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Sonntagskirche | 10.07.2016 | 08:55 Uhr

Dr. Brand

Guten Morgen!

Er war unser Chemielehrer und wurde von niemandem wirklich ernst genommen. Dies hatte wahrscheinlich damit zu tun, dass er sich mehrfach im Unterricht zur Tafel umdrehte, um seinen Flachmann aus der Tasche zu ziehen und sich einen Schluck zu genehmigen. An den Inhalt seines Unterrichts kann ich mich nicht mehr erinnern. Sein alkoholreiches Umdrehen zur Tafel ist mir dagegen unvergessen geblieben.

Ich frage mich heute: Weshalb konnte unser Chemielehrer seinen Unterricht nur „hochprozentig“ überstehen? Haben seine Schüler ihn dazu getrieben? War es unsere Ignoranz und unser Desinteresse, unser Hohn, der ihn zur Flasche trieb?

Ein Song hat mich vor kurzem an diesen Lehrer erinnert. Der Liedermacher Reinhard Mey erzählt darin von seinem ehemaligen Lateinlehrer Dr. Brand. Er singt davon, wie er und seine Klassenkameraden ihren Spott mit ihm getrieben haben. Wie sie ihm einen Schweineschwanz aus rosa Löschpapier an den Rücken hefteten, wenn er sich zur Tafel drehte. Er war ihrem Spott und Hohn nicht gewachsen, der kleine gutmütige Mann mit der Igelfrisur. Auch unser Chemielehrer hatte wohl damals unter uns gelitten. Ernst nahm ihn keiner von uns, und Respekt hatten wir alle gleich null.

Reinhard Mey berichtet in seinem Lied, dass er erst Jahre später davon erfuhr, dass Dr. Brand den so genannten „Rosa Winkel“ an seiner Häftlingskleidung trug, als er von den Alliierten aus dem Konzentrationslager Sachsenhausen befreit wurde. Das war im Mai 1945. Er war nur noch Haut und Knochen. Als Homosexueller wurde Dr. Brand von den Nazis im Konzentrationslager unsagbar gequält und gefoltert. Dennoch wurde sein Wille nicht gebrochen. Diese Erkenntnis nach über 60 Jahren lässt Reinhard Mey zum Schluss singen: „So gibt er mir noch eine Lektion, die ich nicht vergesse: Memento, errare humanum est! - Das heißt übersetzt: Denk dran: Irren ist menschlich! (Übersetzung durch den Autor) - Wie wünscht‘ ich heute, dass ich Worte der Versöhnung fände! Es tut mir so leid, ich bin mit meinem Latein am Ende.“

Was Worte anrichten können? Schon in der Bibel heißt es: „Auch die Zunge ist ein Feuer. Sie ist eine Welt voller Unrecht und beschmutzt den ganzen Menschen. Sie setzt unser Leben von der Geburt bis zum Tod in Brand mit einem Feuer, das aus der Hölle selbst kommt. Der Mensch hat es fertig gebracht, alle Tiere zu bändigen: Raubtiere, Vögel, Schlangen und Fische. Aber die Zunge hat noch niemand bändigen können, diesen ruhelosen Störenfried, voll von tödlichem Gift. (Jakobus 3, Vers 6 bis Vers 8).“

Was tun wir uns nicht alles an und wie wenig wissen wir eigentlich voneinander? Wir nehmen einander nicht wirklich wahr und gehen leider viel zu achtlos miteinander um. Dabei hat jeder von uns eine unverwechselbare Geschichte zu erzählen, nicht immer geradlinig und schon gar nicht permanent auf der Überholspur. Wertvoll und besonders und keinesfalls zum Ablästern.

Einen Sonntag mit tiefen Gesprächen wünscht Ihnen Ihr Pastor Siegfried Ochs aus Kierspe.

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