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Kirche in WDR 3 | 12.02.2025 | 07:50 Uhr
Geburtstagskalender
In meiner Küche hängt ein Kalender. Gut sichtbar, auch beim Kafffekochen. Und ich habe da die Geburtstage eingetragen von Verwandten, Freunden und Bekannten. Natürlich könnte ich das auch digital machen. Aber auf diesen Kalender möchte ich nicht verzichten: Durch ihn werde ich schon morgens beim Frühstück daran erinnert, wenn ein lieber Mensch heute seinen Ehrentag hat.
Die Einträge im Kalender sind mehr als bloße Erinnerungen an Daten: Sie sind Brücken. An ihrem Geburtstag denke ich an die Menschen, die ich im Herzen trage. In den hektischen Tagen des Alltags schaffe ich es nicht immer, den Kontakt zu halten. Vorgestern hat mich mein Kalender an den Geburtstag von einer Tante erinnert. Die habe ich dann endlich mal angerufen und mich längerer Zeit mal wieder bei ihr gemeldet.
Es ist erstaunlich, wie viel Freude ein solcher Gruß bereiten kann – kennen Sie sicher auch. Mein Küchenkalender hilft mir dabei, meine Lieben nicht aus dem Blick zu verlieren. Er ist meine Brücke zu ihnen.
In den letzten Jahren hat er aber noch eine andere „Brücken-Funktion“ bekommen. Immer häufiger trage ich nicht nur Geburtstage, sondern auch Sterbetage ein. Auf den ersten Blick wirkt das vielleicht seltsam – da muss ich ja niemanden mehr anrufen oder anschreiben. Aber ich orientiere mich damit an der christlichen Tradition. Da werden nämlich die Feste von Heiligen an deren Sterbetag gefeiert. Der Tod ist für mich als Christ wie eine „Geburt ins ewige Leben“. Ich glaube: Nach dem Tod beginnt etwas ganz Neues, das wir jetzt freilich so wenig kennen wie das Baby die Welt, in die es hineingeboren wird. Aber dieses Neue wird kommen!
Mein Blick auf die Sterbetage hat sich durch meinen Glauben verändert. Natürlich bin ich dann auch etwas traurig, wenn ich an meine verstorbene Cousine oder Oma oder meine Patentante denke. Aber gleichzeitig erinnert mich jeder Sterbetag meiner Lieben an den „Himmel“ und daran, dass die Lebensgeschichte eines Menschen mit dessen Tod nicht zu Ende ist.
Von dem evangelischen Theologen Dietrich Bonhoeffer ist ein Gedicht überliefert. Bonhoeffer starb bekanntlich durch die Hand der Nazis. Aus diesem Gedicht spricht die Zuversicht eines gläubigen Menschen:
Wir treten aus dem Schatten bald in ein helles Licht.
Wir treten durch den Vorhang vor Gottes Angesicht.
Wir legen ab die Bürde, das müde Erdenkleid;
sind fertig mit den Sorgen und mit dem letzten Leid.
Wir treten aus dem Dunkel nun in ein helles Licht.
Warum wir’s Sterben nennen? Ich weiß es nicht.[1]
Dieses ‚helle Licht‘ hinter dem Schatten erhoffe ich für alle lieben Menschen, die mir durch den Tod genommen wurden. Ihr Sterbetag steht in meinem Küchenkalender als Geburtstag des ewigen Lebens.
Aus Paderborn grüßt Sie herzlich Pastor Achim Hoppe
[1] https://www.evangeliums.net/zitate/dietrich_bonhoeffer_seite_16.html
