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Kirche in WDR 4 | 04.04.2016 | 08:55 Uhr
Soziale Netze
Guten Morgen.
Unwort des Jahres 2015 wurde bekanntlich der „Gutmensch“. Dabei wird bei mir mehr und mehr ein anderer Begriff zum Unwort, nämlich: „Soziale Netzwerke“. Das Wort gehört ja zum geläufigen Sprachaushalt der sogenannten „digital natives“, Menschen also, die mit digitalen Technologien wie Computern, dem Internet, Mobiltelefon und MP3-Player aufgewachsen sind. Aber ich frage mich mehr und mehr: Sind diese Netze wirklich „so-zial“? Was sind diese Netze eigentlich?
Ich nutze diese Netzwerke gerne und oft – schon allein um mit den jüngeren Menschen in meiner Gemeinde in Kontakt zu bleiben. Und da sehe ich, wie bei Twitter, WhatsApp, Instagram, Facebook und Co., die Sprache verroht. Zum Teil widert es mich an, wie un-gehemmt übelste Hetze und Vorverurteilungen gepostet und geteilt werden. Mir schießen die Meldungen durch den Kopf von Menschen, die regelrechte „Shitstorms“ über sich haben ergehen lassen müssen. Ein Perpetuum Mobile von Abgründen zwischenmenschlicher Kommunikation. Was da abläuft, ist oft eher asozial, als sozial.
Zunächst ist es ja etwas Gutes, miteinander vernetzt zu sein. Kaum einer würde bestreiten wollen, dass es schlecht sei, miteinander in Kontakt zu sein. Durch diese sogenannten „Sozialen Netze“ ist das jetzt in einer nie dagewesenen Reichweite möglich geworden: weltweit und vor allem: live. In Echtzeit kann ich Informationen, Bilder aber auch Meinungen in der ganzen Welt platzieren.
Und wie oft schon haben sich üble Nachrede und Hasswellen über einzelne Menschen in diesen Netzwerken quasi in Echtzeit ausgeladen? Viele lassen sich unter dem Deckmantel der Anonymität verbal so richtig gehen und hetzen bis zum Letzten.
Das kann auch schon einmal Leben zerstören, und es ist schon häufiger passiert, dass ein sogenannter „Shitstorm“ Menschen in den Selbstmord getrieben hat. Unbarmherzig wird da die Jagd auf einen Menschen eröffnet, der sich möglicherweise etwas hat zu-schulden kommen lassen – oft genug aber eben auch nicht. Da wird das „Soziale Netz“ schnell mal gerne zu einem Spinnennetz, dass über seinem Opfer zusammenfällt, es fesselt und zur leichten Beute für die Räuber macht. Unabhängig von der wirklichen Schuldfrage...
Was kann man machen? Die katholische Kirche in Deutschland hat diese Auswüchse schon vor einigen Jahren im Internet erfahren. Und zwar über eine Onlineplattform, mit Namen kreuz.net. Vielleicht erinnern Sie sich. Bis 2012 hatten dort Denunzianten nahezu jede Regung des Katholischen an den Pranger gestellt, die nicht ihren Vorstellungen entsprach. Unter dem Deckmantel der Anonymität verbreiteten sie rechtsextreme, antisemitische, frauenfeindliche, homophobe, diffamierende und islamfeindliche Inhalte. Und alles zumeist in einer übelsten wie ungnädigen Sprache, die keine Spur von christlicher Haltung offenbarte. Gegen manche Personen wurden richtigen Hetzjagden veranstaltet, aber immer mit heruntergelassenem Visier: am Ende wollte es nie jemand gewesen sein.
Es brauchte ein entschiedenes: So nicht! Seitens des Staates, aber vor allem auch sei-tens der Kirchenleitung – also in diesem Fall der deutschen Bischofskonferenz, die sagte: das hier geschieht nicht in unserem Namen und ist in keinster Weise tolerierbar. Schließlich gelang der Befreiungsschlag, das Portal wurde eingestellt.
Jesus selbst hat einmal gesagt: „Es gibt nichts Verborgenes, das nicht offenbar wird.“ Das ist eine Frage der Wahrhaftigkeit.
Wenn das soziale in den sozialen Netzwerken erhalten, bzw. zurück gewonnen werden will, dann muss auf Wahrhaftigkeit im Umgang wiederkehren. Und da braucht es manchmal auch ein entschiedenes und offenes: so nicht!
Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag voller Offenheit und Wahrhaftigkeit – und einen Tag in einem schützenden Netz voller Kommunikation, Ihr Ulrich Clancett aus Jüchen.