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Kirche in WDR 4 | 05.10.2016 | 08:55 Uhr

Labyrinth

Auf dem Platz vor dem Haus in dem wir wohnen, herrscht lautes Getöse. Dieser Platz gehört zur Kirche nebenan. Firmlinge haben sich zur Wochenendaktion getroffen. Da wurde gefegt, gemessen und schließlich gepinselt. Am Ende war ein quadratisches Etwas mit einem gemalten Fisch in der Mitte entstanden. Mein Sohn kommentierte das Ganze: „Wie peinlich, wenn meine Leute mich jetzt besuchen wollen, müssen sie da rüber!“

Peinlich? Im Gegenteil! Prima, finde ich. Denn das, was die Firmlinge da aufgemalt haben, ist mehr als das Ergebnis einer Freizeitbeschäftigung.

Guten Morgen!

Entstanden ist ein Labyrinth. Es ist ca. 10 mal 10 Meter groß. Ich selbst war neugierig und habe vor einigen Tagen das Labyrinth durchlaufen und merkte: Das ist ja gar nicht so einfach! Ich kam gar nicht so schnell voran, wie ich mir das vorher gedacht hatte: Geradeaus, rechts, wieder rechts, dann links. „Wie komme ich denn jetzt zur Mitte?“ war mein Gedanke.

Ein Labyrinth ist ja kein Irrgarten, d. h. es gibt keine Sackgassen, sondern nur einen einzigen Weg, der mich vom äußeren Rand in die Mitte führt. Stehenbleiben gilt nicht, denn das führt mich garantiert nicht weiter. Ich meinte, bereits angekommen zu sein, dann entwickelte sich der Weg wieder von der Mitte weg hin zum Rand, zur nächsten Biegung. Echt frustrierend! Am Ende, in der Mitte angelangt, traf ich auf den Fisch. Interessant, dachte ich, denn der Fisch ist ja nicht irgendein Tier, sondern steht in der christlichen Tradition als Zeichen für Jesus Christus. Die einzelnen Buchstaben des griechischen Wortes für Fisch, Ichtys, stehen für die Anfangsbuchstaben von fünf weiteren griechischen Wörtern und die bilden so etwas wie ein christliches Glaubensbekenntnis: Jesus Christus, Gottes Sohn, Retter.

Wichtiger als dieses Wortspiel war aber für mich die Erfahrung, das Labyrinth zu durchschreiten. Das Labyrinth also zu erfahren als ein Sinnbild für mein Leben das auf Jesus Christus zuläuft. Beim Durchschreiten erkenne ich Parallelen zu meinem Leben: Da sind Umwege und Wendungen, die ich nicht geplant habe: Da sind persönliche Krisen, Zeiten, in denen ich mich innerlich von Gott und meinen Mitmenschen entferne. Doch all das sind notwendige Umwege, um zum Ziel zu gelangen. Kein Labyrinth der Welt wird geradlinig durchschritten, jedes enthält Wendungen und Kehren, so wie auch kein Lebensweg gerade und ohne Kurven verläuft. Diese Erkenntnis ist uralt und wurde nicht erst von den Firmlingen auf dem Kirchplatz in Szene gesetzt. Besonders bekannt ist zum Beispiel das Labyrinth der Kathedrale von Chartres in Frankreich. Im Jahr 1200 wurde es bereits fertiggestellt.

Die Menschen des Mittelalters, die in dieses gotische Bauwerk gelangten, durchschritten zunächst das riesige, auf dem Boden angelegte Labyrinth. Es hat in Chartres einen Durchmesser von mehr als 12 Metern und besitzt 11 Wendungen. Die 11 gilt in der mittelalterlichen Zahlensymbolik als Zahl des Kampfes bzw. des Übergangs. Und das wird regelrecht erfahren, wenn das Labyrinth minutenlang durchschritten wird als eine Zeit des Übergangs zwischen der Welt außerhalb des Labyrinths und der Welt im Zentrum, dem Heiligtum. Schon im Mittelalter bedeutete das Durchschreiten des Labyrinths eine heilsame Unterbrechung des Alltags.

Ich muss nicht im Mittelalter leben, um mit dem Sinnbild des Labyrinths auch heute noch etwas anzufangen. Es zeigt mir: Umwege im Leben gehören dazu, sie sind vielleicht sogar notwendig, um zur Mitte zu finden. Mir hat beispielsweise erst ein Praktikum gezeigt, dass ein bestimmter Beruf doch nichts für mich ist. Umwege können auch die Studienwahl oder die Ausbildung sein, die ich aufgebe, weil ich merke, dass es für mich nicht passt, das kann die Überprüfung einer Beziehung sein oder die Veränderung des Arbeitsplatzes. All dies sind Umwege, keine Stagnationen!

Mich tröstet diese Erkenntnis vom Umweg zum Ziel, wenn ich mal wieder ungeduldig meine, nicht schnell genug zum Ziel zu gelangen.

Übrigens: Wenn ich nach Hause komme, nehme ich manchmal absichtlich den Weg über den Kirchplatz. Ich nehme mir die Zeit und gehe nochmal durch das Labyrinth. Im Bewusstsein, dass ich mich in meinem Leben nicht völlig verirren kann, da es in Jesus Christus mündet.

Aus Duisburg grüßt Sie Meike Wagener-Esser

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