Beiträge auf: wdr4
Kirche in WDR 4 | 19.05.2025 | 08:55 Uhr
Marias von St. Agnes
Heute ist wieder Montag, und weil heute Montag ist ist das Wochenende auch schon wieder vorbei. Tja. Und bei uns in St. Agnes, da beginnt die Woche mit was total Schönem. Gestern haben die Frauen von Maria 2.0 bei uns in der Kirche eine Ausstellung eröffnet. In der erzählen sie von dem, was sie nun schon seit über sechs Jahren machen. Vielleicht haben Sie von Maria 2.0 schon mal in den Medien gehört. Ich finde, diese Frauen sind ein Segen für die Kirche. Klar: Die Marias erzählen in ihrer Ausstellung auch von ihrem Protest. Davon, wie sie darum kämpfen, nicht länger ignoriert zu werden von den Männern, die in der katholischen Kirche ja weitgehend das Sagen haben. Maria 2.0. lässt einfach nicht locker. Ich schäme mich nicht zu knapp, dass ich das – als Mann in der katholischen Kirche – immer noch sagen muss. Wie lange wollen wir eigentlich noch darüber diskutieren, ob Frauen in der Kirche was zu sagen haben dürfen? Ich meine, im Krankenhaus fragt auch niemand: „Ist das auch ein Mann, der mich operiert?“ – noch nicht mal ein Kardinal. Hauptsache, der entzündete Blinddarm wird zügig rausgenommen. Und in Kitas werden händeringend männliche Erzieher gesucht, weil alle längst gemerkt haben: Kinder brauchen beides. Männer und Frauen. Starke unterschiedliche Menschen beiderlei Geschlechts. Als Orientierung. Damit die Heranwachsenden die werden können, die sie sind.
Wenn Jesus eins deutlich gemacht hat, dann doch wohl das: Was die Welt nun ganz und gar nicht braucht, das ist Verachtung und Ausgrenzung. Hier sind wir, da sind die Anderen. Die geschundene Welt braucht Zuwendung, Zuneigung und Verbindung. Die Bibel ist voll von diesen Erzählungen, die segensreich sind und heilen. Die Liebe kennt keine Grenzen. Geschlechtergrenzen schon mal gar nicht. Im Gegenteil. Die Liebe soll fließen, das ist der Kern des Evangeliums. Über alle denkbaren Grenzen hinweg. Über die menschengemachten sowieso. Denn die Welt brennt an allen Ecken. Klimakrise. Kriege. Armut. Polarisierung in der Gesellschaft und in der Politik. Bitte nicht auch noch in der Kirche. Wir haben echt andere Sorgen. Und vor allem: Hat nicht die Kirche eigentlich ein Gegenmodell? Nämlich in der Art von „Liebe – und dann tue, was du willst?“ Ich stelle mir für einen Moment vor, wie wunderbar eine Welt wäre, in der die Kirche wirklich mit aller Kraft voran ginge und dieses Bild nicht nur wie eine Monstranz vor sich hertrüge – sondern mit allen Poren lebte. Wie großartig wäre das…
Wer schon einmal bei einem Montagsgebet von Maria 2.0 bei uns in der Agnespfarrei dabei war – der bekommt das mit. Ohne die Marias würde es bei uns diese multireligiösen Gebete nicht geben. Zwei Mal im Jahr finden sie in der Agneskirche statt. Mögen anderswo religiöse Führer noch immer despektierlich mit dem Finger aufeinander zeigen: Bei uns in der Agneskirche lagen sich schon jüdische und muslimische Frauen in den Armen. Wer hat es ermöglicht? Na klar: Die Marias von St. Agnes. Denn die Liebe Gottes fragt nicht nach Bart oder Brustgröße. Sie fragt nach Herz und Verstand. Das leben die Frauen von Maria 2.0. Und das ist gut für alle. Nicht nur an einem Montagmorgen.