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Kirche in WDR 3 | 19.02.2025 | 07:50 Uhr
Komm, ich lad dich ein
Guten Morgen.
„Hast Du Lust, mitzukommen?“, fragt sie mich. Meine Lieblingsband ist auf Europatournee und spielt in unserer Kirche. Ich mache hier meine Ausbildung bei ihr, der Gemeindepfarrerin. Unsere Kirche wird von zahlreichen Veranstaltern für Konzerte genutzt – jetzt also eins mit meiner Lieblingsband.
Ich zögere ein bisschen… Klar, ich würd gern. Aber das Geld ist knapp. Ich brauche ein kleines Auto für die Arbeit, eine eigene Wohnung… da sind nicht so viele Extras drin. Während ich noch überlege, was ich machen soll, sagt sie: „Komm, ich lad´ dich ein. Hier, die Karten habe ich schon. Ich freue mich, wenn wir zusammen hingehen. Klaus kommt auch mit.“
Ganz selbstverständlich ist es für sie. Sie ist aufmerksam. Erkennt, was eine braucht. Was einem Freude macht. Wo rasch gehandelt werden muss.
Ganz selbstverständlich und unaufdringlich lädt sie ein, teilt aus. Ein besonderes Buch, eine Eintrittskarte, ein Essen. Ihre Zeit. Ihre Aufmerksamkeit. Ihr Ohr. Ihr Wissen. Ihre Kontakte. . Sie teilt Liebe aus. An vielen Orten. An viele Menschen.
Ich greife zu. Und freue mich riesig auf diesen Abend mit Peggy – so heißt sie - und Klaus, dem Kollegen. Erst ist es mir ein bisschen unangenehm. Aber als ich sehe, wie ihre Augen leuchten, als ich die Karte nehme, denke ich: Sie gibt es wirklich gern und freut sich, dass ich mich freu.
Und genau das ist der Schlüssel, warum ich mich gut fühle, wenn sie mir Gutes tut. Sie tut es nicht, um etwas zurückzubekommen. Sie tut es nicht, weil sie muss. Sie tut es, weil sie möchte, dass es jemandem gut geht. Aus Liebe. Einfach so. Vielleicht ist es ihr Charakter. Vielleicht kommt diese Liebe zum Menschen aus ihrem Glauben. Als Christin liest sie die Bibel. Da steht:
„Jeder gebe so viel, wie er sich im Herzen vorgenommen hat - nicht mit Verdruss oder aus Zwang. Gott liebt fröhliche Geberinnen und Geber.“ (Die Bibel, 2. Korinther 9,7)
Bei ihrer Beerdigung ist die Kirche brechend voll. So viele Menschen. Soviel Liebe hat sie gesät. Wir weinen sehr. In den Tränen spiegeln sich die Freude, die Liebe und die Hoffnung, die sie uns geschenkt hat. Das Leuchten in ihren Augen, das verschmitzte Lächeln dazu, das: Komm, ich lad dich ein. Ich hör dir zu. Ich sehe, was du brauchst. Alles das ist jetzt erloschen. Aber es bleibt in meinem Herzen. Wenn ich zurückdenke, dann sehe ich soviel Großzügigkeit in meinem Leben. Immer wieder war da jemand, der weitergeholfen hat – ganz praktisch oder mit einem guten Rat. So viele, die mir eine Freude gemacht haben – absichtslos, liebevoll, überraschend. „Da muss ich jetzt doch was zurückgeben,“ hab` ich oft gedacht und es nicht auf die Reihe gekriegt. Wie du mir so ich dir, ist so ein Spruch aus meiner Kindheit. Dieser Satz führt in die Irre. Das muss gar nicht direkt zurückfließen.
Gott, so heißt es, hat die Menschen reich beschenkt – mit Glauben, guten Worten, Weisheit, Barmherzigkeit und Liebe. (Die Bibel Einheitsübersetzung, 2. Korinther 8,7) Und ihm kommt es darauf an, wie ich das weitergebe. Mit Liebe. Mit Wohlwollen. Weil ich möchte, dass es ihm oder ihr gut geht.
Mit dem, was mir zur Verfügung steht. Ein Ohr. Ein Rat. Eine Hand. Zeit. Eine Eintrittskarte. Geld. Eine Blume. Ein Essen. Da wo ich grad steh`. Dankbar für alles, was ich habe und mit Freude, wenn es jemandem besser geht. Wenn es ihm guttut. Wenn sie in allem Schmerz lächeln kann. So fließt Gottes Liebe durch die Welt von dir zu mir zu ihm zu ihr.
Segen reichlich für heute wünscht Ihnen,
Petra Schulze, Rundfunkpfarrerin in Düsseldorf.