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Kirche in WDR 4 | 19.09.2015 | 08:55 Uhr

Man sieht sich immer zweimal

Der bullige Typ in der Lederkutte am Tisch richtet sich abrupt auf. Der schlichte Holzstuhl, auf dem er stundenlang gesessen hatte, fällt wie in Zeitlupe scheppernd nach hinten um. Nachdem die anwesenden Polizisten sich von dem lauten „Krach“ erholt haben, springen sie reflexartig nach vorne und reißen dem Riesen die Arme nach hinten. Auf der anderen Seite des Tisches sind die Kommissarin und ihr Kollege vor Schreck nach hinten gerutscht und haben instinktiv die Hand an den Halfter gelegt. Sie haben immerhin einen Mann vor sich, der im Verdacht steht, einen Konkurrenten beseitigt zu haben!

Noch wehrt sich der Verdächtige und die Polizisten ringen um Haltung und Übermacht. Doch schließlich haben sie ihn. Der Typ blickt die Kommissarin mit hochrotem und hassverzerrtem Gesicht an und spuckt vor ihr auf den Tisch. Dann zischt er zwischen den gelben Zähnen hervor: „Man sieht sich immer zweimal im Leben…“. Unheilschwanger bleibt dieser Satz im Verhörzimmer der Polizeidienststelle Süd hängen.

Dann ziehen die Polizisten den Mann zurück und zerren ihn zur Tür. Als er schnaubend den Raum verlässt, lehnt sich die Kommissarin zurück und atmet tief durch. Geschafft! Aber sie weiß auch: Sie ist nicht mehr sicher. Der Mistkerl hat Freunde, die nicht im Gefängnis sitzen. Mächtige Freunde. Sie wird nicht mehr ruhig schlafen können. Angst und Ausgeliefertsein überzieht den Raum wie mit Mehltau. Die Kommissarin schüttelt sich und steht langsam auf. Obwohl der Angeklagte den Raum längst verlassen hat, scheint er ihr noch immer zu drohen. Man sieht sich immer zweimal…

Guten Morgen. So oder ähnlich laufen wohl viele Krimis und immer bleibt am Schluss dieses unangenehme Gefühl der Beklemmung: Nicht mehr sicher zu sein. Ausgeliefert. Beobachtet. Jeder, der bereits einmal Opfer von Stalking geworden ist, kennt dieses Gefühl nur zu gut und es ist traumatisch. Das Leben kennt keinen Schutzraum mehr - etwas oder irgendwer droht immer, die Grenzen zu überschreiten und einen zu verletzen. Obwohl man in sicheren Mauern wohnt, scheint das Leben aus Glas zu bestehen. Das existentielle Urvertrauen ist ausgehebelt, es bleibt: Hilflosigkeit. Sich davon nicht beherrschen zu lassen, ist eine schwierige Aufgabe.

Manchen Menschen kommt dieser Gedanke auch bei Gott. Der sieht mich ja überall, der schaut in mein Herz, der kennt meine Gedanken. Und wenn ich auch keinen umgebracht habe - in Gedanken habe ich schon manchen Kollegen und Familienangehörigen gemeuchelt. Und sagt Jesus nicht, dass das genauso schlimm ist, wie es wirklich zu tun? Also lieber vor Gott verstecken. Der schleicht ja überall herum. Kennt einen auswendig. Unangenehm. Beängstigend.

Und traurig. Ein solches Gottesbild. Ein Gottesbild, auf dem Religion allzu leicht aufgebaut wird. Auf dem Druck des erhobenen Zeigefingers: „Du musst ein besserer Mensch werden, sonst… Du bist falsch, ich durchschaue dich!“ Gott selbst hat genug von so einem dunklen Bild. Er schickt Jesus auf die Erde und der macht es den Leuten vor: Es geht im Glauben nicht darum, ein besserer Mensch zu werden, sondern ein Liebhaber Gottes. Gott selbst will keine Angst machen, sondern uns Vertrauen ins Leben schenken. Von Gottes Güte kommt es, dass wir noch leben. Sein Erbarmen ist noch nicht zu Ende, seine Liebe ist jeden Morgen neu und seine Treue unfassbar groß. (Klagelieder 3,22-23) – So steht es in der Bibel. Diesem Gott zu begegnen, ist eine Wohltat - und das nicht nur zweimal, sondern am besten jeden Tag neu. Bei ihm einen Schutzraum zu finden, der nicht mehr verletzt werden kann, das ist ungemein heilsam. Auch für die Angstmomente des ganz normalen Alltags.

Ich wünsche Ihnen diesen Blick auf Gott, der keine Angst macht - und die Angst nehmen will. Ihr Pastor Christof Lenzen aus Eschweiler.

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