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Kirche in WDR 3 | 12.04.2022 | 07:50 Uhr

Wahrheit?

„Du lügst!“, „Ich sehe was, was du nicht sagst“, „Ich lese dich“ – das alles sind Buchtitel. Vor denen bleibe ich hin und wieder stehen. Sie versprechen mir alle, dass ich die Menschen, denen ich begegne, schneller durchschauen kann, also schon weiß, wie sie zu mir stehen und was sie von mir wollen, bevor sie überhaupt nur ein Wort zu mir gesagt haben. Oder vielleicht auch gerade erst dann, wenn sie zu mir gesprochen haben, denn woher weiß ich, ob das, was der Mensch vor mir sagt, eigentlich richtig, sicher oder hilfreich ist. Kann ich alles sehen, versprechen mir die Bücher. An Gesten, Mimik, Mikroausdrücken, Augenflackern, Physiognomie, Muskelzucken, Stirnrunzeln etcetera. Könnte mir alles helfen im Leben, denn dann wüsste ich ja, ob es jemand gut mit mir meint, jemand etwas von mir will, mich jemand gering schätzt oder mich jemand sogar hereinlegen will. Und das passiert ja leider.

In meiner Studienzeit hat mich ein Mann in meinem Alter mal angesprochen und mir eine wirklich überzeugende Geschichte über ein verlorenes Bahnticket für eine so dringende Bahnreise erzählt, dass ich ihm das Bahnticket von meinem eher schmalen Einkommen als Hilfskraft an der Uni gekauft habe. Ich habe mich über meine gute Tat wirklich gefreut. Allerdings habe ich den Kerl einige Wochen später wiedergesehen, als er dieselbe Geschichte einem anderen Studenten erzählte. Von dem hat er dann natürlich kein Geld mehr gesehen, aber seitdem geht mir die Geschichte bei jedem, der mich um etwas Geld bittet, nicht mehr so ganz aus dem Kopf. Und nicht nur bei denen. Ich suche in dem Gesicht vor mir nach Hinweisen, was das denn jetzt für ein Mensch vor mir ist, ob ich dem vertrauen kann, ob ich das, was ich da höre, für wahr halten kann.

„Wahrheit – was ist das?“ war auch schon die berühmte Frage von Pontius Pilatus, dem Statthalter von Jerusalem. Diese Frage stellt er wieder in den Passionserzählungen in dieser Karwoche. Dass es die Feinde Jesu mit der Wahrheit nicht so genau nehmen, das war Pilatus wohl schnell klar. Denn auf die Frage nach dem Anklagegrund heißt es da ja nur: „Wenn er kein Verbrecher wäre, hätten wir ihn dir nicht ausgeliefert.“ Ziemlich ausweichend, ziemlich durchsichtig, vermutlich wird da die Wahrheit verschleiert. Aber auch Jesus macht es Pilatus nicht gerade einfach, denn er bleibt ihm die Antwort schuldig. Auch Jesus sagt hier nicht, was Wahrheit ist. Ist ja auch schwierig. Denn in den Augen von Jesu Gegner damals war er ja ein Aufrührer, ein Gotteslästerer, ein Verbrecher, ja, sogar selber ein Lügner. Für sie war das die Wahrheit. Das, was Jesus wollte, passte Ihnen nicht ins Konzept. Und auch Pontius Pilatus passte das nicht ins Konzept. Der Statthalter Roms in Judäa wollte Ruhe in seiner Provinz und keine Leute wie Jesus, die diese Ruhe gefährdeten. Und obwohl Pilatus meint, dass Jesus unschuldig sei, lässt er ihn schließlich trotzdem kreuzigen. Alles andere hätte seine Wahrheit dann doch zu sehr ins Wanken gebracht – nämlich die, dass nur eine ruhige Provinz eine gute Provinz ist.

Und was ist die Wahrheit, die Jesus vertritt? Im Johannesevangelium sagt Jesus selber von sich: „Ich bin die Wahrheit.“ Das ist etwas anderes als: „Ich sage die Wahrheit.“

Wer verstehen will, worum es Jesus geht, der sollte sich nie nur auf seine Worte verlassen. Jesus hat gezeigt, wie man dieses Leben leben soll, weniger gesagt, wie das geht. Wenn er Menschen verurteilt hat, dann meistens die, die andere verurteilt haben. Jede und jeder sollte zunächst einmal versuchen, selbst ein besserer Mensch zu werden. Menschen, die ihre Beziehungen kaputt machten, die andere über den Tisch zogen oder Gewalt anwendeten, wurden von Jesus nicht ermahnt oder sogar verteufelt. Vielmehr hat Jesus ihnen Mut gemacht, einen anderen Weg zu gehen, umzukehren. Jesus hat gezeigt, wie wahrhaftig leben geht.

Wenn also Pilatus fragt: „Was ist Wahrheit?“, dann antwortet vielleicht ein Buchtitel: „Ich lese dich!“ Aber eben nicht nur Mimik, Gestik und so, sondern dein ganzes Leben. Wer bist du, was tust du, was sagst du – und passt das eigentlich zusammen?

Und ich frage mich: „Wie wahrhaftig lebe ich?“

Ihr Christoph Buysch aus Krefeld.

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