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Choralandacht | 25.03.2023 | 07:50 Uhr

DIESER BEITRAG ENTHÄLT MUSIK, DAHER FINDEN SIE HIER AUS RECHTLICHEN GRÜNDEN KEIN AUDIO.

O Mensch, bewein dein Sünde groß (EG 76)

Musik 1

Kurt Weill: Die sieben Todsünden (Prolog); Album:
Die 7 Todsünden; Label: Philips; LC: 00305. Verkauft von: Amazon Digital Germany GmbH; ASIN: B00SGA7FOA



Autor (overvoice):Am 7. Juni 1933 ging die Uraufführung eines satirischen Balletts über die Bühne des Théâtre des Champs-Élysée in Paris: Titel: „Die sieben Todsünden“. Libretto: Bertolt Brecht; Musik: Kurt Weill. In Deutschland konnte diese Musik nicht aufgeführt werden. Sie galt als „entartet“, und der Komponist Kurt Weill war Jude.


Der Sonntag Judika, den wir Protestanten morgen feiern, hat seinen Namen vom ersten Wort des Psalms 43 erhalten: „Judica me Deus et discerne causam meam a gente non sancta“, heißt es in der Vulgata, der lateinischen Bibel; Es ist der Eingangspsalm für diesen Sonntag. Luther übersetzt 1545:


Sprecher:Richte mich Gott, und führe meine Sache wider das unheilige Volk.


Autor:Und im Evangelium nach Markus für den Sonntag Judika belehrt Jesus seine Jünger:


Sprecher:Ihr wisst, die als Herrscher gelten, halten ihre Völker nieder, und ihre Mächtigen tun ihnen Gewalt an.


Autor:Sünden allerorten.
Hören wir das Wochenlied für morgen:


Musik 2

Titel:
O Mensch, bewein dein Sünde groß;
Text: Sebald Heyden; Komposition: Matthäus Greiter; Interpret: Wilhelmshavener Vokalensemble; Leitung: Ralf Popken; Album: O Welt, sieh hier dein Leben; Label: Edition Chrismon; LC: 16005.



Sprecherin (overvoice):

O Mensch, bewein dein Sünde groß,

darum Christus seins Vaters Schoß

äußert und kam auf Erden;

von einer Jungfrau rein und zart

für uns er hier geboren ward,

er wollt der Mittler werden.

Den Toten er das Leben gab

und tat dabei all Krankheit ab,

bis sich die Zeit herdrange,

dass er für uns geopfert würd,

trüg unsrer Sünden schwere Bürd

wohl an dem Kreuze lange.


Autor:Nehmen wir den Sündenbegriff unter die Lupe. Außer Zweifel steht, dass er als Instrument der Unterdrückung und Entmündigung missbraucht wurde. Als Galileo Galileis die Erde aus dem Zentrum der Welt verbannte, zeigte ihm die kirchliche Obrigkeit im Namen Gottes die Instrumente. Der Scheiterhaufen drohte. Heutzutage betrachtet so mancher Christ Homosexualität als widernatürlich und damit wider Gottes Schöpfungsplan gerichtet. Noch so ein Missbrauch des Begriffs „Sünde“. Doch rechtfertigt der Missbrauch eines Begriffs, dass man das Wort und damit auch die Sache zu den Akten legen kann? Ich denke nicht.

Die jüdische Bibel spricht von averah, wo bei Luther von Sünde die Rede ist. Das bedeutet Übertretung, Verfehlung.

Und von Verfehlungen wimmelt die Welt, da mag jeder an seine eigene Nase fassen, da mag man an Korruption denken, an Rassismus, an Antisemitismus, an die Diskriminierung von Minderheiten, an die Geringschätzung der Demokratie. Hass spaltet und tötet. Eine Sünde, zweifelsohne.

Eine Sünde begehen ist, als ob man eine rote Ampel überfährt; Sünde gefährdet Leben, das eigene und das der anderen. Einzelne Menschen sündigen, Institutionen sündigen, ganze Gesellschaften sündigen.

Wenn wir bedenken, dass der Wohlstand der Nordhalbkugel nicht zuletzt auf der Verelendung der Südhalbkugel beruht, kommen wir zu der fatalen Erkenntnis, dass wir durch eine persönliche Willensentscheidung, und sei sie auch noch so heroisch, dieser globalen Sündenverstrickung nicht entrinnen können. Jeder Einkauf eine Falle.


Sprecher:„Wenn wir sagen, dass wir keine Sünde haben, führen wir uns selbst in die Irre, und die Wahrheit ist nicht in uns.“


Autor:Diese Lebensweisheit steht geschrieben im Neuen Testament, im ersten Johannesbrief.


Musik 3

Titel: Mattha?us-Passion fu?r Soli, Chor und Orchester, BWV 244; Text: Henrici, Christian Friedrich; Komposition: Bach, Johann Sebastian; Interpret/Ensemble: Pygmalion; Leitung: Pichon, Raphaël; Label: HARMONIA MUNDI FRANCE; LC: 07045


Autor (overvoice):Wieder geht es um das Kirchenlied „O Mensch, bewein dein‘ Sünde groß“. Doch diesmal handelt es sich um eine festliche barocke Musik, mitreißend, mobilisierend, spannungsgeladen.

So hat sich Leipzigs Thomaskantor Johann Sebastian Bach Ende der 1720er Jahre im Schlusschor des ersten Teils seiner Matthäuspassion zum Sündenbegriff verhalten.

Die Musik ist überflutet von Seufzermotiven. Das Zwerchfell oszilliert zwischen Spannung und Entspannung. Das ist körperlich sehr anstrengend. Die Passionsmusik klingt dadurch widerständig. Hier scheint zum Ausdruck zu kommen, was Dorothee Sölle einmal so formuliert hat:


Sprecherin (overvoice):„Radikale Theologie geht an die Wurzeln unserer Ohnmachtsangst und vergewissert uns, dass alles möglich ist.“


Musik 3(freistehend)


Autor:In der Sprachwissenschaft gehen manche davon aus, dass das Wort „Sünde“ von „Sund“ abgeleitet ist. Zwei Landmassen driften auseinander. Was einstmals eine Einheit war, ist entzwei gegangen.

Gottes Schöpfungsplan und die irdische Realität passen nicht mehr zusammen.

Ein Graben hat sich aufgetan; viele leben unter dem quälenden Eindruck der Gottesferne; andere haben Gott längst aus den Augen verloren. Es geht ein Riss durch die Welt. Nun berichtet unser Lied von einem Gottessohn, der umsiedelt von der göttlichen Wohnung in den Lebensraum der Menschen. Und nun zitiere ich: „Er wollt der Mittler werden“. Für den Versöhnungsakt hat er mit seinem Leben bezahlt. Wenn wir also einen Brückenbauer suchen, der die auseinanderdriftenden Welten verbindet, so bietet dieser Choral uns einen an. Das Lied lobt überdies die erstaunlichen Fähigkeiten dieses reisenden Architekten.


Sprecher:Den Toten er das Leben gab und tat dabei all Krankheit ab.


Autor:Ob das eine Perspektive ist, die uns anspornt, das zusammen zu fügen, was zusammengehört? Der Welt würde das jedenfalls guttun.


Musik 3


Autor (overvoiced):

Bis dahin beendet Bach den Schlusschor aus dem ersten Teil der Matthäuspassion kurz und bündig, als wollte er sagen: Amen!



Redaktion:
Landespfarrer Dr. Titus Reinmuth

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