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In Erwartung

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katholisch

Kirche in WDR 3 | 21.11.2024 | 07:50 Uhr

In Erwartung

Es gibt ein Bild, das mich seit meiner Schülerzeit begleitet.
Es ist der Holzschnitt des Künstlers Walter Habdank, den er 1975 unter dem Titel „In Erwartung“ erstellt hat. Mir begegnete er bei einer Frühschicht meiner Heimatgemeinde. Bei flackerndem Kerzenlicht haben wir die auf den ersten Blick seltsam knorrigen Gestalten, die den Stil Habdanks prägen, betrachtet. Sie scheinen alle vom Leben gezeichnet und doch wohnt ihnen eine Kraft inne. Sie haben nicht aufgegeben, sondern sie stehen hoch auf einem Turm und sind nicht nur mit den Augen, sondern mit der Haltung ihres ganzen Körpers in gespannter Erwartung. Sie haben auch mitten in der Nacht in der windigen Höhe des Turms die Hoffnung nicht aufgegeben, dass da noch etwas kommt.

Als Jugendlicher, der den tiefen Wunsch und den Glauben in sich trug, die Welt und auch die Kirche zu einem besseren Ort zu machen, hat diese Sehnsucht mich tief berührt. Mein Engagement in der Kirche und in der Politik habe ich als Möglichkeit erlebt, mich einzusetzen für das, was ich als das Gute und Richtige ansah. Und ich durfte erfahren, dass das auf Resonanz stieß. Nicht unbedingt in den Frühschichten, die schon damals eher mäßig besucht waren, aber z.B. in den Menschenrechtswochen, die wir mit einer politischen Jugendorganisation durchgeführt haben und mit denen wir den Saal der Gaststätte zum Goldenen Stern in Greven gefüllt haben. In Erinnerung geblieben ist mir z.B. eine Diskussion mit dem südafrikanischen Botschafter über das Apartheitsregime. Auch die scheinbare Aussichtslosigkeit einer jahrzehntewährenden und fest verankerten Unterdrückung konnte in uns die Sehnsucht nicht auslöschen, eine Stimme im großen Ruf nach Veränderung zu sein.

„In Erwartung“: Dieser Holzschnitt von Walter Habdank
wurde dann auch zu meinem Primizbild. Jeder Priester sucht sich zu seiner Priesterweihe ein Bild und einen dazu passenden Primizspruch aus - bei mir Worte, die der evangelische Theologe Dietrich Bonhoeffer aus der Kerkerzelle des KZs als Teil des Gedichtes „Von guten Mächten“ schrieb. Sie lauten: „Wir wissen es Dein Licht scheint in der Nacht“. Die Erfahrung meiner Jugend, aber auch die Begegnungen auf der Kinderonkologie und bei Lebensorientierungstagen mit jugendlichen Strafgefangenen während meiner Studienzeit hatten diese hoffnungsvolle Sehnsucht auch in der tiefsten Finsternis zu dem gemacht, was ich als Priester leben und vermitteln wollte.

In den Jahren als Priester habe ich lernen müssen, dass es Zeiten gibt, da fühlt man sich wie die Gestalten auf dem Turm einem scharfen Gegenwind ausgesetzt. Dann ringen ich, dass diese Sehnsucht in mir nicht verschüttet wird und dass sie nicht der Verbitterung oder der Resignation weicht. Denn was passiert, wenn aus der Sehnsucht das Sehnen weicht, hat Bischof Franz Kamphaus in einer Betrachtung dieses Holzschnittes offengelegt. Es bleibt die Sucht!

Wenn das Sehnen in uns stirbt und mit ihm die Hoffnung, dass es möglich ist, die Welt dem ein Stück ähnlicher zu machen, was wir Christen Reich Gottes nennen – dann lassen wir uns leichter gefangen nehmen von Dingen und Gedanken, die dem Leben nicht dienen. Dann lassen wir uns fesseln von materiellen Dingen, von sozialen Medien mit ihren Belohnungsmechanismen oder auch von der einfachen Wahrheit populistischer Ideologen - um die Leere zu füllen, die eine erloschene Sehnsucht hinterlässt.

Ein Schweizer Philosoph hat einmal von den „hoffnungslos Gesunden“ gesprochen. Die Gestalten auf dem Turm spüren vielleicht auch gerade deshalb die Sehnsucht, weil sie vom Leben verwundet wurden. Kann nicht diese Zeit des Unfriedens in der Welt und der Gesellschaft genau die sein, in der wir die Sehnsucht nach einer besseren Welt neu in uns wach werden lassen. Ich wünsche es Ihnen und mir!

Aus Münster grüßt Sie herzlich!


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