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Kirche in WDR 3 | 07.01.2023 | 07:50 Uhr
Ich bin bei euch
Seit gut zwei Jahren haben wir in Fröndenberg eine Fahrradkirche. Sie liegt direkt am Ruhrtalradweg, der jedes Jahr von über 150.000 Menschen befahren wird. Vor der Kirche laden Bänke und Tische Vorbeifahrende zu einer Rast ein. Es gibt eine E-Bikeladestation und Möglichkeiten, das Fahrrad zu reparieren und aufzupumpen. Das Wesentliche der Fahrradkirche befindet sich aber in ihrem Inneren. Ein Mediales-Kirchensystem lädt die Besucher ein, sich eine Andacht oder ein Lied auszuwählen. Zu jeder dieser gewünschten Optionen wird die Kirche in ein buntes Lichtermeer verwandelt. Neben dem Eingang ist auf dem Boden ein großes Kreuz aus Sand, in das die Besucher Kerzen stecken und im Gebet verweilen können. An einem Sonntagmorgen komme ich in die Kirche, um meinen Gottesdienst vorzubereiten. Da sitzen an diesem Kreuz drei Jungen. Sie mögen vielleicht zwölf Jahre alt gewesen sein. Sie suchen im Sand nach nicht ganz ausgebrannten Kerzenstummeln. Ihre Ausbeute legen sie zusammen und entzünden sie. Das Feuer bekommt eine bedrohliche Größe. Als ich das sehe, gehe ich zu ihnen und bitte sie scherzhaft, doch die Kirche nicht in Brand zu stecken, weil wir gleich hier einen Gottesdienst feiern wollen. Einer der Jungen fragt mich: Was ist denn ein Gottesdienst? Und ich erkläre ihnen, dass wir gleich singen und beten werden und Geschichten aus der Bibel hören. Da fragt mich dieser Junge: “Was bekomt man denn, wenn man an einem Gottesdienst teilnimmt?“ Ich versichere ihm, dass man kein Geld dafür bekommt, wenn man den Gottesdienst besucht. „Genau dies hat mir aber meine Mutter gesagt“, antwortet mir der junge Mann. Dieses Gespräch hat mich noch längere Zeit begleitet. Was bekomme ich eigentlich dafür, dass ich ein Gottesdienst besuche oder ein Gebet spreche? Eine schöne Antwort darauf gibt das Evangelium des heutigen Tages. Es gehört zu meinen Lieblingsevangelien aus der Bibel. Ok, davon habe ich einige. Darauf haben mich die Kinder in der Schule, wo ich unterrichtete, einmal hingewiesen. Aber, die Bibel ist halt voll von wunderbaren Erzählungen. Jesus sagt im heutigen Evangelium: „Ich bin bei euch alle Tage bis ans Ende der Welt.“ Für mich ist das mit der Erzählung von Mose am brennenden Dornbusch die große Klammer in der Bibel. Zu Beginn des Alten Testamentes die Aussage Gottes „Ich bin da.“ Und am Ende der Evangelien der Zuspruch Jesu: „Ich bin bei euch alle Tage. “Diese beiden Bibelstellen fassen für mich die ganze Bibel in zwei Sätzen zusammen. Und sie lassen mich erkennen, was Gottesdienst im eigentlichen Sinn bedeutet. Nicht mein Dienst an Gott, sondern vielmehr Gottes Dienst an mir. Ich brauche beim Beten oder beim Gottesdienst nichts zu leisten. Keine großartigen Gebete formulieren und nach Worten ringen. Der dänische Philosoph und Theologe Sören Kierkegaard hat dies einmal folgendermaßen ausgedrückt: „Als mein Gebet immer andächtiger und innerlicher wurde, da hatte ich immer weniger und weniger zu sagen. Zuletzt wurde ich ganz still. Ich wurde, was womöglich noch ein größerer Gegensatz zum Reden ist, ich wurde ein Hörer.“ Und als Hörender bekomme ich den Zuspruch Gottes aus der Bibel: „Ich bin da“ – „Ich bin bei euch alle Tage“. Gott ist da für mich. Gott hat mich ins Leben gerufen und er begleitet mich jeden Tag. Egal ob ich mich weit von ihm entfernt habe oder seine Nähe suche. Seine Zusage ist unumstößlich. Wenn ich mich im Gebet und im Gottesdienst auf ihn einlasse und zum Hörenden werde, werde ich genau diesen Zuspruch als ein großartiges Geschenk entdecken, welches mein Leben unendlich bereichert. Und so beantwortet sich für mich die Frage, was ich dafür bekomme, wenn ich bete oder einen Gottesdienst besuche. Ich bekomme etwas, was mit Geld nicht zu bezahlen ist.
Ein schönes Wochenende wünscht Ihnen Heiner Redeker aus Fröndenberg.