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Choralandacht | 08.05.2021 | 07:50 Uhr

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„Ich möcht, dass einer mit mir geht“ (eg 209, 1-4)

Musik 1: Choral (Strophe 1)

Titel: Ich möcht’, dass einer mit mir geht; Text und Komposition: Köbler, Hanns; Interpret: Chor und Solisten des Instituts fu?r Kirchenmusik, Mainz; Leitung: Bitsch-Molitor, Mechthild; Album: Eingeladen zum Fest des Glaubens; LC: Z4252; Best.-Nr.: BM 1299.


1. Ich möcht’, dass einer mit mir geht, der’s Leben kennt, der mich versteht,

der mich zu allen Zeiten kann geleiten. Ich möcht’, dass einer mit mir geht.


Autor: Es gibt Menschen, die begleiten uns ein Leben lang. Und manchmal sind es Erinnerungen an vergangene Zeiten, in denen sie auftauchen. Mein Großvater ist ein solcher Mensch. Als ich ein kleiner Junge war, lebte ich oft bei meinen Großeltern, weil meine Mutter über Jahre von einer chronischen Krankheit geplagt wurde. Mein Großvater war für mich so etwas wie mein „großer“ Vater. Ich habe ihn sehr geliebt. Er war immer etwas großzügiger als mein Vater. Und er hatte immer viel mehr Zeit für mich als mein Vater. Er machte Zaubertricks und spielte mit mir. Und im Herbst pflückte er mit mir die Birnen im Garten. Es ist wohl das Vorrecht von Großeltern, diese besondere Stellung für ihre Enkel einzunehmen. Besonders liebte ich es, wenn mir mein Großvater Geschichten vorlas. Oder er erzählte mir Geschichten, die er selbst erlebt hatte. Aus der Zeit des 1. Weltkrieges, von hungrigen Menschen und Soldaten, die marschieren mussten. Vom Bauernhof und dem Leben mit Kühen, Hühnern und Ziegen. Geschichten aus einer Zeit, die mir unendlich weit weg erschien. Und dann ich war mir sicher: Mein Großvater ist einer, der das Leben kennt. Ein Leben aus längst vergangenen Zeiten. (76)


Musik 1: Choral (Strophe 1)


Sprecherin (overvoice):

1. Ich möcht’, dass einer mit mir geht, der’s Leben kennt, der mich versteht,

der mich zu allen Zeiten kann geleiten. Ich möcht’, dass einer mit mir geht.


Autor: Wenn ich diesen Erinnerungen nachgehe, erscheint mir alles, was ich damals erlebt habe, wie gestern. Die Wahrnehmung der Zeit ändert sich. Diese Erfahrung hat auch Erich Kästner gemacht, der Schriftseller, der so wunderbare Kindergeschichten erzählen konnte. Er Beschreibt diese Erfahrung so:


Sprecher: „Es gibt zweierlei Zeit. Die eine kann man mit der Elle messen, mit der Bussole und dem Sextanten. Wie man Straßen und Grundstücke ausmisst. Unsere Erinnerung aber, die andere Zeitrechnung, hat mit Meter und Monat, mit Jahrzehnt und Hektar nichts zu tun. Alt ist, was man vergessen hat. Und das Unvergessliche war gestern. Der Maßstab ist nicht die Uhr, sondern der Wert. Und das Wertvollste, ob lustig oder traurig, ist die Kindheit. Vergesst das Unvergessliche nicht! Diesen Rat kann man, glaub ich, nicht früh genug geben“


Musik 1: Intro Orgel


Autor: Die Zeiten bei meinen Großeltern waren wertvolle Zeiten. Deshalb sind sie mir unvergesslich. Meine Großeltern waren fromme Leute. Die Bibel lag nicht nur irgendwo im Schrank, sondern gehörte zur regelmäßigen Lektüre. Und bei den Mahlzeiten wurde das Tischgebet gesprochen. Über dem Bett im Schlafzimmer hing ein Gemälde, auf dem Jesus zu sehen war.

Und darunter stand ein Satz aus einem Gebet, das Jesus gesprochen hat:


Sprecher: Vater, ich will, dass da wo ich bin, auch die bei mir sind, die zu mir gehören (Johannes 17, 24)


Autor: Erst viel später ist mir klargeworden, was dieser Satz aus dem Gebet Jesu für meine Großeltern bedeutet haben muss. Sie hatten in ihrem Leben wirklich dunkle und schwere Zeiten erlebt. Aus der Heimat im Osten mussten sie fliehen, die Familie, Geschwister und Kinder wurden voneinander getrennt, Haus und Hof waren verloren. Die eigenen Kinder und die Familie nach so schweren Zeiten wieder bei sich zu haben, das war für meinen Großvater ein besonderes Glück, auf das er lange warten musste.

Doch im Leben meiner Großeltern war einer, der sie in den dunklen Zeiten nicht allein lassen gelassen hat: „Vater, ich will, dass da wo ich bin, auch die bei mir sind, die zu mir gehören.“ Jesus hat dieses Gebet gesprochen, als er sich von seinen Freunden verabschiedet hat. Vor Jesus lag eine schwere und dunkle Zeit. Jesus wusste, dass man ihn verhaften und verurteilen würde.


Musik 2: Choral, Strophe 2

Titel: Ich möchte‘, dass einer mit mir geht; Album: Das Leben loben, CD 4: Track 11; Text: Hans Köbler; Komponist: Hans Köbler; Chorsatz: David Plüss / Otmar Schulz; Leitung: Martin Falk; Chor: CON SPIRITO; Verlag: Anker Musik, Stuttgart; LC 07994.


Sprecherin (overvoice):

2. Ich wart’, dass einer mit mir geht, der auch im Schweren zu mir steht,

der in den dunklen Stunden mir verbunden. Ich wart’, dass einer mit mir geht.


Autor: Zu meinen Kindheitserinnerungen gehört auch das Leben in der Kirchengemeinde. Der Kindergottesdienst mit der Filztafel, auf der mit kleinen Bildchen die biblischen Geschichten erzählt wurden.

Als ich zwölf wurde, begann der kirchliche Unterricht. Und natürlich mussten wir auch die Gottesdienste im alten Gemeindehaus mit den schweren Holzbänken besuchen und Bibelverse auswendig lernen, wie diesen:


Sprecher: Seht doch, wie groß die Liebe ist, die der Vater im Himmel uns schenkt! Denn wir dürfen uns nicht nur seine Kinder nennen, sondern sind es auch“ (1. Johannes 3,1)


Autor: Diese Sätze stammen vom Evangelisten Johannes, von dem Mann, der auch das Gebet über dem Bett meines Großvaters überliefert hat. Und der in diesem Brief die Mitglieder seiner Gemeinde „Kinder“ nennt. Kind sein ist keine Frage des Alters. Ganz gleich, wie alt ich bin, und wie alt meine Kinder werden: Sie bleiben meine Kinder. Und das gilt auch für das Leben eines Christenmenschen, der im Vaterunser bekennt, einen Vater im Himmel zu haben.

Diese Kindheit hat für mich einen ganz besonderen Wert. Und auch hier gilt wohl: Der Maßstab für diese Zeit ist nicht der Kalender, sondern der Wert. Das, was mir die Zeit bedeutet. Dass Christsein und Glaube etwas mit Jesus Christus zu tun hat, er mich in Leid und Freude begleitet, das habe ich im Kindergottesdienst und kirchlichen Unterricht erfahren. Ohne diese Erfahrung wäre er für mich nur der Name einer wichtigen Person in der Kirche.


Musik 1: Choral (Strophe 4)


Sprecherin (overvoice):

4. Sie nennen ihn den Herren Christ, der durch den Tod gegangen ist; er will durch Leid und Freuden, mich geleiten. Ich möchte, dass er auch mit mir geht. (0.32)


Autor: Als ich den kirchlichen Unterricht beendete, war dieses Lied noch ganz neu. Hans Köbler hat es geschrieben, er war Religionslehrer und Kantor in Freising bei München. Damals wurde dieses Lied in vielen Konfirmationsgottesdiensten gesungen. Ein Lied, das mich als junger Mensch, der sich anschickte, erwachsen zu werden, immer wieder begleitet hat.

Heute leben meine Großeltern und auch meine Eltern nicht mehr. Und ich habe selbst Kinder, die schon wieder erwachsen sind. Ich hoffe, dass auch sie sich erinnern können an unvergessliche Geschichten ihrer Kindheit. Sicher ist aber auch: Wir leben heute in einer anderen Zeit.

In einer Zeit mit großen Heraus­forderungen. Eine Zeit, die von jungen Menschen enorme Leistungen und Disziplin fordert. Am Laptop im Homeschooling in einer digitalisierten Welt. Eine Zeit, in der Kindern und Jugendlichen über viele Monate so vieles fehlt, was doch sonst zum Leben dazugehört. Doch auch hier gilt der Rat Kästners: „das Wertvollste, ob lustig oder traurig, ist die Kindheit. Vergesst das Unvergessliche nicht!

Wir wissen wohl alle, wie wichtig die Kindheit ist, diese Zeit, die man nicht vermessen kann wie Straßen und Grundstücke.

Für mich ist das in diesen Zeiten noch wichtiger geworden: Sich gegenseitig begleiten. Etwas zusammen erleben. Mitgehen im Leben der anderen. Spielen, Geschichten erzählen, rausgehen in die Natur. Sich vergewissern, dass wir zusammengehören wie eine Familie. Und dann einfach mal die Zeit vergessen, weil es einen großen Vater gibt, der zu allen Zeiten mit uns geht.


Musik 1: Choral (Strophe 1)

1. Ich möcht’, dass einer mit mir geht, der’s Leben kennt, der mich versteht,

der mich zu allen Zeiten kann geleiten. Ich möcht’, dass einer mit mir geht.




Redaktion: Landespfarrer Dr. Titus Reinmuth




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