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Kirche in WDR 3 | 13.10.2020 | 07:50 Uhr

Durststrecke

Guten Morgen.

Manchmal kommt mir diese ganze Corona-Pandemie wie eine einzige Durststrecke vor. Da musst du erst deinen Alltag teilweise mühevoll neu organisieren – und dann läuft alles ziemlich reduziert: Immer die gleichen Abläufe, immer die gleichen Vollzüge. Gerade im Lockdown kamen mir die Tage fast gleichförmig vor. Keine Höhepunkte mehr, nichts, auf das man sich wirklich freuen konnte. Selbst der Sonntag drohte nach einigen Wochen fast im Einerlei unterzugehen. Sogar das Osterfest unterschied sich kaum von anderen Tagen. Klar – hier und da standen bei mir als Pfarrer Gottesdienste auf dem Programm – aber so ein richtiges Fest, eines, auf das man hin fiebert, eines, das eine wirkliche Wegmarke darstellt: Fehlanzeige.

Hans-Reiner und Helga sind zwei, die ich heute in diesem Zusammenhang vorstellen möchte. Sie leben in Jüchen, wie ich auch. Eigentlich sind die beiden das Jüchener Schützenkönigspaar 2020. Doch die Pandemie hat ihr Schützenfest – wie alle anderen großen Feste auch, schlicht verhindert. Keine großen Umzüge, keine Bälle in Gala-Uniform und Abendkleid, keine rauschenden Partys… In Jüchen konzentriert sich das immer auf das letzte Mai-Wochenende. Dann noch das letzte Oktober-Wochenende in etwas kleinerem Rahmen – doch auch das wird nicht stattfinden. Hans-Reiner und Helga nehmen es nach außen gelassen hin: „Im nächsten Jahr könnte es dann klappen…“ Doch innerlich haben sie schon gelitten. „Als wir trotz allem am Freitagabend vor dem Schützenfest im kleinen Familienkreis die Fahne gehisst haben, sind schon Tränen geflossen“, gibt Hans-Reiner, der Schützenkönig unumwunden zu. „Doch was willst du machen? Geht halt grad nicht anders…“

Schon der griechische Natur-Philosoph Demokrit stellt im vierten Jahrhundert vor Christus fest: „Ein Leben ohne Fest ist wie ein langer Weg ohne Einkehr...“[1] Und genauso kommt es mir mittlerweile auch vor: Es ist eine verdammt harte und lange Durststrecke, die wir da gerade zu durchstehen haben. Und es scheint irgendwie kein Ende absehbar – denn ein wirklich wirksames Medikament und ein guter, funktionierender Impfstoff sind noch nicht in Sicht. Obwohl es immer mal wieder kleine, hoffnungsspendende Lichtblicke gibt. Doch der große Durchbruch ist das alles noch nicht. Es ist wohl klar: Die Durststrecke dauert noch länger. Ein langer Weg ohne Einkehr, der immer länger wird. Das macht auch etwas mit den Menschen. Es lässt sie ungeduldig werden. Und da trifft die Aussage des Virologen Christian Drosten: „Was wir mit der Corona-Pandemie erleben, ist eine weltumspannende Naturkatastrophe in Super-Zeitlupe.“ Kein großer Knall, bei dem alles in Trümmer sinkt, überflutet wird oder einer Feuerwalze zum Opfer fällt. Da sind wir es gewohnt, dass es oft so schnell passiert, dass wir gar nicht in der Lage sind, die Katastrophe zu realisieren. Oft stehen wir noch Tage und Wochen mit offenen Augen da und versuchen zu begreifen, was da gerade mit unbändiger Gewalt über uns hereingebrochen ist. Ich denke da etwa an den furchtbaren Tsunami im Indischen Ozean am Zweiten Weihnachtstag 2004.

Nein – jetzt müssen wir uns quälend lang mit einem fast unsichtbaren Feind auseinander-setzen, der sich in unser aller Leben hineindrängt. Manchmal ganz unauffällig – aber oft sehr effizient und brutal.

Trotz und alledem versuchen gerade die Kirchen aktuell, an dieser langen Durststrecke kleine Oasen zu öffnen, um zumindest den größten Durst zu löschen. Für die anstehendende Advents- und Weihnachtszeit gibt es viele ermutigende, kleine Zeichen, die mir sagen: Da geht doch was. Kleine Straßenecken-Gottesdienste, Impulse für Weihnachten zu Hause, Weitergabe eines kleinen Lichtes der Hoffnung, das sagt: Du bist nicht allein!

Wir sind nicht zum Verdursten verurteilt. Vielleicht tut gerade jetzt die Rückbesinnung auf den Kern dieser Botschaften gut. Ganz klein, ganz anders gedacht und verpackt. Ganz oft überraschend – genauso oft aber richtig gut. Den schlimmsten Durst löschend eben.

Ich wünsche ihnen für heute hier und da solche durstlöschenden Momente – ob mit oder ohne Brauchtum.

Ihr Pfarrer Ulrich Clancett aus Jüchen.

[1] Zitiert nach: Wilhelm Nestle, Die Vorsokratiker in Auswahl, 1908. 113.

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