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Kirche in WDR 3 | 19.01.2023 | 07:50 Uhr

Ohrenreise zum Ölberg in Jerusalem

Der Anblick des Ölbergs in Jerusalem lässt keinen kalt, der ihn je gesehen hat: Über und über ist er voll mit Gräbern. Wer am Ölberg steht und hinunter schaut ins Kidrontal, der sieht dort auch Gräber, die hat schon Jesus gesehen. Denn sie sind älter als 2.000 Jahre.[8]

Warum lassen sich Juden bis heute auf dem Ölberg begraben? Weil nach der jüdischen Tradition hier das Jüngste Gericht stattfinden wird. In jüdischer Vorstellung wird hier nämlich eine Richtschnur gespannt werden (Sach 1,16). Und der Messias wird am jüngsten Tag auf den Ölberg kommen und alle Toten auferwecken.Darum lassen sich Juden bis heute dort beerdigen. Der Ölberg: Ein endzeitlicher Berg also und wer ihn, wie ich im Dezember, mit dem Auto befahren will, der kann einen endzeitlichen Motor erleben. So steil ist der Ölberg, dass ich bei der Auffahrt so viel Gas geben musste, bis der Motor überhitzt war. Wie gut, dass Jesus kein Auto fuhr, als er zum Ölberg kam, sondern er nahm einen Esel bei seinem Einzug nach Jerusalem – Sie wissen schon: Palmsonntag.

Und vielleicht wählte er den Esel nicht ohne Grund. Warum? Das habe ich erfahren, als ich das erste Mal vor bald 25 Jahren über den Ölberg gewandert bin mit einer geführten Gruppe. Wilhelm Bruners[9] hieß der Führer, ein Priester und Bibelwissenschaftler. Und Willis Ausführungen waren für mich damals augenöffnend. Denn er verriet, wo sich Jesus das mit dem Esel womöglich abgeguckt hatte. Und dazu muss man in einen Text schauen, der ist in der katholischen Bibel das vorletzte Buch des Alten Testamentes. Darin findet sich die Sammlung von Offenbarungen eines Propheten namens Sacharja – so heißt auch das Buch in der Bibel. Sacharjas Worte sind Apokalypse pur. Es geht um die Endzeit. Eine Stelle aus Sacharja, die kennen Sie vielleicht aus der Adventszeit. Da heißt es (Sach 9,9):

„Juble laut, Tochter Zion! Jauchze, Tochter Jerusalem! Siehe, dein König kommt zu dir. Gerecht ist er und Rettung wurde ihm zuteil, demütig ist er und reitet auf einem Esel.“

Sie merken es: Nicht nur Jesus hat den Text gekannt, sondern auch der Komponist Georg Friedrich Händel, der daraus das Lied „Tochter Zion“ machte: „Hosianna, Davids Sohn!“

Und dass der in dem Text angekündigte König auf einem Esel einreitet , das hat Jesus gemacht. Willi Bruners ist sich ziemlich sicher, dass Jesus seinen Sacharja gut gelesen hatte und vielleicht dachte: Ich bin dieser endzeitliche König. Und wenn wir bis hier mitgehen bei Willi Bruners, dann lege ich jetzt noch einen Gang rein und nun kommt jetzt eine steile theologische These. Denn: Jesus ist nicht nur mit einem Esel eingeritten in Jerusalem. Er ist auch zum Tempel gegangen und hat die Händler vertrieben. Vielleicht erinnern Sie sich. Aber warum eigentlich?

War das eine Kapitalismuskritik? Jesus als sozialer Revoluzzer? Willi Bruners sagte damals: Vielleicht lag auch das an Sacharja. Denn wer das Buch bis ganz zum Schluss liest, der stößt auf die Händler im Tempel. Das Buch endet mit der Vision einer neuen Heilszeit. Die allerletzten Sätze dieser Offenbarung heißen (Sach 14,20f):

„An jenem Tag wird auf den Pferdeschellen stehen: Dem HERRN heilig; und die Kessel im Haus des HERRN werden wie die Opferschalen vor dem Altar gelten. So wird jeder Kessel in Jerusalem und Juda dem HERRN der Heerscharen heilig sein und alle, die opfern, werden kommen und welche von ihnen nehmen und darin kochen. Und kein Händler wird an jenem Tag mehr im Haus des HERRN der Heerscharen sein.“

Was wird da beschreiben? Es klingt ja etwas verquast,– keine Frage, der Text ist vielleicht schon 2.500 Jahre alt[10]. Aber: Wenn die heiligen Opferschalen im Tempel nicht mehr unterscheidbar sind von den Kochtöpfen in den Häusern, dann heißt das doch: Es gibt keinen Unterschied mehr zwischen dem Heiligen und dem Alltäglichen, zwischen sakral und profan. Wie wäre es, wenn Jesus in diesem Sinne das Zeichen des Sacharja erfüllen wollte, in dem er die Händler im Tempel vertrieb. Was bedeutet das aber für den Begriff von Heiligkeit? Inwieweit ist dann der Alltag auch heilig – Ist z.B. Kaffeekochen Gottesdienst?

Fragen über Fragen, mit denen ich Sie heute einmal allein lassen muss, denn: meine Zeit hier ist auch endlich. Aus Köln grüßt Sie herzlich,

Klaus Nelißen



[8] https://de.wikipedia.org/wiki/Kidrontal

[9] https://de.wikipedia.org/wiki/Wilhelm_Bruners

[10] https://de.wikipedia.org/wiki/Sacharja

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