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Kirche in WDR 4 | 18.07.2014 | 08:55 Uhr
Frieden stiften
Guten Morgen, liebe Hörerinnen und Hörer,
zur Zeit scheint es in der Welt drunter und drüber zu gehen. Ich spüre gerade in den letzten Wochen, dass mich die kriegerischen Auseinandersetzungen an vielen Orten nicht unberührt lassen. Gerade wenn es um Gewalt im Namen der Religion geht, spüre ich Unbehagen. Von Menschen, die an Gott glauben, wird doch erwartet, dass sie für den Frieden wirken. Denken Sie an das Friedensgebet vor wenigen Wochen, zu dem der Papst die Präsidenten Israels und Palästinas in den Vatikan eingeladen hat.
Frieden stiften – das war das Anliegen von Jesus Christus und seitdem von vielen Menschen, die in seiner Spur lebten. Das gilt auch für den Heiligen Benedikt, den Gründer des Benediktinerordens. Über vielen Klosterpforten steht das lateinische Wort „Pax“, Friede. Das ist kein Zufall, denn für Benedikt gehört der Einsatz für den Frieden ganz selbstverständlich zu einem Christen, zu einer Christin dazu. Es kommt für Benedikt „wesentlich darauf an, dass wir friedfertige Menschen, Friedensstifter, sind.“
So ist es nicht verwunderlich, dass dem Heiligen Benedikt in der katholischen Kirche schon vor langem ein Titel zugeschrieben wurde, der das ausdrücklich würdigt: Benedikt wird „Pacis Nuntius“, Friedensbote, genannt. Vor 1500 Jahren hat er in Mittel- und Süditalien gelebt. Benedikt mischte sich nicht in die große Politik ein. Aber er engagierte sich, wenn es um den Frieden ging. So wird berichtet, dass er König Totila, dem Herrscher der Goten, mit einer Mahnung zum Frieden gegenüber trat: Er bat ihn um Rücksicht für die Menschen, die unter Kriegszügen, Verwüstungen und Plünderungen am meisten zu leiden hatten. Totila war offensichtlich beeindruckt von diesem Einsatz Benedikts – und machte Frieden.
Frieden schaffen – oder sich für den Frieden engagieren – das war für Benedikt und dann auch für die Benediktiner durch die Jahrhunderte ein selbstverständlicher Auftrag.
Nun hat Frieden auch noch eine andere Dimension, für die wiederum die Klöster des Benediktinerordens stehen. In der Zeit des Heiligen Benedikt war die Kirche kein Ort der Orientierung und des Haltes mehr. Es gab in ihr – durchaus stärker als heute – schwere Auseinandersetzungen und Konflikte. Zudem war das gesellschaftliche Umfeld durch ein geistiges Vakuum geprägt.
Anselm Grün, der derzeit vielleicht bekannteste deutsche Benediktiner, beschreibt die Umstände so:
Sprecher:
„In dieser orientierungslosen und zerrissenen Welt hat Benedikt sein Kloster gebaut und für seine Mönche eine Regel geschrieben. In seiner Regel ist nichts von der Trostlosigkeit seiner Zeit zu spüren. Benedikt hielt sich nicht damit auf, die schwierigen Verhältnisse zu beklagen. Er baute eine kleine Gemeinschaft auf, die aus eigener Kraft leben konnte. Von dieser Gemeinschaft, die versuchte, miteinander in Frieden zusammen zu leben, ging eine Ausstrahlung aus, die auch für die verfeindeten Gruppen in ihrer Umgebung heilend war. … Von der Arbeit dieser kleinen Gruppe ging eine kultivierende Wirkung auf das ganze Abendland aus. Die Benediktiner wurden zu Trägern der abendländischen Kultur, und deshalb hat Papst Paul VI. den Heiligen Benedikt zurecht zum Patron Europas ernannt.“
Das war vor fünfzig Jahren, 1964. Als nach dem zweiten Weltkrieg die europäische Bewegung noch ganz am Anfang stand und Europa durch den Eisernen Vorhang geteilt war, konnte der Heilige Benedikt ein Zeichen sein für ein geeintes, friedliches Europa. Heute, wo sich das geeinte Europa schwer tut mit sich selbst und die tatsächlichen oder scheinbaren Gegensätze den inneren Zusammenhalt unseres Kontinents gefährden, könnte eine Besinnung auf Benedikt heilsam sein. Denn ich meine, dass Benedikt auch für uns heute deutlich macht: Wenn sich nur ein paar Menschen zusammen tun und sich miteinander konsequent für Gerechtigkeit und Frieden engagieren, hat das verändernde Kraft und findet Unterstützer.
Vielleicht haben Sie auch eine Idee, wo das mit Ihrem Einsatz deutlich werden könnte. Oder wodurch Ihnen das deutlich wird. Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Freitag. Aus Paderborn grüßt Sie Domvikar Michael Bredeck.
5. Nimm diese Regel als Anfang, 23.