liedersammlung „Sieben Leben möchte ich haben“ von Martin Gotthard Schneider mit vielen neuen Liedern für Schule, Gemeinde und Familie. Und dann, hier und dort eben auch - vielleicht als Sologesang in einer Abendandacht - der melancholische, nachdenkliche Klang von „Diesen Tag Herr, leg ich zurück in Deine Hände.“

Musik 2

1. Kommen dunkle Schatten über die Welt,

wenn die Angst zu leben mich plötzlich befällt:

Du machst das Dunkel hell.

Diesen Tag, Herr, leg ich zurück in deine Hände,

denn du gabst ihn mir;

Du, Herr, bist doch der Zeiten Ursprung und ihr Ende,

ich vertraue dir.

Autor: Das Dankelied zählt am Beginn des Tages fröhlich auf, was alles Grund und Ursache für den Dank ist: Danke für diesen guten Morgen, für jeden neuen Tag, für die Freunde, für die Arbeitsstelle... eine Strophe folgt der anderen. Das Abendlied ist dagegen nachdenklich und hält geradezu bußfertig Rückschau auf den vergehenden Tag. Vier Strophen und ein Refrain wechseln einander ab.

Dieses Gegen- und Miteinander des Morgens und des Abends spiegelt auch die Doppelgesichtigkeit der sechziger Jahre wider: Die Wohlstandsgesellschaft und ein Leben in Freiheit und Frieden geben einer optimistischen Aufbruchsstimmung Nahrung, die dankbar und zufrieden macht. Manche haben Martin Gotthard Schneider diese vermeintliche Kritiklosigkeit zum Vorwurf gemacht. Auch die Schlichtheit von Text und Melodie wurden bisweilen Gegenstand beißenden Spottes.

Wie anders dagegen das Abendlied „Diesen Tag Herr“: Jede Strophe spricht ein großes und schweres Lebensthema an: Lebensangst, Misserfolg, Schuld und Sinnlosigkeit. Melodie, Harmonie und Rhythmus sind nicht mehr schlicht und eingängig sondern deutlich anspruchsvoller.

Musik 2

2. Ist mir heut gelungen, was ich mir erträumt,

und wer kann erzählen, was ich versäumt?

Du nimmst die Schuld von mir?

Autor: In diesen Strophen begegnet uns die andere Dimension jener Zeit: Unterschwellig ist die Kriegsangst in den sechziger Jahren stets gegenwärtig: In der Kubakriese steht die Welt am Rande eines atomaren Infernos. Die Verurteilung Adolf Eichmanns für die Auschwitz-Verbrechen lässt kritische Fragen der Jugend nach dem Verhalten der Eltern in der Nazizeit lautwerden. Die Elterngeneration kann auf den öffentlichen Proest der revoltierenden Jugend nur mit Unverständnis und Polizeigewalt antworten. Krisenbewusstsein macht sich breit im öffentlichen Leben bis in die Familien hinein. Kinder und Jugendliche werden zuhause, in Heimen und in der Schule geschlagen, und das gilt weithin als normal. In stillen Abendstunden können sich in derart aufgewühlten Zeiten dunkle Gedanken breitmachen.

Die einzelnen Strophen des Liedes sind leicht verständlich und behutsam formuliert. Sie haben nicht den anklagenden und fordernden Ton der Protestsongs jener Zeit. Sie bieten dennoch mit leisen Tönen schwere Kost. Die vierte und letzte Strophe spricht den verbreiteten Zweifel am Sinn des Lebens direkt aus:

Musik 2

4. Scheint mir auch das Leben oft ohne Sinn,

frag ich mich auch manchmal: Wo führt es mich hin?

Doch du kennst auch meinen Weg.

Autor: Die große, weite Welt ist im Umbruch, und auch die kleine, persönliche Welt ist bei Vielen belastet durch Verluste, Enttäuschungen, Verletzungen, verleugnete Schuld. Es kann gute Gründe geben, am Sinn des Lebens zu zweifeln. Bob Dylons „Blowin‘ in the wind“ lässt Sänger und Hörer mit der Auskunft zurück: „Die Antwort weiß ganz allein der Wind.“ Das ist bei Martin Gotthard Schneider anders: Jeder einzelne Strophenschluss bereitet die Rückkehr aus den trüben Gedanken zum Du des Glaubens vor. „Du machst das Dunkel hell.“ – „Wer nimmt die Schuld von mir?“ – „Du weißt ja, wie ich bin.“ – „Du kennst auch meinen Weg.“ Und der Refrain holt dann die Schwere der Abendgedanken wieder ein:

Musik

Diesen Tag, Herr, leg ich zurück in deine Hände,

denn du gabst ihn mir

denn du bist doch, der Zeiten Ursprung und ihr Ende,

ich vertraue dir.

Autor: „Ich vertraue dir.“ Vertrauen heißt für mich: Vertrauen in das Wort, das mir einer gibt. Vertrauen, das heißt auch, sich getragen wissen, souverän mit Kritik umgehen können und tolerant sein gegenüber abweichenden Meinungen und Lebensauffassungen. Nicht alles, was auf der Zunge liegt, muss auch gesagt werden.

Musik 2

3. Wieviel Worte blieben besser ungesagt,

wann hab ich gedankt und wie oft nur geklagt?

Du weißt ja, wie ich bin.

Autor: Stimmt, manche Worte blieben besser ungesagt. Viele Menschen glauben heute, es könne folgenlos bleiben, wenn sie andere mit Worten erniedrigen und beleidigen. Mit den Worten fängt es an. Mir geht die Geschichte des Bürgermeisters nach, der sein Amt aufgegeben hat, weil er und seine Familie bedroht wurden – bloß weil er hilfsbetreit war gegenüber Flüchtlingen. Worte können wirken.

Auch ich denke und sage manchmal Dinge, die unbedacht sind. Ich weiß, eigentlich sollte ich mehr Humor haben, dankbarer sein, das Positive in den Dingen sehen. Ja, manchmal nörgele ich rum und bin unzufrieden. Das darf, ja das muss auch einmal sein. Ärger und Kritik geben ja auch Energie, Dinge zum Besseren zu wenden. Auch das Glaubensleben kennt nicht nur das Lob sondern auch die Klage und den prophetischen Protest. Die Frage ist: Was führt weiter? Nun ist es Abend, ich komme zur Ruhe und überlege. Da baut mir nun diese Strophe eine Brücke: „Du weißt ja wie ich bin.“

„Meine Zeit liegt in deinen Händen“, heißt es in einem Psalm der Bibel. Martin Gotthard Schneider nimmt das wörtlich und betet: „Diesen Tag, Herr, leg ich zurück in Deine Hände.“ Das will ich auch tun – heute abend, wenn ich an dieses Lied denke.

Musik 2

Diesen Tag, Herr, leg ich zurück in deine Hände,

denn du gabst ihn mir;

denn du bist doch, der Zeiten Ursprung und ihr Ende,

ich vertraue dir.

Quellen

(1)Schneider, Martin Gotthard, Diesen Tag Herr leg ich zurück in deine Hände, http://www.tritonus.eu/Dreiklang/DiesenTagHerr.pdf, heruntergeladen am 04.12.2017.

(2)Kurt Tucholsky, Was darf die Satire? https://de.wikisource.org/wiki/Was_darf_die_Satire%3F_(Tucholsky), heruntergeladen 30.11.2017, Was darf Satire? Ignaz Wrobel, Berliner Tageblatt 36, 27. 1. 1919

Literatur

Käser, Lothar, Zur Person. Einleitung, in: Käser, Lothar (Hg.), Wort und Klang: Martin Gotthard Schneider zum 65. Geburtstag /hrsg. Von Lothar Käser. Bonn 1995, S. 5-22.

„Danke“-Komponist Martin Gotthard Schneider gestorben. Ein Theologe in den Charts, http://www.tagesspiegel.de/kultur/danke-komponist-martin-gotthard-schneider-gestorben-ein-theologe-in-den-charts/19347848.html, 04.02.2017, heruntergeladen am 04.12.2017.

Populäres Kirchenlied. "Danke"-Komponist Martin Gotthard Schneider gestorben, http://www.badische-zeitung.de/klassik-2/danke-komponist-martin-gotthard-schneider-gestorben--133212297.html, 04.02.2017, heruntergeladen am 04.12.2017.

Wiegelmann, Lucas, Martin Gotthard Schneider +. Der Mann, der „Danke für diesen guten Morgen“ schrieb, https://www.welt.de/kultur/article161826921/Der-Mann-der-Danke-fuer-diesen-guten-Morgen-schrieb.html, 05.02.2017 heruntergeladen am 04.12.2017.

Musikinformationen:

Musik 1

CD-Name: Der Himmel geht über allen auf

Titel: Danke für diesen guten Morgen

Text: Martin Gotthard Schneider

Melodie: Martin Gotthard Schneider

Chor: Lakj-Chor

Leitung: Hans-Martin Sauter

Verlag: Ev. Medienhaus GmbH

Label: Selbstvermarkter

LC-Nr. 03078

Musik 2

CD-Name: Seliges Wissen, Jesus ist mein

Titel: Diesen Tag, Herr, leg ich zurück in deine Händer

Text: Martin Gotthard Schneider

Chor: Chor und Solisten des Insituts für Kirchenmusik des Bistums Mainz

Leitung: Mechthild Bitsch-Molitor

Verlag: Institut für Kirchenmusik des Bistums Mainz

Label: Selbstvermarkter

LC-Nr. BM1299

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