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Sonntagskirche | 13.08.2017 | 08:55 Uhr

Der Tisch

Ein Tisch ist ein Tisch. So einfach ist das. Meist steht er auf vier Beinen. Und wenn eines der Beine zu wackeln anfängt, wird es wieder angeschraubt. Irgendwas im Leben muss schließlich fest stehen. Nun steht der Tisch nicht einfach so da. Ganz abgesehen davon, dass er – gleichsam als beste Freunde - den einen oder anderen Stuhl um sich herum versammelt. Der Tisch ist darüber hinaus ein sehr vielseitiger Zeitgenosse. Er steht im Büro und trägt Bildschirm und Akten. In der Küche schenkt er weiten Platz für den Wok und Einkochgläser, für’s Panieren und Teigausrollen. Wohnzimmertisch ist auch klar: Bei meinen Eltern lag darauf früher ein Deckchen. Auf dem Deckchen stand ein drehender Drückaschenbecher und ein Kistchen mit Zigaretten.

Ja, und dann haben wir noch den Esstisch. Im Hause Martin Luthers schon vor 500 Jahren das Wichtigste aller Möbel. An ihm versammelte das Ehepaar Luther tagtäglich dutzende Besucher zum Essen - und zum Reden. Da saßen nun neben den Kindern Hänschen und Magdalena Studenten, die keinen Cent mehr in der Geldbörse hatten. Und, erstaunlich, Luther lud manchmal sogar Leute zum Bratenessen ein, mit denen er über Kreuz lag. Seinen Rivalen Andreas Bodenstein samt seiner großen Familie hatte er so über Monate hin durchgefüttert. Aber eben diese Geselligkeit war ihm den Einsatz von Bier und Bratkunst wert: Er wollte nämlich beim Essen Leute um sich haben, mit denen er diskutieren konnte. Seine Reden, die er am Esstisch im ehemaligen Augustinerkloster in Wittenberg regelmäßig schwang, sind als Luthers Tischreden berühmt geworden.

Nun hatte der Reformator noch ein anderes Verhältnis zum Tisch. Der musste auch nicht immer in Wittenberg stehen. Der konnte auch mal in Marburg sein. Luther hatte nämlich die kuriose Angewohnheit, immer ein Kreidestück bei sich zu tragen, um in wichtigen Momenten wichtige Erkenntnisse aufzuschreiben. Worauf? Natürlich auf den Tisch, an dem er gerade saß. Als es dort um die Bedeutung der Gegenwart Christi im Abendmahl ging, hat er drei Buchstaben auf den Tisch geschrieben, das lateinische EST, was auf Deutsch IST bedeutet. Allen Gesprächspartnern wollte er damit zeigen: Ich glaube daran, dass Christus bei der Abendmahlsfeier tatsächlich dabei IST. Und als es ihm einmal an einem anderen Ort ganz elend zumute war, da hat er auf die Tischplatte geschrieben: „Ich bin ja getauft.“ Und damit wollte er sagen: „Was kann mir da schon passieren?“

Ich scheue etwas, diese Geschichten Kindern zu erzählen. Unsere Kinder jedenfalls hatten die Angewohnheit, unseren Esstisch als Schreibübungsplatte zu verwenden. Noch heute sind die Spuren schwarzer Filzstifte unübersehbar. Und wenn es ganz besonders schlimm kam, wurden auch schon mal Buchstaben ins Holz geritzt. Das kennt man natürlich auch von den Wanderplätzen, an denen man auf den Vespertischen Eingeritztes wie „Lars liebt Eva“ entziffern kann. Verschandelung? Luther wäre das egal gewesen, ich glaube, er hätte sich sogar ein bisschen darüber gefreut. Was dem Menschen wichtig ist, dachte er, das soll er auch festhalten, und wenn halt nichts anderes als ein Tisch in der Nähe ist, dann eben auf ihm. Sollten Sie allerdings heute eingeladen sein, dann fragen Sie doch besser vorher Ihre Gastgeber, wie kostbar die Tischplatte ist.

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