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Raus aus der Kirche – mit 80

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katholisch

Kirche in WDR 3 | 04.12.2024 | 07:50 Uhr

Raus aus der Kirche – mit 80

Bei mir gibt es eine feste Tradition: Einmal im Jahr mache ich gemeinsam mit einem Freund eine Gruppenreise. Ich freu mich da immer riesig drauf: Denn da lerne ich nicht nur tolle Orte kennen, sondern auch mitunter spannende Menschen.

Ein Gespräch ist mir immer noch, drei Jahre später, in Erinnerung. Das war auf einer Busreise durch Albanien. Abends sind wir in einer kleinen Runde zusammen. Mir gegenüber sitzt ein freundlicher, total sympathischer Mann, circa 80 Jahre alt. Wir quatschen über dies und das und auf einmal redet er über sein Hobby: Orgel spielen. Das weckt sofort mein Interesse. Schließlich ist die Kirchenmusik für mich als Priester eine ständige Begleiterin. Wobei: Dass ich Priester bin, habe ich ihm nicht direkt unter die Nase gerieben. Ich war ja im Urlaub. Wie auch immer: Interessiert frage ich nach und er erzählt von der kleinen Gemeinde, in der er Orgel spielt und in der er sich heimisch fühlt. „Ich bin zwar schon etwas älter, aber was soll ich sagen: Die sind immer noch froh über jeden, der Orgel spielen kann“, erzählt er schmunzelnd.

Soweit so gut. Aber dann erzählt er noch, wie er zu seiner Gemeinde gekommen ist und da wendet sich das Gespräch für mich abrupt. Plötzlich fühle ich mich direkt angesprochen, herausgefordert. Eigentlich sei er nämlich katholisch gewesen. Aber vor einem ist er Jahr ausgetreten. „Ich habe es einfach nicht mehr ausgehalten.“, sagt er und ergänzt, seine Frau würde das nie machen, aber bei ihm ginge es einfach nicht mehr. Nach dem Austritt habe er sich umgeschaut und dann die kleine evangelische Gemeinde gefunden, die froh ist, dass er da ist.

Als er mir das so erzählt, habe ich das Gefühl, er zeigt direkt auf mich. In meinem Kopf rattert es: Wie soll ich reagieren? Muss ich ihm jetzt nicht doch sagen, dass ich katholischer Priester bin? Muss ich ihm nicht zeigen: katholisch sein, kann trotz aller Skandale schön sein? Und schau doch: ich bin auch Amtsträger dieser Kirche und wir sind uns beide so sympathisch! Mitten in meinem Urlaub hab ich mich gefordert gefühlt, mein katholisch-Sein, mein Priester-Dasein zu rechtfertigen.

Schließlich feiert die Kirche ja ihre mutigen Bekennerinnen und Bekenner, also die, die sogar im Angesicht des Todes ihren Glauben bezeugt haben – z.B. heute die Heilige Barbara. War es also Zeit für „Simon, den Konfessor?“ Wäre nicht zumindest ein kleiner Missionsversuch nötig?

Gott sei Dank habe ich nichts dergleichen getan. Stattdessen habe ich geschwiegen. Ich spürte sehr schnell in mir einen tiefen Respekt vor der Entscheidung dieses älteren Mannes, der nach über 80 Jahren die katholische Kirche verlassen hat: Er hat es sich nicht leichtgemacht, er liebt die Kirchenmusik und glaubt an Gott.

Seine Erzählung hat mir weh getan, klar und ich spürte schnell: Ich kann seine Entscheidung nicht begrüßen, aber genau so wenig wollte ich ihr widersprechen. Und glauben Sie mir: eigentlich streite eigentlich gerne für meine Position. Aber: Völlig verwegen, hochmütig und unangebracht erschien es mir, ihn vom Gegenteil überzeugen zu wollen!

Und irgendwie war dieses Gespräch für mich eine wichtige Lektion: Manchmal ist es besser, zu schweigen. Es gibt Verletzungen und Entscheidungen, die müssen ausgehalten werden. Die müssen im Raum stehen dürfen, ohne sie zu hinterfragen.
Daher war Schweigen in dieser Situation mein Weg – ich habe es nicht bereut.


Dass Sie die richtigen Worte finden – auch wenn die richtigen Worte manchmal keine Worte sind, das wünscht Ihnen am Barbara-Tag,


Pastor Simon Schwamborn aus Dortmund

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