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Choralandacht | 22.05.2021 | 07:50 Uhr

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O komm, du Geist der Wahrheit (eg 136)

Dieser Beitrag enthält Musik, daher finden Sie hier aus rechtlichen Gründen kein Audio zum Nachhören.


Musik 1: Orgelintonation


Titel: Lob Gott getrost mit Singen; Text: Böhmsche Brüder 1544; Komposition: unbekannt (Nürnberg um 1535); Album: Singt, singt dem Herren neue Lieder – Orgelbegleitsätze zu 60 Melodien aus dem EG; Interpreten: Kantor i.R. Carl-Gustav Naumann, Prof. Helmut Gleim, KMD Jürgen Irmscher; Herausgeber: Ev. Kirche der Kirchenprovinz Sachsen, Verlag: Metrix Media GmbH, Bestell-Nr.: 02012.


Autorin: Morgen ist Pfingsten. Seit jeher ist dieses kirchliche Fest mit einer tiefen Sehnsucht verbunden. Während der vergangenen Monate hat sich die Sehnsucht auf eine nie gekannte Weise in unserem Leben eingenistet. Bei vielen ist es so. Gut, wenn sie sich meldet. In allem, was stillsteht und bedrückt und lähmt; in allem, was wir schmerzlich vermissen, streckt sich die Sehnsucht hoffnungsvoll nach vorne aus. Wir Christinnen und Christen bitten und rufen und flehen zu Pfingsten. Fast alle unsere Pfingstlieder sind voll ungeduldiger, drängender Erwartung. „Komm, Heiliger Geist!“, singen sie, immer wieder: „Komm!“; „Erscheine!“, „Kehr bei uns ein!“.


Die göttliche Kraft, die wir den „Heiligen Geist“ nennen, steht immer noch und immer wieder aus. Jedenfalls ist sie nicht einfach da und zur Verfügung. Wir haben diese Kraft nicht vorrätig als stetige „Begeisterung“. Stattdessen singen wir sie zu Pfingsten immer wieder sehnsüchtig und flehentlich herbei. In diesem Jahr womöglich besonders intensiv. Zum Beispiel so:


Musik 2: Choral, Strophe 1

Titel: O komm, Du Geist der Wahrheit; Text: Philipp Spitta; Komposition: unbekannt (Nürnberg um 1535); Interpret: Das Solistenensemble; Leitung: Gerhard Schnitter; Album: Was Gott tut, das ist wohlgetan (feat. Gerhard Schnitter);


Sprecherin (overvoice):

O komm, du Geist der Wahrheit, und kehre bei uns ein,

verbreite Licht und Klarheit, verbanne Trug und Schein.

Gieß aus dein heilig Feuer, rühr Herz und Lippen an,

dass jeglicher getreuer den Herrn bekennen kann.


Autorin: Mag sein, manche denken jetzt: Bitten und Flehen hört sich eigentlich anders an. Diese Melodie klingt doch eher froh und gewiss, voller Zuversicht. Tatsächlich wurden die heiteren Töne den bittenden und drängenden Worten erst nachträglich unterlegt. Die „Böhmischen Brüder“, eine christliche Gemeinschaft im 15. und 16. Jahrhundert, haben die Melodie bereits für ihre Bekenntnishymne „Lob Gott getrost mit Singen“ verwendet. Und ursprünglich geht sie auf ein weltliches Liebeslied zurück, einen echten Gassenhauer.

Womöglich verleiht gerade das seltsam widersprüchliche Miteinander von Inhalt und Klang diesem Pfingstchoral seine ganz eigene Note. Ja, mehr noch: Vielleicht erzählt dieser Widerspruch etwas über die Geistkraft Gottes. Sie ist in uns als belebender Atem, sie begleitet uns als Trösterin und Beistand, sie hilft uns zu seufzen und zu beten – zur Not auch ohne Worte. In manchen Zeiten spüren wir, wie diese Kraft uns beflügelt, wie sie uns stark macht und mutig und getrost. Und dann wieder vermissen wir sie. Es ist eine Kraft Gottes, sie gehört uns nicht, sie kommt nicht aus uns. Wir strecken uns voll Verlangen nach ihr aus und bitten: „Komm zu uns!“, „Steh uns bei!“.


Musik 3: instrumental

Titel: Lob Gott getrost mit Singen; Text: Böhmsche Brüder 1544; Komposition: unbekannt (Nürnberg um 1535); Interpreten: Orgel: Bernd Dietrich, Trompete: Simone Spaeth; Vorspiele und Sätze: Bernd Dietrich; Album: Klingendes Gesangbuch – Der gute Tag. Verlag: 2008 Medienservice B&A Dietrich GbR, Nürnberg; Label: MS-Classic - Medienservice B & A Dietrich GbR, Nürnberg; LC-Nr.:10551; Best.Nr.: MS-20081-C


Sprecherin (overvoice):

O du, den unser größter Regent uns zugesagt:

Komm zu uns, werter Tröster, und mach uns unverzagt.

Gib uns in dieser schlaffen und glaubensarmen Zeit

die scharf geschliffnen Waffen der ersten Christenheit.


Autorin: Was in der ersten Strophe allenfalls anklang, springt nun buchstäblich ins Ohr: Dieser Pfingstchoral ist ein kämpferisches Lied.

Und das, obwohl – oder gerade weil? – sein Verfasser alles andere als ein Kraftprotz war. Philipp Spitta, dem wir den Text verdanken, war das vierte von fünf Geschwistern, als Kind schwächlich und oft krank. Sein Vater stirbt, als Philipp noch sehr klein ist, und die Mutter schickt den Jungen später zu einem Uhrmacher in die Lehre. Ein Studium kann sie sich nur für eines ihrer fünf Kinder leisten, und dazu ist Philipps jüngerer Bruder Ludwig ausersehen. Als der bei einem Badeunfall ums Leben kommt, wird dieses tragische Geschick zur großen Chance für Philipp. Er drängt zurück ans Gymnasium und beginnt anschließend in Göttingen Theologie zu studieren.

Dieses Studium wird für ihn ein echter Kampf. Er begegnet Lehrern, die Theologie allein mit dem Kopf und der Vernunft betreiben.

Philipp Spitta will das Evangelium mit Kopf und Herz, mit Verstand und Gemüt erfassen. Dafür ist er bereit zu kämpfen. Und zu diesem Kampf ruft er den Geist Gottes auf den Plan.


Musik 2: Choral, Strophe 3


Sprecherin (overvoice):

Unglaub und Torheit brüsten sich frecher jetzt als je;

darum musst du uns rüsten mit Waffen aus der Höh

Du muss uns Kraft verleihen, Geduld und Glaubenstreu

Und musst uns ganz befreien von aller Menschenscheu.


Autorin: „Waffen aus der Höh“: Die militante Sprache bleibt mir bis heute fremd – auch wenn die Vorstellung von der „Waffenrüstung Gottes“ biblische Wurzeln hat, und Philipp Spitta nicht mit dem Schwert, sondern mit christlichen Tugenden zu Felde ziehen will.

Er tritt damit einer unseligen Entwicklung seiner Zeit entgegen: Die wissenschaftliche Theologie entfernt sich immer weiter vom täglichen Leben der Menschen; der christliche Glaube verliert zunehmend den Kontakt zu den brennenden sozialen Fragen der Gesellschaft. Da kann und mag der angehende Pfarrer nicht zusehen. Er protestiert. Denn für ihn hat das Evangelium handfeste Folgen. Er kann nicht Gott lieben, ohne die Not seiner Mitmenschen zu sehen. Tatkräftig setzt er sich ein, wo Hilfe und Zuspruch gebraucht werden. Er predigt so, dass auch schlichte Gemüter seine Gedanken verstehen. Er gründet örtliche Missionsvereine - etwa für Alkoholkranke und Strafentlassene -, um gefährdete Menschen zu unterstützen und in ihrem Glauben zu stärken.


Musik 3: instrumental


Sprecherin (overvoice):

Es gilt ein frei Geständnis in dieser unsrer Zeit,

ein offenes Bekenntnis bei allem Widerstreit,

trotz aller Feinde Toben, trotz allem Heidentum

zu preisen und zu loben das Evangelium.


Autorin: Woher nehmen wir heute den Mut, unseren Glauben ohne Scham in die Welt zu tragen als eine Kraft, die zum Leben hilft? Morgen ist Pfingsten. Unsere Sehnsucht hat einen festen Ort im Kirchenjahr – Gott sei Dank.

„Komm, Heiliger Geist!“;„Komm!“; „Erscheine!“, „Kehr bei uns ein!“

Unsere Sehnsucht hat ein Ziel; unser Bitten und Rufen und Flehen wird gehört. Niemand muss über sich selbst hinauswachsen; nein, von Gott her wird uns etwas zuwachsen. Den einen der Mut, energisch Widerstand zu leisten. Anderen die Kraft, treu bei der Stange zu bleiben und durchzuhalten. Wieder anderen die Fantasie, Neues zu denken und Riskantes auszuprobieren. Den nächsten die Liebe, um für andere zu sorgen und da zu sein. Und Vielen die Treue, zu beten und nichts und niemanden verloren zu geben.

Wenn das kein Grund ist zum Feiern.

Ein frohes Pfingstfest wünsche ich Ihnen!


Musik: Choral, Strophe 7


Du Heilger Geist, bereite ein Pfingstfest nah und fern;

mit deiner Kraft begleite das Zeugnis von dem Herrn.

O öffne du die Herzen der Welt und uns den Mund,

dass wir in Freud und Schmerzen das Heil ihr machen kund.



Redaktion: Landespfarrer Dr. Titus Reinmuth

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