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Choralandacht | 08.03.2014 | 07:50 Uhr

DIESER BEITRAG ENTHÄLT MUSIK, DAHER FINDEN SIE HIER AUS RECHTLICHEN GRÜNDEN KEIN AUDIO.

Wenn wir in höchsten Nöten sein (eg 366)

Musik 1: Wenn wir in höchsten Nöten (Quartett)

Autor: „Inzwischen bin ich froh“, sagt Elke. Sie lehnt sich zurück mit einer großen Tasse Tee in der Hand. Vor zwei Jahren sah das anders aus. Da ist ihr Mann gestorben, 53 Jahre alt, Krebs. Die Diagnose war ein Schock. Ein ganzes Jahr zwischen Hoffen und Bangen. Irgendwann die Gewissheit, jetzt geht es aufs Sterben zu. Dabei hatten die beiden noch so viele Pläne. Eine intensive Zeit war das. So viele Gefühle. Angst, Wut, Trauer, Liebe. Wie sollte Elke weiterleben ohne ihren Mann? Am Anfang schien das kaum vorstellbar. Und heute, zwei Jahre später?

„Wissen Sie“, erzählt Elke, „es wird natürlich nicht mehr wie früher. Aber heute kann ich sagen, es ist wieder gut. Das Haus aufzugeben war noch mal ein großer Schritt. Alles noch einmal in die Hand nehmen und sortieren: Was nehme ich mit, was gebe ich weg? Dieses letzte Loslassen tat noch mal weh. Aber heute geht es mir gut. Ich kann leben, und ich kann mich wieder freuen.“

Musik 1: Wenn wir in höchsten Nöten (Quartett)

Autor: Nicht alle machen diese Erfahrung, wenn das Leben einmal so erschüttert wurde. Elke hat einen Weg hinter sich gebracht, seit ihr Mann starb. Heute lebt sie in einer schönen Drei-Zimmer-Wohnung mit Balkon. Die Sonne scheint durch das große Fenster, und sie wirkt aufgeräumt und entspannt. „Wir können im Leben nichts festhalten“, sagt sie. „Manchmal lehne ich mich zurück und erinnere mich, was ich alles erleben durfte. Das bleibt. Davon war nichts umsonst. Das ist ein gutes Gefühl. Und dann denke ich an mein Leben heute. Dieses Ende war für mich im Grunde ein neuer Anfang. Mein Leben ist heute ganz anders. Viel intensiver. Ich habe echte Freundinnen und Freunde. Ich lebe jeden Tag. Und ich weiß: Alles ist nur geliehen.“

Musik 1: Wenn wir in höchsten Nöten (Quartett)

Autor: „Das Ende war für mich ein neuer Anfang.“ Solche Sätze sagt Elke öfter. In einem Seminar für Trauernde hat sie ein Bild für ihren Lebensweg gefunden. Es zeigt einen Fluss: das Ufer im Vordergrund, der nasse Sand, dann einige flache Steine, die aus dem Wasser herausragen. Der Fluss bahnt sich einen Weg. Nicht geradeaus, sondern in vielen Windungen. Und schließlich, am Horizont, erscheint der offene Himmel.

In diesem Bild findet Elke ihren eigenen Weg wieder. Wenn plötzlich nichts mehr ist, wie es gerade noch war: Am Anfang fühlt es sich an, als stecke man im Sumpf. Alles ist zäh, jeder Schritt fällt schwer.

Wie gut, dass es ein paar Trittsteine gibt. Die geben Halt. Elkes Trittsteine sind kurz nach der Beerdigung ihres Mannes die Aufgaben des Alltags. Aufstehen, Frühstück machen, ins Büro gehen, bewältigen, was ansteht. Einfach etwas tun. Dann entdeckt Elke andere Menschen, die bereit sind, ein Stück mitzugehen. Da steht ihre beste Freundin nach sechs Wochen einfach vor der Tür. Und sie reden den ganzen Nachmittag. Das war genau zur richtigen Zeit. Sich erinnern, weinen, erzählen. Und diese Umarmung, als sie am Abend auseinander gehen. Die wird Elke nie vergessen. Wieder ein Schritt weiter durch den Fluss der Trauer. Auf ihrem Weg hat Elke gemerkt: Ruheplätze sind wichtig. Innehalten, Rast machen, sich etwas Gutes tun. Für ein paar Tage ans Meer. Oder sich mal eben zwischendurch in eine offene Kirche setzen, nur für eine viertel Stunde. Auch mit Gott sprechen hat Elke wieder gelernt. Nur manchmal, manchmal packt sie die Trauer noch. Ganz unvermittelt, zwischendurch.

Musik 2: Wenn wir in höchsten Nöten (Rilling).

Choral (Strophen 1+2)

1. Wenn wir in höchsten Nöten sein und wissen nicht, wo aus noch ein,

und finden weder Hilf noch Rat, ob wir gleich sorgen früh und spat,

2. so ist dies unser Trost allein, dass wir zusammen insgemein

dich anrufen, o treuer Gott, um Rettung aus der Angst und Not,

Sprecherin (overvoice):

1. Wenn wir in höchsten Nöten sein und wissen nicht, wo aus noch ein,

und finden weder Hilf noch Rat, ob wir gleich sorgen früh und spat,

2. so ist dies unser Trost allein, dass wir zusammen insgemein

dich anrufen, o treuer Gott, um Rettung aus der Angst und Not.

Autor: Unsichere Zeiten. Alles gerät ins Wanken. Man weiß nicht aus noch ein. Paul Eber, der Dichter des Chorals „Wenn wir in höchsten Nöten sein“ scheint solche Zeiten gekannt zu haben. So schreibt er ein Trostlied. Ein Lied für Krisen. Wo man jede Hilfe sucht, die man nur kriegen kann. Das erste Mal belegt sind die Liedverse in einem Gebetbuch von 1566. Das Lied wird heute in den evangelischen Kirchen in der Passionszeit gesungen, in den Wochen vor Karfreitag und Ostern. Ein Lied für Zeiten, die nicht so eindeutig sind, die wechseln zwischen Trauer und Zuversicht.

Paul Eber war einer der wichtigsten Reformatoren in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Professor für Physik und Theologie. Oberprediger an der Wittenberger Schlosskirche. Und er war ein tief religiöser Mensch. Seine Kirchenlieder zeigen es. Sie machten ihn neben Martin Luther zu einem der wichtigsten Dichter der Reformation.

Musik 2: Wenn wir in höchsten Nöten (Rilling).

Sprecherin (overvoice):

5. Drum kommen wir, o Herre Gott, und klagen dir all unsre Not,

weil wir jetzt stehn verlassen gar in großer Trübsal und Gefahr.

Autor: „Wenn wir in höchsten Nöten sein“ geht zurück auf ein gleichnamiges lateinisches Gedicht von Paul Ebers früherem Lehrer Joachim Camerarius. In der Wittenberger Kirche wurde es an Christi Himmelfahrt 1547 in einem Gottesdienst gelesen. Paul Eber war dabei, er hat es gehört. Es waren unruhige Zeiten. Kaiser Karl V. wollte die Reformation im Land zurückdrängen. Seine Truppen besiegten ein Bündnis protestantischer Städte und Landesfürsten. Der so genannte Schmalkaldische Krieg war verloren. Der protestantische Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen geriet in Gefangenschaft. Der hatte Paul Eber die erste Festanstellung an der Universität verschafft. Der Lehrbetrieb in Wittenberg ruhte. Ob Eber sein Trostlied damals unter dem Eindruck des Krieges geschrieben hat, lässt sich nicht sicher beweisen. Möglich wäre es. Ein Lied für Krisen ist entstanden. Ein Lied für die Zeiten zwischen „nicht mehr weiter wissen“ und „neu anfangen“.

Paul Eber findet Worte für Menschen, die Angst haben und Trost suchen. Die wissen, es wird nicht wieder wie früher, aber es soll wieder gut werden.

Musik 2: Wenn wir in höchsten Nöten (Rilling).

Choral (Strophe 7)

7. auf dass von Herzen können wir nachmals mit Freuden danken dir,

gehorsam sein nach deinem Wort, dich allzeit preisen hier und dort.

Sprecherin (overvoice):

7. auf dass von Herzen können wir nachmals mit Freuden danken dir,

gehorsam sein nach deinem Wort, dich allzeit preisen hier und dort.

Autor: Paul Eber fasst es in Worte: Die Krise überwinden – das ist möglich. Es gibt Menschen, denen das gelingt. Erstaunlich vielen sogar. Wenn man mitten drin steckt, ist es kaum zu erahnen. Dann fallen die Schritte schwer. So wie bei Elke, die mitten im Leben ihren geliebten Mann verlor. Ab und zu hat sie eine Kirche betreten und sich hineingesetzt. Und das Beten wieder entdeckt. Sie hat erlebt: Ich habe gute Freundinnen und Freunde, die vor meiner Trauer nicht weglaufen. „Nachmals“, wie dieses Lied sagt, „nachmals“ ist sie dankbar. Im Nachhinein, im Rückblick, dankt sie Gott, dass sie wieder Tritt fassen konnte. Heute hat sie wieder festen Boden unter den Füßen. Sie spürt Weite. Licht. Sie hat das sichere Gefühl: Es ist nicht mehr wie früher, aber es ist wieder gut. Das Ende war ein neuer Anfang.

Musik 1: Wenn wir in höchsten Nöten (Quartett)

Musikinformationen

Musik 1

CD-Titel: Musik aus Leipzig – 7. Konzert -

Track-Titel: Wenn wir in höchsten Nöten sein

Text: Paul Eber

Ensemble: Artemis Quartett, Leipziger Streichquartett, Petersen Quartett

Leitung: unbekannt

Musik 2:

CD-Titel: Ein Choralbuch für Johann Sebastian Bach

Track-Titel: Wenn wir in höchsten Nöten sein

Text: Paul Eber

Chor: Gächinger Kantorei

Orchester: Bach-Collegium Stuttgart

Leitung: Helmuth Rilling

LC-Nr.: 06047

Verlag: hänssler classic

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