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Kirche in WDR 3 | 16.06.2025 | 07:50 Uhr
Onkel-Hans-Peter-Momente
Neulich hatte ich mal wieder meinen Onkel-Hans-Peter-Moment.
Dabei ist der schon lange tot. „Auch schon tot“, wie meine Mutter sagen würde. Und
trotzdem: Plötzlich war ich wieder Kind. Das Kind auf dem Geburtstag von Onkel
Hans-Peter. In dieser Straße mit den Erlen.
Zwischen Bücherregalen und Pils-Gläsern. Zwischen
Kuchen und Erdnüssen. Dämmriges Licht. Massiver Couchtisch. Rauch in der Luft –
Fenster zu. „Was uns nicht umbringt, macht uns nur stärker …“ – öhm, naja. Im
Hintergrund dudelt die ABBA-Gold-CD in Endlosschleife. Tante Hanne – die eigentlich
gar keine Tante ist – mutiert zur Dancing Queen. Ich spiele Krieg. Blaue gegen
rote Figuren auf dem Spielbrett von Risiko.
Dann ist es 22 Uhr. Spätestens nach dem dritten „So“ (gefolgt vom obligatorischen Oberschenkel-Klatscher) ist Schluss. Licht aus. Heizung aus. Onkel Hans-Peter war da sehr … konsequent. Wenn die Verwandtschaft es nicht merkt, hilft man eben nach.
Und trotzdem: Alles war irgendwie leicht. Witzig. Warm. An die Geburtstage bei Onkel Hans-Peter habe ich ganz wohlige Erinnerungen. Auch wenn die Feiern immer abrupt endeten. Selbst der Krieg mit den Risiko-Figuren war ein Kinderspiel. Heute sieht das anders aus. Heute gibt’s den echten Krieg: In der Ukraine, im Gaza-Streifen. Im Sudan. Krieg zwischen Freiheit und Faschismus. Krieg der Zölle. Vieles ist schwer geworden.
Und genau da tun mir solche Momente gut. Diese
Onkel-Hans-Peter-Momente, in denen zwar nicht alles perfekt war, aber warm,
wohlig, leicht. Denn sie erinnern mich daran, dass ich nicht gefangen bin. Im
Hier und Jetzt.
Dass da ein Schatz ist. Tief
in mir. Versteckt – aber nicht weg. Meine Erinnerungen. Und so ist das auch mit Gott. Vielleicht
denke ich nicht ständig an ihn. Vielleicht bete ich nicht täglich. Aber wenn
ich ihn brauche – kommt er mir in den Sinn. Dann muss ich nicht, aber dann kann
ich beten. Und dabei nichts falsch machen. Selbst wenn das Licht ausgeht. Und es kalt um
mich herum wird.
Kommen Sie gut in diese Woche, mit hoffentlich schönen Momenten,
Ihr Stephan Orth aus Münster.