Beiträge auf: wdr3
Kirche in WDR 3 | 06.09.2024 | 07:50 Uhr
Weiter Raum
Autorin: Guten Morgen,
Lea Kröll studiert Physik in Köln im vierten Semester. Neben ihrem Studium beschäftigt sie sich gerne mit Fragen, die das Leben an sie stellt. Antworten findet sie dabei auch in der Bibel.
Zum Beispiel in einem alten Gebet, dem 31. Psalm. Darin heißt es: „Du, Gott, stellst meine Füße auf weiten Raum.“ Aber vorher äußert der Beter seine Zweifel. So wie Lea:
Lea: Das Semester beginnt bald wieder, und ich weiß jetzt schon: Spätestens bei der 2. Vorlesung bin ich raus, weil ich nicht mehr mitkomme. Ich irre in einem Raum aus Fragen ohne Antworten und fasse alles, außer Boden unter meinen Füßen.
Außerdem macht mir so einiges Sorgen:
Das Klima geht den Bach runter, eine Frage folgt der nächsten,
doch die Antworten lassen auf sich warten. Die Einen ziehen hier am Strang,
die Anderen in die entgegengesetzte Richtung, kein Wunder, wenn es wenig Bewegung gibt.
Wir hören einander nicht zu, und immer sind die anderen schuld.
Die Meinungen gehen immer weiter auseinander, werden radikaler, sind geprägt von Verzweiflung, Wut und Überforderung. Wie soll ich da denn Fuß fassen?
Ein Raum voller Chaos, indem mich die Fragen erdrücken und ich mich nicht bewegen kann.
Hättest du mich doch mal auf kleinen Raum, voller Sonnenschein und Hoffnung gestellt, Gott, indem jedes Problem mindestens eine Lösung hat. Was mache ich also hier?
Wie soll ich Fuß fassen in all´ diesem Chaos? Wieso hast du mich hierhin gestellt?
Autorin: Ich kann Lea gut verstehen. Und sie ist mit ihren Gedanken ganz nah bei dem Psalmbeter aus der Bibel. Ein Mensch bittet um Hilfe vor seinen Verfolgern. Im Vertrauen auf Gott kann er seine Perspektive wechseln: Er sieht neue Lebensmöglichkeiten und Chancen für sich. Wie Lea.
Lea: Die Sonne scheint, nach einem anstrengenden Tag lasse ich mich auf die Wiese plumpsen und schaue in den blauen Himmel. Meine beste Freundin liegt neben mir und erzählt von ihrem Tag. Eigentlich ist das Leben doch ganz schön, denke ich.
Klar, ist es an der ein
oder anderen Stelle stressig, aber ich studiere, was ich liebe, bin gesund und
nicht alleine. Wie ich so in den Himmel schaue, fühlt es sich an, als ob mir die ganze Welt zu Füßen liegt.
Vielleicht stellst du meine Füße ja doch auf weiten Raum, Gott?
Autorin: Lea hat die Perspektive geändert. Sie erlebt die Weite des Raumes und zugleich Bedrängnis.
Lea: Wenn ich so zurückdenke, dann hatte jede Krise auch eine positive Seite an sich.
Sie hat mir geholfen, mir meinen Platz wiederzuholen und mir unter Umständen noch mehr Platz geschaffen.
Ich würde lügen, würde ich sagen, dass ich nicht trotzdem auch ein bisschen Angst und Unsicherheit in mir spüre. Aber Gott gibt mir den Raum zum Atmen, mich selbst zu erfahren und mich wachsen zu lassen. Ja, Gott stellt meine Füße auf weiten Raum.
Einen Raum, in dem ich mich entwickeln darf, in dem Platz für jeden Menschen ist.
Einen Raum in dem ich scheitern darf, mich eingeengt fühlen und wachsen darf und mir Platz machen darf, wenn mir alles zu viel wird. Einen Raum, in dem ich nicht alleine bin, in dem ich hoffen und träumen darf. (Lea Kröll, 24.04.2024)
Lea: Wir wünschen Ihnen einen Tag mit weitem Raum unter den Füßen und im Herzen,
Autorin: Pfarrerin Christiane Neufang und
Lea: Lea Kröll aus Köln.
Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze
