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Kirche in WDR 3 | 21.04.2025 | 07:50 Uhr
Tag der offenen Tür
Wir sind spät dran: Parkplatz suchen und dann noch die richtige Adresse finden. Dann stehen wir endlich vor der Tür und klingeln. Nichts passiert. Da sind auch keine anderen Leute, mit denen wir fest gerechnet hatten. Langsam bekommen wir Panik. Dann die erlösende Stimme: „Kommt rein! Die Tür ist doch offen. Wir haben schon auf euch gewartet.“ Buchstäblich stehen wir vor einer offenen Tür und haben das nicht bemerkt. Nun: Auch Pfadfinder finden manchmal vielleicht den Pfad, aber nicht die offene Tür. Damals war es ein Pfadfindertreffen, bei dem die Aufregung und Sorge uns fast blind gemacht hatte für das Offensichtliche. Und damit hatte die Situation vielleicht nicht offensichtlich, aber sehr wohl etwas zu tun mit dem, was es mit dem Ostermontag auf sich hat. In vielen Gottesdiensten wird heute ein Abschnitt aus dem Lukasevangelium vorgelesen. Der Evangelist erzählt von zwei Jüngern, die drei Tage nach der Kreuzigung Jesu unterwegs in das Dorf Emmaus sind. Auf dem Weg treffen sie einen Unbekannten. Sie erzählen ihm, dass sie auf dem Weg in ein Dorf namens Emmaus sind und dass einige der Jüngerinnen und Jünger glauben, Jesus sei auferstanden. Im Dorf angekommen, bitten sie den Unbekannten bei ihnen zu bleiben, weil es schon Abend geworden ist. Das Offensichtliche erkennen sie erst, als der Unbekannte mit ihnen das Brot bricht. Da gehen ihnen die Augen auf: Es ist der Herr. Unterwegs waren diese Jünger aufgeregt über das, was über Jesus erzählt wurde. Ihr Blick war verstellt. Vielleicht haben sie sich Sorgen gemacht, wie es weitergehen soll mit ihrer Gemeinschaft und wohin die Trauer und die Aufregung noch führen werden.
Der Ostermontag heute bedeutet deshalb für mich, darum zu beten, dass auch mir die Augen aufgehen. Meine Aufmerksamkeit richte ich häufig auf das, was schieflaufen kann. Eigene Fehler zu erkennen und Gefahren richtig einzuschätzen, gehört sicher zu den wichtigsten Fähigkeiten, heil durchs Leben zu kommen. Aber: Dabei gerät schnell aus dem Blick, was gelingt. Vor der offenen Tür dachten wir damals vielleicht genau deshalb daran, dass wir am falschen Ort waren. Wir hatten uns Sorgen gemacht und ausgemalt, was wir alles falsch gemacht haben könnten. Dabei hatten wir dann die offene Tür übersehen. Dazu brauchten wir den Weckruf der anderen: „Kommt doch rein!“
Aufmerksam für die Gegenwart Jesu wurden die Jünger in Emmaus, als er mit ihnen das Brot brach. Dabei kann man viel darüber nachdenken, wie charakteristisch diese Geste in den Augen der Jünger für Jesus gewesen sein muss. Schon vor seinem Tod hatte Jesus beim letzten Abendmahl gesagt: „Tut dies zu meinem Gedächtnis“. Für mich ist entscheidend, dass der Umgang mit ihm ihnen die Augen geöffnet hat. Ich denke, es ist schwer, die Grenzen der eigenen Sichtweise einzusehen. Aber wenn ich mich auf Gott einlasse, kann ich nicht an meiner eigenen Sicht als einziges Maß der Dinge festhalten. Sowohl die Aufmerksamkeit für eigene Fehler als auch die Aufmerksamkeit für seine Lösungen kann dann wachsen. Dann kann es sogar sein, dass sich meine Sicht auf Probleme verändert und ich viel eher Lösungen und Chancen erkenne.
Der Ostermontag ist für mich deshalb wie ein Schlüssel zu vielen anderen –verschlossenen – Tagen des Jahres. Da wo ich aufmerksam bin für das Offensichtliche, öffnet es Wege, die mir vorher aus dem Blick geraten sind.
Einen schönen Ostermontag wünscht ihnen Manuel Klashörster aus Delbrück.