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Kirche in WDR 3 | 24.08.2024 | 07:50 Uhr
Himmelsblick
Guten Morgen!
Dass die Erde keine Scheibe ist, weiß die Menschheit schon seit der Antike und kaum einer würde da wohl widersprechen.
Aber dass der Himmel auch heute noch ab und an eine Scheibe sein kann, ist vielleicht schon erklärungsbedürftiger:
Neulich stehe ich bei strahlendem Wetter in einem luftigen Innenhof einer Kirche. Zufällig genau an einem Platz, der überdacht ist. Aber dieses Dach besteht aus einer Plastikscheibe. Durch die kann ich in den Himmel gucken. Am Rand ist diese Scheibe schon recht vergilbt und über viele Jahre vom rauen Wetter angefressen. An der Seite hat sich eine fleckige Rußschicht abgelagert. So kann mein Blick, der den Himmel sucht, nicht ganz ungehindert durch die Scheibe dringen.
Seltsam –denke ich -, irgendwie ein gutes Bild dafür, dass sich auch in anderer Hinsicht manchmal eine Scheibe zwischen Himmel und Erde schiebt.
Natürlich denke ich dabei als Pfarrerin nicht an den physikalischen Himmel mit Ozonloch und an den Grad der Kohlendioxidsättigung. Sondern ich denke an den Himmel, an den Kinder oft noch selbstverständlich glauben. Den Himmel, an den zu glauben wir Größeren oder Älteren uns manchmal so schwertun.
Der Himmel, das Offene, das geheimnisvoll Entfernte oder schlicht: der Ort, wo Gott ist.
Es scheint sich eben oft eine Scheibe dazwischen zu schieben. Zum Beispiel die Scheibe meiner enttäuschten Hoffnungen oder meiner nicht verwirklichten Sehnsüchte. Oder schlicht die Scheibe der nüchternen Realität. Ob mit oder ohne Glaube – die Welt scheint die Gleiche zu bleiben. Dauerhafter Friede und gutes menschliches Zusammenleben auf dieser Welt – sie scheinen doch eine Illusion zu sein.
Und es gibt noch eine Scheibe, die sich zwischen mich und den Himmel schieben kann; die ist zwar nicht grau und vergilbt, aber genauso undurchsichtig: die rosarote Scheibe meiner rosaroten Brille. Durch sie sehe ich nämlich eine Welt, die mir gefällt. Und blende dabei alle übrigen Faktoren aus, die das Rosarot abschwächen könnten. Mit dieser rosaroten Scheibe tauche ich alles in die Farbe meiner Wünsche oder Sehnsüchte. Vielleicht ist das sogar eine schöne Scheibe, aber eben auch eine Scheibe…
Oder Ich denke an ein Spiegelkabinett auf der Kirmes. Spiegel sind ja auch Scheiben. Da sehe ich alles verzerrt oder eben spiegelverkehrt. Man erwischt immer nur einen kleinen Ausschnitt von dem ganzen Bild!
Es gibt eine Stelle in der Bibel, da spricht der Apostel Paulus davon, dass wir, also die Menschen, wie durch einen Spiegel in einem dunklen Bild sehen würden. Sozusagen stückweise. (Die Bibel, 1. Korinther 13,12)
Aber einmal - so der Apostel weiter- werden wir Gott und sein Himmelreich wirklich erkennen. Eine schöne Hoffnung. Vom Glauben getragen! Ohne Hindernisse und Verzerrungen das Leben sehen, wie es von Gott her gemeint ist.
Und was den heutigen Tag angeht, wünsche ich Ihnen einen möglichst freien, ungehinderten Blick auf einen großen weiten Himmel…
Ihre Pfarrerin Nicola Thomas-Landgrebe aus Köln.
Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze
