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Kirche in WDR 3 | 16.10.2024 | 07:50 Uhr
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Guten Morgen!
Vielleicht sitzen Sie gerade beim Frühstück oder haben heute schon etwas gegessen. Mir reicht morgens meist eine Tasse Kaffee. Auf Brötchen oder Toast verzichte ich und das freiwillig. Mehr als 828 Millionen Menschen auf der Welt haben diese Wahl nicht. Sie hungern. Die Hälfte von ihnen lebt in Asien, ein Drittel in Afrika. (1). Hunger ist für sie alltäglich. Ich dagegen lebe im Überfluss. Zu oft vergesse ich: Nahrung ist nicht einfach nur Genuss - sie ist eine körperliche Notwenigkeit, überlebenswichtig. Sie liefert Nährstoffe und Energie. Und obwohl Nahrung so lebenswichtig ist, haben wir es immer noch nicht geschafft, sie gerecht zu verteilen.
Dabei könnten wir es wissen. In der Bibel, im Markusevangelium, wird von der Speisung der 5000 berichtet (Markus 6,30-44). Jesus ist zusammen mit seinen Jüngern bei einer großen Menschenmenge, 5000 sollen es sein. Es wird spät und die Leute haben Hunger. Die Jünger wollen, dass sie sich selbst etwas zu essen besorgen. Jesus aber sieht ihre Not und lädt alle ein. Die Jünger wundern sich, denn sie haben nur fünf Brote und zwei Fische. Wie soll das für 5000 reichen? Jesus teilt großzügig das wenige, das sie haben, und alle werden satt.
Diese Wundergeschichte hat mir schon immer gefallen. Sie ist so einfach und alltäglich. Die Leute haben Hunger und bekommen zu essen. Teilen ist eine wunderbare Form der Liebe. Und Teilen hat große Auswirkungen. Alles fängt damit an, dass ich mit anderen teile – selbst wenn es nur ganz wenig ist, das ich habe. Und dieses Teilen setzt das Wunder in Gang. Alle werden statt.
Man hat viel spekuliert, was da wohl passiert sein könnte damals bei Jesus. Vielleicht ist es so gewesen: Die Leute damals haben bei längeren Wanderungen immer was zu essen dabei. Es gibt schließlich nicht an jeder Ecke einen Kiosk. Mindestens Brot genug für die Reise tragen sie unter ihren Kleidern mit sich. Wenn sich die Wanderung verzögert, offenbart man den anderen nicht sofort, dass man noch einen kleinen Vorrat hat und nimmt gern, was einem angeboten wird. Jesu liebevolle Geste, alles zu teilen was er und seine Jünger haben, könnte die Herzen der Menge erweicht haben. Alle kramen hervor, was sie horten und alle werden satt.
In meinem Alltag ist das oft anders. Ich denke eher vom Mangel aus. Ich halte unter dem schützenden Mantel meiner Wohnung oder meines Bankkontos zurück was ich habe.
Oft aus Angst, am Ende selbst zu kurz zu kommen. Das Wunder der 5000 zeigt mir aber: Wenn ich mit Liebe weitergebe, was ich habe – dann entsteht eine große Fülle.
Wie wäre es, wenn diese biblische Idee auf die moderne Welt angewendet wird? Wenn Nahrung nicht mehr als Ware betrachtet wird, sondern als Geschenk an jedes Lebewesen. Wenn sie nicht mehr gehortet wird, sondern geteilt.
Ich bin im reichen Teil unserer Welt geboren. Ich hatte viel Glück. Doch damit habe ich auch eine Verantwortung.
Nahrung teilen kann auch heißen: Allen die Möglichkeit geben, sich selbst zu ernähren. Das bedeutet echte Gerechtigkeit.
Teilen ist immer ein Ausdruck von Liebe. Eine Liebe, die nicht das eigene Wohl an erster Stelle sieht. Eine Liebe, die alle im Blick hat. Eine Liebe, die darauf vertraut: Es ist genug da für alle. Alle können satt werden.
Das Wunder der Speisung der
5000 zeigt mir: Echte Gerechtigkeit entsteht da, wo ich bereit bin zu teilen
und zu helfen.
Und ein kleiner Nebeneffekt: Großzügig sein steht allen gut.
Ihr Pfarrer Oliver Mahn aus Köln.
Quellen:
(1) https://www.aktion-deutschland-hilft.de/de/fachthemen/natur-humanitaere-katastrophen/hungersnoete/welternaehrungstag/
(letzter Abruf 23.09.24)
Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze