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Kirche in WDR 3 | 20.06.2022 | 07:50 Uhr
Gottesbeziehung wie ein altes Ehepaar
Guten Morgen. Ich bin eine
Ordensfrau. D.h. ich habe vor ungefähr 30 Jahren ein Versprechen abgelegt, dass
ich mein Leben jeden Tag neu auf Gott hin ausrichte. Dazu habe ich mich einer Ordensgemeinschaft
angeschlossen, den Dominikanerinne von Bethanien.
Denn ich finde, gemeinsam,
geht manches einfacher und macht vor allem mehr
Spaß.
Es gab Zeiten, da ist mir das richtig leicht gefallen, an Gott zu glauben und mit ihm zu sprechen, also zu beten Aber in den letzten Jahren merke ich, dass mir diese Selbstverständlichkeit verloren geht. Es fliegt mir eben nicht mehr zu und manchmal denke ich, dass meine Gottesbeziehung verloren gegangen ist. Ist sie natürlich nicht, aber vielleicht ist es wie bei einem Paar, dass sich über die Jahre auseinandergelebt hat. Oder, nicht auseinandergelebt, aber das gemeinsame Leben erfüllt mich nicht mehr. Und ich sehne mich nach alten Zeiten. Klar, die Vergangenheit kann ich nicht zurückholen, aber alte Gefühle wecken, sich erinnern, das geht. Vorausgesetzt ich will diese Beziehung wieder intensiver haben. Und ich will!
Der Ring an meinem linken
Ringfinger, der erinnert mich täglich an diese Gottesbeziehung und an mein
Versprechen. Darin steht nämlich „suche Gott“. Diesen Ring habe ich in diesen
Tagen vor 22 Jahren
bekommen, als ich
mich für mein ganzes Leben an die Gemeinschaft und an Gott gebunden habe – ganz
offiziell und vor vielen Leuten.
Damals
lag ich auf der Erde ausgestreckt vor dem Altar in der Kirche. Die Arme nach
beiden Seiten hin ausgebreitet. Venia, nennt man das im Klosterischen. Ein
Zeichen der Hingabe an diesen Gott, dem ich mein Leben anvertraue. Alle anderen
in der Kirche haben gekniet und für mich den Heiligen Geist herabgerufen - mit
einem wunderschönen Lied auf Latein „Veni Sancte Spiritus“. Das mag in ihren
Ohren fremd und irgendwie kulitsch klingen, aber es war wirklich ein magischer
Augenblick. Denn ich habe in dem Moment alles andere vergessen und war ganz
eins mit dieser großen Kraft, mit der Liebe, die Gott für mich ist. Es war
schade, als das Lied aufhörte und ich wieder aufstehen musste, um dann
offiziell, vor allen Anwesenden mein Gelübde an Gott und den Orden zu sprechen.
Das war dann fast nur die „Formsache“ zum Beitritt in diesen Verein der
Dominikanerinnen von Bethanien.
Ein
radikaler Schritt für viele.
Aber wenn ich mein Leben momentan betrachte,
dann unterscheidet mich äußerlich nicht so viel von anderen Frauen. Ich lebe
gerade jenseits der Klostergemeinschaft mit zwei Pflegekindern in einem Haus
und lebe äußerlich ein ganz alltägliches Leben. Es liegt also allein an mir,
wie ich dieses Versprechen von damals, heute, fülle. So wie es an Ihnen liegt,
ihre Bindungsversprechen heute zu leben. Bindung an wen oder was auch immer.
Gott in meinem Leben
zu wissen, ist für mich eine Kraft, die mich
stärkt, der ich vertrauen kann, die mich durch alle Lebenssituationen schon begleitet
hat in guten und schweren Tagen. Deswegen ist sie mir wichtig und ich möchte
heute wieder anfangen, ihr mehr Zeit und Aufmerksamkeit zu widmen. Schon allein
damit, dass ich sie an diesen Gedanken teilhaben lasse und vielleicht sie
selbst damit an ihre Sehnsüchte und Versprechen erinnere. Machen wir uns doch
gemeinsam wieder auf den Weg zu mehr Beziehung. Lassen sie sich etwas
einfallen, wie sie eine Beziehung neu aufleben lassen können. Verwenden sie
heute ein bisschen Zeit dafür. Ich habe zumindest heute mit diesem Bekenntnis
vor Ihnen als Hörerinnen und Hörer mich selbst erinnert und ermahnt, das zu
leben, was ich mal versprochen habe. Ich werde heute ein paar Minuten einfach
nur an Gott denken. Ob ich etwas spüre oder nicht. Ihn herausfordern sich zu
zeigen. Quasi eine Challenge….Und ich nominiere sie, es mir gleich zu tun. Mal
schauen was passiert.
In diesem Sinne – ihnen einen besonders guten Tag! Ihre Sr. Jordana aus Krefeld.