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Kirche in WDR 3 | 28.09.2024 | 07:50 Uhr
Marmeladen-Talent
Guten Morgen,
auf dem Frühstückstisch steht ein kleines Glas mit tiefroter, duftender Marmelade. „Ah“ und „oh“, ertönt es, alle greifen zu. Ich freue mich, dass meine selbstgemachte Erdbeermarmelade schmeckt! „Für euch mit Liebe gemacht“ habe ich auf das ehemalige Senfglas geschrieben. Diese Freude und Erfahrung teile ich sicherlich mit vielen Köchinnen, die auch das „Marmeladen-Talent“ haben – so bezeichne ich gern unsere gemeinsame besondere Begabung mit einem Augenzwinkern.
Wir fangen den Sommer im Glas ein! Frisch geerntete Früchte werden zu Aufstrich, Gelee und Marmelade verarbeitet. Wir geben ausgewählte Kräuter hinzu wie Melisse, Lavendel oder Salbei und verfeinern sie mit Vanillemark. Es soll nach Sommer schmecken und die Erinnerung wachhalten an warmen Sonnenschein, an Urlaubszeit und unbeschwerte Tage. Wer nicht so sehr auf die süßen Sachen steht, der kocht ein Chutney oder ein würziges Pesto.
Dann gehört es zum „Marmeladen-Talent“, die selbstzubereiteten kreativen Leckereien in entsprechenden Gläsern zu konservieren. Das können edel bedruckte und hübsch verpackte neue Schraubgläser sein. Meist gelingt es aber aus ausgespülten Altgläsern kleine Kunstwerke zu zaubern. Persönlich beschriftet – eben mit Liebe selbstgemacht.
Und dann gibt es noch etwas, das ich zum „Marmeladen-Talent“ zähle: nämlich die Bereitschaft die wertvollen Speisen sowie die eigene Freude am Tun mit anderen zu teilen. Das Feingefühl, zu spüren, wem man mit welchem Glas und Inhalt etwas Gutes tut. Das bedeutet: Aufmerksam sein und die Menschen wahrzunehmen, mit ihrer Freude oder in ihrem Leid.
Ich möchte sagen: mein „Marmeladen-Talent“ umfasst mehr, als einfach zu kochen.
Ich koche gerne Marmelade. Ich habe kein besonderes Geheimrezept und ich schreibe auch keine Zauberwörter auf die Etiketten. Es macht mir einfach Freude. Es macht mir vor allem Freude, anderen damit eine Freude zu machen.
Wer mit dem, was er hat und kann, einem anderen selbstlos hilfreich ist oder zu Herzen gehen kann – der hat eben ein ganz besonderes Talent! Sei es kochen, putzen, handwerkeln sowie auch zuhören, pflegen, Trost spenden. Also: gleiches gilt für das „Putzlappen-Talent“, das „Rasenmäher-Talent“ oder das „Babysitten-Talent“.
Und wer den Blick in unsere Gesellschaft lenkt, kann doch nur staunen über die Kreativität und Fähigkeiten, die Gott den Menschen geschenkt hat. Das stelle ich immer wieder in den Kirchengemeinden fest, in denen ich arbeite. Da gibt es viele talentierte Menschen mit unterschiedlichen Begabungen und Stärken. Die einen engagieren sich für Hilfsbedürftige, unterstützen Senioren, besuchen Kranke, singen im Chor. Die anderen bringen sich mit Rat und Hilfe im Kirchenvorstand ein oder bereichern mit ihrem Fachwissen die Immobilienwerkstatt.
Über eigene Talente und gute Fähigkeiten zu sprechen, kann prahlerisch wirken. Aber es kann auch mitreißen, begeistern und andere in den Bann ziehen. In der Bibel steht, dass keiner sein Licht unter den Scheffel stellen soll. Ich finde, das gilt auch für die Kirche allgemein. Sie hat so viel Gutes für die Welt zu bieten, dass es lohnt, darüber zu sprechen.
Aus Detmold grüßt Sie, Annkathrin Tadday
