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Sonntagskirche | 13.04.2014 | 08:55 Uhr

Hosianna – Kreuzige ihn

Guten Morgen, liebe Hörerinnen und Hörer. Gerade in diesen Minuten kommen viele Kinder an meiner Wohnung vorbei. Sie sind auf dem Weg zum Haus Katz, einem alten Herrensitz bei uns mitten in Jüchen. Dort treffen wir uns gleich und spielen das Geschehen nach, an das der heutige Sonntag erinnert: Jesus kommt kurz vor seinem Tod nach Jerusalem. Dort wird er begeistert empfangen. Ihn hat das nicht sonderlich beeindruckt damals, er kam auf einem Esel in die Heilige Stadt. Er wusste genau, was ihn dort in einigen Tagen erwartete. Alles nur eine Frage der Zeit, dann würde er ans Messer geliefert. Und es sind sicher viele dabei gewesen, die ihm am sogenannten „Palmsonntag“ zugejubelt hatten, um schon wenige Tage später „Ans Kreuz mit ihm“ zu schreien.

Öffentliche Meinung ist etwas schnell Wandelbares. Das haben wir in den letzten Wochen und Monaten gesehen: Steuersünder, Fussballbosse, Bischöfe, Präsidenten, Minister, Abgeordnete, Sportler – die Reihe von denen wird länger und länger, die solchermaßen im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses standen und stehen. Menschen, denen wir zujubeln, die wir feiern, die viele sogar vergöttern. Und an irgendeinem Punkt kippt dann die Stimmung. Da tauchen dann plötzlich erste Hinweise auf: War das wirklich alles so gut und richtig, was der Umjubelte so gemacht hat? Mit gleißenden Scheinwerfern wird dann das Leben durchleuchtet. Und in irgendeiner dunklen Ecke plötzlich ein ebenso dunkler Fleck: Da haben wir ihn! Dann geht es los: Hab ich es nicht immer schon gesagt? Irgendwas hat der doch zu verbergen, irgendein dunkles Geheimnis schleppt die doch mit sich herum. Gerüchte machen die Runde. Dann erste Gewissheit: Siehst du – ich habe es doch gesagt – aber mir hat ja keiner geglaubt.

Sicher: Wer hoch steigt kann auch tief fallen, sagt die Volksweisheit. Aber dennoch fühle ich mich in der Rolle derer, die es ja schon immer gewusst haben, nicht sonderlich wohl. Ich sehe mich in der ständigen Gefahr, regelrecht den Überblick zu verlieren. Was ist richtig – was falsch? Welchen Aussagen kann man noch trauen? Welche Informationen führen zu welchen Ergebnissen? Habe ich bei einem Urteil wirklich alle Facetten des fraglichen Falls berücksichtigt?

Jesus hat damals die bittere Erfahrung machen müssen, dass er, auch getrieben von der öffentlichen Meinung, auf seinen Leidensweg geschickt wurde. So etwas unmenschliches wie damals unter den barbarisch herrschenden Römern gibt es aber doch heute sicher nicht mehr. Da wird doch kein Mensch mehr durch die Stadt getrieben und vor den Toren dann ans Kreuz geschlagen. Oder? Die Methoden sind vielleicht feiner geworden – aber sie sind nicht weniger effektiv. Was ist mit den Menschen, die freiwillig aus dem Leben scheiden, getrieben von der Häme ihrer Zeitgenossen. Nicht immer, indem sie gleich Selbstmord begehen. Sie verabschieden sich von jeglichem Kontakt, brechen alle zwischenmenschlichen Brücken ab. Leben zwar noch körperlich, sind aber eigentlich schon tot. Vielleicht haben sie ja schon selbst die Erfahrung gemacht, von einem lieben Mitmenschen auf’s Kreuz gelegt worden zu sein. Kein gutes Gefühl. Eines, das nach Vergeltung schreit. Doch an diesem Punkt kommt wieder Jesus ins Spiel, wie er auf seinem Esel durch die Straßen von Jerusalem reitet. Kein König von dieser Welt. Keiner, der sich in den Kategorien dieser Welt wohlfühlt. Keiner, der sich feiern lässt, obwohl er weiß, dass schon bald alles vorbei sein würde. Er geht unbeirrt von der öffentlichen Meinung seinen Weg. Mit einigen Sätzen hätte er vor Pilatus seinen Kopf aus der Schlinge ziehen können – nichts davon. Er schweigt, als der mächtige Statthalter ihn befragt. Jesus ist von seiner Mission überzeugt. Er hängt sein Fähnchen nicht nach dem Wind. Und er macht Mut, diesem Beispiel zu folgen. Welche Konsequenzen das hat, werden wir in dieser Woche wieder hören: Prozess, Kreuzweg, Tod am Kreuz.

Und plötzlich tun sich ganz neue Blicke auf: All‘ die öffentlich gebrandmarkten Missetäter erscheinen in einem neuen Licht. Ja, so sehr mich auch die gesellschaftlichen Abstürze einiger Promis mit Genugtuung erfüllt haben - mir brennt sich neu der Satz ein, den Pilatus über Jesus kurz vor der Verurteilung sagt: Seht den Menschen! Hoffentlich wird da mein „Hosianna!“ etwas leiser – und auch das „Kreuzige ihn!“ damit nicht mehr so schnell und vehement ausgerufen.

Einen neuen Blick auf all‘ die, die oben stehen, wünscht ihnen an diesem Palmsonntag Ulrich Clancett aus Jüchen.

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Coparight Vorschaubild: Michael Beat CCO BA 2.0 (flickr)

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