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Kirche in WDR 3 | 31.07.2024 | 07:50 Uhr
Neumodischer Kram?
Ich weiß nicht wann ich das letzte mal meinen Fernseher angeschaltet habe. Das hat nicht nur mit wenig Zeit und großer Geschäftigkeit zu tun, sondern auch mit den Sozialen Medien. In der wenigen Zeit, die ich mir dann bewusst nehme, lasse ich mich dort am liebsten berieseln. Ja, die einen mögen es nachvollziehen können, die anderen halten soziale Medien für überzogenen Schnickschnack und völligen Quatsch.
Gerade, wenn es um die tagesaktuellen Nachrichten geht, diskutiere ich regelmäßig mit meinem Vater. Für ihn sind 20.00 Uhr Nachrichten im Fernsehen gesetzt. Mein Vater ist keiner, der sich gegen das „neumodische Zeug“ sträubt, ganz im Gegenteil, aber bei den Nachrichten bleibt er irgendwie beim Thema Fernsehen und bei der Zeitung.
Ist das eine Frage der Generation? Nun arbeite ich ja für eine Institution, bei der es so viele Generationenkonflikte gibt wie wohl sonst selten. Mein oberster Chef, also der Papst, ist 87 – komplett andere Generation. Und er hält die Kirche zusammen, die auf bald 2.000 Jahre Geschichte zurück blickt, knapp 80 Generationen. Das Fernsehen z.B. gibt es erst seit knapp 90 Jahren. Eine Social Media-Plattform wie Instagram erst seit 14 Jahren.
Als
ich vor bald fünf Jahren Gemeindereferentin in Krefeld wurde, da haben mein
Chef und ich das Experiment gestartet, die Kirche auf Instagram etwas präsenter
zu machen. Anfangs waren wir unsicher. Wir dachten Kirche, den Glauben
weitergeben in digitaler Form ist schier unmöglich.
Es bedarf, der Gespräche vor Ort, dem
Miteinander-dem Unterwegs-Sein, ganz analog.
Aber wir wurden eines Besseren belehrt.
Seit wir unseren Kanal namens „diokirche_krefeld“ auf Instagram gestartet haben, erreichen wir Leute, die wir im Umfeld der Dionysius-Kirche sonst nie erreicht hätten. Wir, das sind übrigens mein Chef, Pfarrer David Grüntjens und ich.
„Chef, dann aber bitte nicht so churchy“, höre ich mich noch sagen, als wir uns den Kanal auf Instagram anlegten. Mir war es wichtig, dass wir uns von anderen Gemeinden auf Social Media abheben, dass wir nicht nur Kirchen als Gebäude posten und Werbung machen für unsere Aktionen und Gottesdienste vor Ort, sondern dass wir den Menschen Mehrwert bieten (auch wenn sie nicht vor Ort in Krefeld wohnen und unserer Gemeinde angehören). Wir möchten Menschen authentisch von unserem Glauben begeistern, sie inspirieren durch Impulse und Predigten, Ihnen einen Einblick in unseren tollen und vor allem vielfältigen Beruf zeigen. So nehmen ich die Menschen, jeden Tag in den sogenannten Storys, also kleinen Videos, mit ins Hospiz, mit auf den Friedhof, zu Kita Gottesdiensten, Seelsorgegesprächen oder sie bekommen unseren Alltag im Büro mit der von viel Humor geprägt ist.
Wir lassen die Follower teilhaben an den Traditionen der Kirche und bewusst an unserem Glaubensleben. Es ist ein Miteinander von Neuem und Altem. Der Austausch über Instagram ist dabei häufig direkter, unkomplizierter, niedrigschwelliger. Im Gottesdienst sitzen meist 150-200 Gläubige. Auf Instragram verfolgen uns jetzt schon fast 50.000 Menschen. Die Follower der digitalen Kirche bekommen von uns auch den Einblick hinter die Kulissen geboten, der sonst vielen verwehrt bleibt. Oft bekommen wir Nachrichten dazu wie gerne sie bei uns mal den Gottesdienst mitfeiern möchten oder einen Kaffee mit uns trinken wollen. Sie erleben uns als nahbar und authentische Menschen und legen hoffentlich einige der vielen Vorurteile ab, die sie gegen die Institution Kirche und ihre Mitarbeiter/innen haben.
Und das durchweg positive Feedback auf unseren Kanal, das bekommen wir tatsächlich generationenübergreifend. Sogar meine Eltern schauen jeden Tag gespannt unsere Storys auf Instagram. So neumodisch dieser Kram vielleicht ist: Er hilft, in Kontakt zu sein mit Menschen: in ihrem Suchen, in ihren Sorgen und Freuden – und natürlich in ihrem Glauben. Und wer weiß, vielleicht endet die nächste Diskussion über die sozialen Medien ja mit meinem Papa auch in einem Konsens.:)
Es grüßt Sie herzlich, Michelle Engel, Gemeindereferentin aus Krefeld