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Kirche in WDR 4 | 07.11.2014 | 08:55 Uhr

„Ich glaube, ich habe meinen Glauben verloren“

Guten Morgen!

Wie man seinen Glauben angemessen verlieren kann? Puh, das ist eine schwere Frage an einen Priester. Eine Frau hatte mich angesprochen:

„Ich glaube, ich habe meinen Glauben verloren. Immer war ich in der Kirche aktiv, habe Gottesdienste mit vorbereitet, in der Bibel gelesen und gerne gebetet. Aber jetzt, jetzt weiß ich nicht mehr, ob ich überhaupt noch glauben kann.“ Die junge Frau, von der diese Sätze stammen ist da kein Einzelfall. Da ist der Glaube aus Kindertagen plötzlich nicht mehr plausibel.

Was soll ich einem Menschen in einer solchen Situation raten?

Zunächst einmal: Dieses Gefühl ernst nehmen und nicht sofort zu versuchen, den Glauben wieder herbeizureden. Ich musste damals an ein vorzügliches Buch des Schriftstellers Hans-Conrad-Zander denken, es trägt den vielsagenden Titel: „Von der rechten Art, den Glauben zu verlieren“. Dabei orientiert er sich an der Lebensklugheit des großen Kirchengelehrten des Mittelalters, Thomas von Aquin.

Ganz praktisch rät der Heilige Thomas bzw. Zander, den Verlust des Glaubens wie den Verlust eines geliebten Freundes oder einer Beziehung anzugehen. Und diesen dann entsprechend zu betrauern. Dies geschieht in mehreren Stufen. Insgesamt sorge man dafür, dass es Leib und Seele möglichst gut gehe: Man Esse genug und genussvoll. Man trinke gut und genieße z. B. Gute Weine. Und: man weine sich über den Verlust aus und spreche darüber mit einer Vertrauensperson.

Kurz: Man sorge für größtmögliches körperliches und geistiges Wohlbefinden, um dann über die eigene Situation reden zu können.

Der letzte und mit Abstand wichtigste Ratschlag ist aber der entscheidende: Man verzichte für mindestens zwei Wochen darauf, den alten Glauben durch einen neuen zu ersetzen.

Es geht also darum, einen echten Schlusspunkt zu setzen. Man soll bewusst aushalten, dass die alten Gewissheiten und Gefühle nicht mehr da sind. Diese Weisheit stammt von dem spanischen Mystiker Johannes vom Kreuz. Dieses Aushalten nämlich verhindert, dass man denselben Fehler in anderer Gestalt wieder begeht. Haben sie sich schon einmal darüber gewundert, warum manche Menschen sich in Beziehungsfragen immer und immer wieder demselben Typ Partner ausliefern, obwohl sie eigentlich wissen könnten, dass das nicht gut für sie enden wird ? Im Grunde ist das dieselbe Dynamik. Wer es nicht schafft, in sich aufzuräumen und sich etwas besser zu erforschen ist dazu verdammt, immer in die gleichen Muster zurückzufallen. Und so treffe ich viele, die der Kirche oder dem christlichen Glauben den Rücken abgewandt haben, in den Buchhandlungen wieder, in der Abteilung mit der einschlägigen Seelentrösterliteratur. Wer also tatsächlich vom Glauben Abstand nehmen will, der sollte einen sauberen Schlusspunkt setzen und sich nicht sofort retten in Zweit- oder Drittangebote zur Sinnstiftung, raten Hans-Conrad Zander und Thomas von Aquin. Wer es richtig machen will, braucht eine Zeit der Glaubensenthaltsamkeit. In dieser Zeit kann sich dann etwas neues entwickeln oder es ist Raum dafür, dass sich der verloren geglaubt Glaube noch einmal regen kann. Dass vielleicht unter dem zerschmetterten Kinderglauben sich doch noch ein erwachsenes Urvertrauen zeigt. Und wenn der Glaube wirklich weg ist, dann ist er nicht einfach so rausgeschlichen, sondern bewusst verabschiedet worden. Der jungen Frau habe ich diese Methode empfohlen. Es hat sie einiges an Zeit und Nerven gekostet, aber sie hat dadurch Freiheit und Abstand für sich gewonnen. Sie hat erfahren, dass da doch nicht alles für sie zu Ende ist und findet gerade heraus, wie es für sie weitergehen kann.

Ich wünsche allen, die in einer ähnlichen Situation stecken: Erlangen sie sich die Freiheit, sich bewusst von ihrem Glauben zu verabschieden. Und vielleicht entdecken sie ihn dabei sogar in neuer Gestalt wieder.

Ihr

Vikar Jörg Heinemann aus Attendorn

1* Zander, Hans-Conrad: Von der rechten Art, den Glauben zu verlieren“. Lit Verlag; Auflage: 3, Münster 2002

Copyright Vorschaubild: CCO Public Domain Pixabay

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