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Sonntagskirche | 05.01.2014 | 08:55 Uhr

Hätte, wäre, wenn

Zuerst würde ich ihnen die Mäntel im Flur abnehmen. Ohne Hektik. Damit sie von Anfang an das Gefühl verspüren: Ich habe wirklich Zeit für sie. Die Führung durch unser neues Haus würde ich langsam machen. Sie dürfen ruhig ihre eigene Betrachtungsgeschwindigkeit finden: Staunen über die großen Fenster. Und dann ihr Blick um die Ecke in das buntmöblierte Wohnzimmer. Der Garten wird betreten, der Rasen überprüft, Beete abgeschritten, Neupflanzungen bewundert. Aber vor allem die Aussicht. „Also Eure Aussicht, da hinten auf die Bergausläufer, phantastisch.“ Vom ersten Stock sieht man sogar einen kleinen beleuchteten Zug in der Ferne. Wie eine Spielzeugeisenbahn.

Gemütlichkeit im ganzen Haus. Und so gehört natürlich zu aller äußeren Schönheit jetzt das entspannte Niedersetzen auf die violette Couch und den roten und safrangelben Sessel. Und so nett auch hier das englische Kaffeeservice anzusehen ist, viel schöner sind jetzt unsere Gespräche, unser Austausch über dies und das, unsere Freude, so zeitlos zusammen sitzen zu dürfen. Wir erzählen ausführlich über unseren Alltag.

Was zum Beispiel eine Kirchengemeinde heute alles an Sparmaßnahmen auszuhalten hat. Und wie sehr der Schulalltag durch Riesenklassen zu leiden hat. Aber natürlich werden meine Frau und ich vor allem ihnen zuhören: Was ihr letzter Besuch beim Kardiologen ergeben hat. Wann sie für zwei Wochen in den Bayerischen Wald fahren werden. Und so vergeht am Ende nun doch die Zeit wie im Flug. Jetzt ist es draußen schon dunkel. Sie wollen nicht zu spät zu Hause sein. Schon mit ihren Wintermänteln an, umarmen wir uns fest im Flur: „War so schön bei euch, bis bald, Auf Wiedersehen, Auf Wiedersehen!“

Genau so würde ich es machen. Wenn es jetzt noch möglich wäre. Ich aber habe ihn oft genug vermasselt: Den Besuch meiner Eltern bei uns zu Hause. Das fing damit an, dass ich eigentlich gar keine richtige Zeit für sie oder gar Lust auf einen Besuch von ihnen hatte. Ich hatte oft ganz andere Dinge im Kopf. Endlich einmal die Schreibstapel wegräumen, irgendwelche anderen ganz, ganz wichtige Arbeitsvorhaben erledigen. Oder auch einfach mal nur Ruhe ganz für uns allein zu genießen.

Aber das geht jetzt alles nicht. Also nehme ich ein bisschen unsanft ihre Mäntel noch im Türrahmen entgegen. Schleuse sie rasch durch die Zimmer: Treppe, Küche, Bad. „So, jetzt habt ihr alles gesehen!“ Zu Bereden gibt es anschließend eigentlich auch nicht besonders viel. Sie würden ja meine Arbeitsprobleme sowieso gar nicht richtig verstehen. Und mich interessieren – ehrlich gesagt – ihre nächsten Arzttermine auch nicht so richtig. Nach gefühlten fünf Stunden ist die Besuchszeit jetzt endlich rum. Mäntel holen. Freundlich raus komplimentieren. Das war’s für längere Zeit. Und jetzt endlich: Ruhe, Frieden Entspannung.

In den letzten Wochen wache ich nachts öfters auf. Und schäme mich bis aufs Blut. Warum nur war ich zu ihnen oft so hektisch, oberflächlich, gefühlsarm gewesen? Wie gerne würde ich sie jetzt auch nur ein einziges Mal anders in Empfang nehmen. Ohne Hektik. Damit sie von Anfang an spüren: Ich habe mich wirklich auf sie gefreut. Aber das geht jetzt nicht mehr. Denn meine Eltern sind schon lange tot. Und so sinne ich um Mitternacht über den biblischen Vers nach:

„Kinder sollen sich den Eltern gegenüber dankbar erweisen, denn das gefällt Gott ganz besonders.“ (1. Timotheus 5,4).

Ich würde doch vieles gerne wieder gut machen wollen. Anders machen. Es ist zu spät. Aber Sie, liebe Hörerin und lieber Hörer, Sie haben vielleicht gerade dafür noch Zeit: Freundlich schon im Flur Ihre Eltern empfangen, geduldig mit ihnen sein und zuhören. Und sicherlich danach auch herrlich schlafen können. Das jedenfalls wünscht Ihnen von Herzen Pfarrer Max Koranyi aus Königswinter.

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