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Kirche in WDR 3 | 17.03.2025 | 07:50 Uhr
Der Freudeschenker
Autorin:
Guten Morgen!
Vor wenigen Tagen treffe ich am Rheinufer bei strahlendem Wetter zufällig auf einen Mann, den ich aus der Gemeinde kenne. Herr M. sitzt im Rollstuhl und trägt einen altmodischen Fotoapparat um den Hals. „Ich mache Momentaufnahmen“, sagt er. Sein einziges Kriterium: Das Bild soll energiereich sein! Er sagt: „Ich habe mir angewöhnt, bei einem Besuch, statt Blumen lieber ein persönliches Foto mitzubringen.“ Aus diesem Grund ist er hier unterwegs: Er fängt „Augenblicke der Freude“ ein. Und das Foto muss auf jeden Fall einen Impuls zum Weiterdenken auslösen; erst bei ihm selbst, und dann hoffentlich beim Beschenkten. Neben den Fotos macht er seinem Freundeskreis auch schon mal „Geräuschegeschenke“: kleine Tonaufnahmen mit schönen, originellen, heiteren oder beruhigenden Geräuschen. Zum Beispiel das Rauschen eines klaren Bergbaches…
O-Ton: Klarer Bergbach (vorher und hinterher unterlegt)
Autorin: Oder – wenn es temperamentvoller sein soll: Fröhliche Stimmen auf einer Gartenparty…
O-Ton: Gartenparty
Autorin: Der Mann hat sich wirklich was einfallen lassen, denke ich. Und ich stelle mir sofort Gäste vor, die mir statt einer Pralinenschachtel eine kleine Audioaufnahme schenken - mit „Spatzengezwitscher“ zum Beispiel.
O-Ton: Spatzengezwitscher
Autorin: Wenn ich so ein Geräusch geschenkt kriegen würde, würde ich sofort an die Schönheit der Natur denken: an die Vögel und den Himmel und - davon inspiriert - vielleicht auch an einen Psalm aus der Bibel. In einem heißt es: „Die Himmel erzählen die Ehre Gottes“. Etwas in der Art würde mir vielleicht einfallen. Ein erfreulicher Gedanke, der mein Herz leichter macht.
Herr M. bleibt mit seiner Suche nach Fotomotiven und inspirierenden Geräuschen aufmerksam für das, was der Tag an Schönem bereithält. Herr M. ist offensichtlich in der Lage, sich „inspirieren zu lassen“. Bewusst oder unbewusst wird er beflügelt, das Leben einen Wimpernschlag lang mit anderen Augen zu sehen… Eben noch waren das die ganz normalen Singvögel, die jeden Tag hier herumfliegen. Und dann - mit einem Klick auf den Auslöser - entsteht auf einmal ein kostbares Zeichen für die Schönheit und den Glanz der Natur.
Allein die Tatsache, dass Herr M. mit seinem Rollstuhl ans Rheinufer fährt, um mit einem uralten Fotoapparat bzw. einem Audio-Aufnahmegerät eine Sekunde „Leben“ einzufangen, begeistert auch mich. In gewisser Weise ist Herr M. viel beweglicher, kreativer und offener als manch anderer; und er ist außerdem ein schönes Beispiel für einen Menschen, der nicht nur sich selbst im Sinn hat…
Denn das Schönste, was bei einer guten Inspiration herauskommen kann, ist ja: Ich fühle mich motiviert, andere Menschen damit zu beschenken. Was immer mir auch gerade einfällt… Vielleich reicht auch ein interessanter Gedanke; irgendwo aufgeschnappt und niedergeschrieben. Einfach gute Impulse zum Weiterdenken.
Ich wünsche Ihnen heute einen Tag randvoll mit guten Möglichkeiten, denn ein schöner Augenblick kann Flügel verleihen…
Ihre Pfarrerin Nicola Thomas-Landgrebe aus Köln.
Quellen: „Die Himmel erzählen die Ehre Gottes“, Psalm 19,2
Geräusche: selbst aufgenommen von Nicola Thomas-Landgrebe
Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze
