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Sonntagskirche | 06.12.2015 | 08:55 Uhr

Möhrentausch

Guten Morgen!

Es war der Morgen des 6. Dezember. Acht Jahre war ich damals alt und ging in unser kleines Badezimmer. Und eben dort traf mich nun der Schlag: Auf dem plüschbezogenen Badehocker lag immer noch die Möhre, die ich am Abend zuvor eben dort sorgfältig hingelegt hatte.

Nun muss man wissen: Dieser Brauch stammt ursprünglich aus den Niederlanden und wurde in der Nacht vor dem Sinterklaas, dem dortigen Nikolausfest, gefeiert. Meine Eltern hatten eine Zeitlang in Holland gewohnt und deshalb war es für sie eine Selbstverständlichkeit, auch ihren Kindern den geheimnisvollen Zauber dieser Nikolaus-Nacht auf holländische Art nahe zu bringen. Sie lief so ab: Wir Kinder versteckten irgendwo im Haus eine sauber und glänzend geschrubbte Möhre. Nein, dieses Gemüse sollte nicht den heiligen Bischof Nikolaus mit Vitaminen versorgen. Die fromme Gabe war stattdessen für seinen Schimmel gedacht. Während dessen weitläufiger Verwandter aus den USA, Rudolf, das rotnasige Rentier, unter den Zügeln des dortigen Santa Claus den Kamin hinunter galoppieren musste, blieb der niederländische Nikolaus auf dem Dach stehen und sah sich nach einer Karotte um. Erblickte er sie, ließ er seine Geschenke auf der Fensterbank zurück: zum Beispiel Anfangsbuchstaben von uns Kindern aus Schokolade, Spekulatiusfiguren und Buttergebäck. Dann ritt Sinterklaas mit seinem Schimmel weiter zum nächsten braven Kind.

Bisher hatte diese Zeremonie immer prächtig geklappt. Meine Schwester und ich bekamen von unserer Mutter jeweils eine Möhre aus dem Keller ausgehändigt. Wir suchten einen geeigneten Platz aus, an dem der Schimmel von Sinterklaas den Kopf zum Fenster hinein strecken konnte. Dann gingen wir aufgekratzt zu Bett. Und siehe da, am anderen Morgen war die Möhre tatsächlich verschwunden, stattdessen fanden wir die erhofften Süßigkeiten eben an dieser Schimmel-Futterkrippe.

Aber jetzt? Da lag doch heute neben den milden Gaben tatsächlich immer noch die von mir am Vorabend abgelegte Mohrrübe. Was war nur passiert? Hatte das Pferd des weitgereisten Sinterklaas Koliken und verzichtete deshalb von sich aus auf die Rohkost? Oder verweigerte der Heilige des 6. Dezember meine milde Gabe an sein Reittier, um mir vielleicht die Botschaft zu vermitteln: Meinem Pferd und mir schmeckt‘s nicht so recht angesichts deiner Mathenoten? Und in der Tat: Die üblichen Geschenke schienen weniger üppig zu sein als sonst. Verwirrt stand ich vor der Sinterklaas-Andachtsecke und versuchte mir einen Reim darauf zu machen, als meine Mutter ins Badezimmer kam. Sie sah mich ratlos vor der ungewohnten Kombination Möhre/Schokolade stehen, ließ ihren Blick von dort zu mir wandern und sagte dann bloß: „Ach, hier habe ich die Möhre liegen gelassen“, nahm sie zu sich und verschwand. Für mich brach eine Welt zusammen. Nicht der Schimmel, sondern meine Eltern verwandelten meine Gabe an den Nikolaus. Meine Fürsorge für das Pferd war also völlig sinnlos gewesen.

Nun werden vielleicht einige von Ihnen denken, dass man mit acht Jahren nicht mehr unbedingt an den Nikolaus glauben sollte. Ich sehe das nicht so. Jedes Lebensalter darf so etwas wie den Zauber liebevoller Überraschungen kennen; den Wechsel also von Geben und unerwartetem Beschenktwerden. Das Freudemachen hat schon das Leben des heiligen Nikolaus bestimmt. Und ich glaube: Es gibt kaum jemanden, der sich nicht am heutigen Nikolaustag über eine kleine Aufmerksamkeit freut. Manchmal ohne genau zu wissen woher sie stammt. Ich mag den Brauch mit der Möhre: Sehe ich in diesen Tagen eine, dann denke ich: In was wird sie sich wohl heute noch für mich verwandeln? In diesem Sinne einen gelungenen Nikolaustag wünscht Ihnen Pfarrer Max Koranyi aus Königswinter.

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