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Kirche in WDR 3 | 12.12.2022 | 07:50 Uhr

Das Weihnachtspäckchen

Guten Morgen!

Sie hat ein paar Stunden eifrig gearbeitet und nun liegen die Weihnachtspäckchen verschnürt und beschriftet auf dem Tisch. Dreizehn Stück, ein ansehnlicher Stapel. Wenn die Päckchen im Advent abgeschickt sind, ist für sie die Vorfreude aufs Weihnachtsfest eigentlich schon zu Ende. Der leere Tisch und das wieder aufgeräumte Zimmer – Einsamkeit kriecht ihr durch die Adern. Sie weiß: Es werden ein paar freundliche Briefe kommen, ein paar kleine Geschenke, und für den zweiten Feiertag haben sie wieder die Nachbarn eingeladen. Sie wird in die Christvesper gehen wie jedes Jahr und danach wieder allein sein, allein mit ihren Büchern, Kerzen und Erinnerungen. Als sie die Liste mit den Empfänger:innen nochmal durchgeht, merkt sie, dass sie ein Päckchen zu viel gepackt hat. Was tun? Eigentlich könnte sie den kleinen Karton mit Kaffee, Schokolade und Gebäck dem alten Neumann hinunterbringen. Der ist zwar eher ein mürrischer Kerl, aber er tut ihr auch irgendwie leid. Der alte Neumann öffnet die Tür zunächst nur einen Spaltbreit und sieht sie und das Päckchen misstrauisch an. Sofort bereut sie ihren Einfall… Aber als er dann den kleinen Karton doch entgegennimmt, verändert sich der Ausdruck in seinem Gesicht so jäh, dass sie es nicht fertigbringt, sofort wieder zu gehen. Unbeholfen winkt er sie rein. Und sie betritt seine verrauchte Stube. „Ein Weihnachtspäckchen für mich? Ja, gibt’s denn so was.“, sagt der alte Neumann. „Wenn das meine Tochter sehen könnte…“ „Ist Ihre Tochter denn verheiratet?“, fragt sie. „Nein, sie lebt nicht mehr. So ein brutaler Verkehrsrowdy damals, wissen Sie… Und meine Frau ist ja noch länger tot.“ Der alte Neumann schweigt und sie mit ihm. „Ach, das ist ja traurig“, hört sie sich endlich sagen und meint das auch so. Sie überlegt, wie sie sich mit ein paar höflichen Worten zurückziehen könnte aus diesem dunklen Zimmer mit dem muffigen Geruch. Aber Neumann rückt einen Stuhl heran. „Ja, die Katrin, mein einziges Kind… Wir haben nach dem Tod meiner Frau zusammengewohnt und kamen gut miteinander aus. Und dann kam der schlimme Unfall. Man soll nicht mehr davon reden und daran denken tut auch nicht gut. Aber an `nem Tag wie heute rücken einem die Gedanken doch auf den Hals. Man geht ein Gläschen trinken, aber das hilft auch nicht viel. Und nun bringen Sie mir da so’n Päckchen, für so’n alten Kerl.“ Sie merkt, wie ihr das Blut in die Schläfen schießt, und steht hastig auf. „Es sind ja nur Kleinigkeiten, Herr Neumann, nicht der Rede wert. Und wenn Sie so allein sind zum Fest, und wenn es Ihnen Freude macht…“ Und dann lädt sie den alten Neumann ein – für den Heiligen Abend. Sie begreift später selber nicht, wie sie dazu gekommen ist. Und sie bekommt es ein wenig mit der Angst zu tun. Wie er sich bei ihr wohl benehmen wird? Aber dann erinnert sie sich an den Glanz in seinen Augen, wenn er von seiner Tochter spricht, und sie nimmt sich vor, es ihm so behaglich wie möglich zu machen. Und dann denkt sie noch lange darüber nach, wie verwunderlich es doch zugeht, dass ausgerechnet durch das überzählige Päckchen zwei Menschen nun am Heiligen Abend nicht so allein sein werden mit ihren Gedanken und Erinnerungen.

Wie hatte früher ihre Mutter oft gesagt: „Der Mensch plant seinen Weg, aber Gott lenkt seine Schritte.“ (Die Bibel, Sprüche 16,9)


Einen guten Tag wünscht Ihnen Ihr Pfarrer Michael Opitz aus Düsseldorf.



Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze





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