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Kirche in WDR 3 | 07.02.2023 | 07:50 Uhr

Blick zurück nach vorn

Guten Morgen.

Wir stehen vor dem Schaufenster eines kleinen Ladens. Ein modernes Seidenkleid in Pink, ein edles Kostüm mit Bleistiftrock, Sektkelche mit Goldrand aus den 1950ern, abgegriffene Plüschtiere von Steiff aus den 60er-Jahren, eine bestickte Tischdecke, wie ich sie von meiner Uroma noch im Schrank habe und vieles mehr ist da zu sehen. Alles schön dekoriert. Secondhand-Mode und Gegenstände aus Haushaltsauflösungen. Ein bisschen erinnert mich das Schaufenster an meine Wohnung. Ich bewahre die so genannten Andenken der Großmütter und Urgroßmutter auf. Nichts von großem materiellem Wert. Eher ideell. Das kleine Milchkännchen aus braun-beiger Keramik, leicht abgestoßen – vielleicht schon fast hundert Jahre alt. Da wärmte Uroma auf dem Kohleofen ihre Ziegenmilch drin auf. Hab ich mir erzählen lassen. Unten drunter ist die Kanne ganz schwarz vom Ruß. Ein Andenken. An jemand, den ich nur knapp zwei Jahre meines Lebens kennengelernt habe.

In meiner Familie waren vor allem die Omas der Ansicht: Du hältst die Dinge in Ehren. Das bedeutet, dass ich jetzt zu viel Kram habe. In Ehren halten. Gemeint ist damit: „Du bewahrst das Andenken an uns auf, über unseren Tod hinaus.“ Das ist an sich eine gute Sache. Zu wissen, wo ich herkomme. Wie die vor mir gelebt haben. Etwas zu haben, das an sie erinnert. An ihr oft hartes Leben. An die kleinen Freuden und Kostbarkeiten. Und wenn es das Kännchen für die Ziegenmilch ist. Es erinnert an die Zeit, als die Familie sehr wenig Geld, aber dafür ein bisschen Land zum Bebauen und ein paar Tiere hatte. Meine Mutter erinnert sich noch an die harte Arbeit in Haus und Hof. Da haben wir es heute so viel leichter. Ein Gang in den Supermarkt und zack, alles frisch auf dem Tisch. Kein Brennholz, keine Kohlen mehr nötig.

Als ich mich für das Theologiestudium entschieden habe, dachte ich: Jetzt gehe ich der Sache mit Gott und dem Glauben auf den Grund. Ich gehe zu denen, die die Erzählungen von den Gottesbegegnungen bewahren. Die den Schatz des Glaubens hüten. Das Andenken. Und habe gelernt: Ich komme nicht ein für allemal bis ganz auf den Grund. Das Geheimnis des Glaubens lässt sich so nicht lüften.

Und Gott sagt: „Beschäftigt euch nicht immer mit der Vergangenheit. Schaut nach vorne, denn ich will etwas Neues tun! Es hat schon begonnen, habt ihr es noch nicht gemerkt? Durch die Wüste will ich eine Straße bauen, im trockenen Land sollen Flüsse fließen.“ (Die Jesaja 43,18ff, Die Bibel, Hoffnung für Alle)


Ich mag beides – Neues entdecken und kreieren, Vorangehen, Abenteuer – und Bewahren – Erinnern, lernen, Zusammenhänge sehen und den Dingen auf den tiefsten Grund gehen.

Wichtig ist, beides zu tun. Nicht in einer Bewegung verhaftet zu bleiben. Neben dem Blick zurück den Blick nach vorn zu wagen. Sich auch zu trennen. Wenn etwas zu Ballast geworden ist…, dann darf es verabschiedet werden. Ich darf meine eigene Geschichte leben. Und vielleicht gibt es später mal die eine oder den anderen, die sich erinnern an mich. Durch eine Spur im Herzen oder durch einen kleinen Gegenstand.

Irgendwann werden alle diese Spuren verweht sein. Eins aber bleibt gewiss: Mein Name ist in den Himmel geschrieben (Lukas 10,20) und in Gottes Hand (Jesaja 49,16). So heißt es in der Bibel.

Andenken – in Ehren halten – alles gut und wichtig. Versklaven lassen darf ich mich dadurch aber nicht. Sondern Gott ruft mich in der christlichen Gemeinschaft immer wieder neu in die Zukunft: „Gehört also jemand zu Christus, dann ist er ein neuer Mensch. Was vorher war, ist vergangen, etwas völlig Neues hat begonnen.“ (2.Korinther 5,17, Die Bibel, Hoffnung für Alle) Damit kann ich Altes würdigen und verabschieden und weitergehen und mich freuen auf das, was kommt. Ich bin gespannt.


Eine gute Balance beim Blick zurück nach vorn wünscht Petra Schulze, Rundfunkpfarrerin in Düsseldorf.

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