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Kirche in WDR 3 | 14.09.2021 | 07:50 Uhr

Die Psalmenbrücke

„Heinrich, Heinrich, der Wagen bricht.“ „Nein, der Wagen ist es nicht, es war ein Band von meinem Herzen“. Aus der Märchenwelt meiner Kindheit habe ich diesen Satz bis heute irgendwie behalten. Dieser komische Schlusssatz aus dem „Froschkönig“,
in dem auf einmal der Diener des verwunschenen Prinzen das letzte Wort hat. Wie auch immer: das mit dem „Band von meinem Herzen“, das klang für mich als Kind geheimnisvoll. Und das ist hängen geblieben.

Nun bin ich schon 42 und liege oft nachts wach. Kämpfe mit Schlafproblemen. Und als sich kürzlich meine Gedanken und Sorgen wie eine Bleiweste um meine Brust geschnürt hatten, da war dieser Satz wieder da: „Es war ein Band von meinem Herzen“...

In solchen Nächten kreisen die Gedanken; ich komme nicht in den Schlaf und der Morgen drauf ist dann kein guter, sondern ein zäher. Und so wie mir in der Nacht der Satz aus dem Märchen im Ohr lag, so war es an jenem Morgen ein Satz aus einem Gedicht. Das hatte ich vor 22 Jahren erstmals gehört: „Verabschiede die Nacht …“ Dieser Satz stammt aus einem Gedicht des Priesters und Lyrikers Wilhelm Bruners. Der lebte damals wie ich in Israel. Das Gedicht geht so:

„Verabschiede die Nacht

mit dem Sonnenhymnus auch bei Nebel.

Hol dir die ersten Informationen

aus den Liedern Davids.

Dann höre die Nachrichten und lies die Zeitung.

Beachte die Reihenfolge,

wenn du die Kraft behalten willst,

die Verhältnisse zu ändern.“

Und genau das habe ich gemacht an jenem Morgen als ich so schlecht geschlafen hatte. Ich habe die Nacht verabschiedet mit einem Lied Davids. Also mit einem uralten Psalm aus der Bibel. Und weil ich gerade 42 bin, nahm ich den 42. Psalm.

Und was soll ich sagen: manche Worte haben mich, mit meiner beklemmten Brust, regelrecht angesprungen: „Tränen sind meine einzige Speise Tag und Nacht“, heißt es da. Oder: „Warum bist du so bedrückt, meine Seele? Warum stöhnst du so verzweifelt?“

Und dann taucht im 42. Psalm noch ein Bild auf, um die Gemütslage zu beschreiben. Da sagt der Psalmbeter: „Gewaltige Wassermassen brausen und tosen, so als riefe eine Flut die andere herbei. Du hast sie geschickt; deine Wellen und Wogen rollen über mich hinweg.“

Was hier vielleicht an eine Flutkatastrophe denken lässt, das gibt es genau an einem Wasserfall in Israel, am Fuße des Hermongebirges. Da ist das genau so: da braust und tost das Wasser bis heute. Der Banyas-Wasserfall ist eine absolute Ausnahme in diesem sonst wasserarmen Land. Und ich erinnerte mich an jenem Morgen, wie viele Male ich schon an diesem Wasserfall gestanden habe. Und wie ich diesen Psalm so betete, stieg auf eine Art Trost in mir auf, eine Hoffnung, die sich in den letzten Zeilen von Psalm 42 verdichtet: „Warte nur zuversichtlich auf Gott! Denn ganz gewiss werde ich ihm noch dafür danken, dass er mir sein Angesicht wieder zuwendet und mir hilft.“[1]

Und obwohl ich kürzlich die Nacht schlecht geschlafen hatte: die Beklemmung war eine Tagesration lang weg. Ich konnte das „Band von meinem Herzen“ und die Nacht verabschieden. Oder wie Wilhelm Bruners dichtet:

„Nach dem morgendlichen

Gang über die

Psalmenbrücke

drehe ich mich

nicht mehr

um die eigene

Achse

ich atme die

alten Heilworte

in meine Tagängste

und bin

guter Hoffnung“

Falls Sie diese Nächte kennen; wenn nicht der Wagen bricht, aber das Herz schwer ist: Versuchen Sie es vielleicht einmal mit so einer Psalmenbrücke. Ob es Psalm 42 ist, oder Psalm 23 – oder derjenige, der Ihrem Alter endspricht.

In jedem Fall: Kommen Sie gut in diesen Tag- Ihr Klaus Nelißen aus Köln.


https://www.bibleserver.com/NG%C3%9C/Psalm42

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