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Kirche in WDR 4 | 28.08.2017 | 08:55 Uhr

Richtig schön Gold!

Guten Morgen! Im Zug von Bonn nach Berlin. Früher Abend. Müde Gesichter.

Plötzlich sagt ein kleines Mädchen laut, so dass es alle im Großraumwagen hören können: „Ich fahr zu meinem Papa. Der holt uns gleich ab. Ich hab´ ein Geschenk für ihn. Ein goooooldenes Bonbon. Willst du mal sehen?“, fragt sie offenbar einen anderen Fahrgast. „Mama, gib mal die Dose her. Hier guck mal! Richtig schön Gold.“ Pause. Alle schmunzeln. Und dann: „Mama, ich mach das so. Ich spring dann aus dem Zug raus und reiße die Dose auf und schenke ihm das goldene Bonbon!“

Das war zwei Zugstunden vor Berlin. Die ganze restliche Fahrt über war das goldene Bonbon immer wieder Thema und die Vorfreude des kleinen Mädchens, dem Papa endlich den kleinen Schatz überreichen zu können und zu sehen, wie er sich freuen wird. Die Erwartung selbst schon Freude – für sie und für uns.

Wann habe ich mich das letzte Mal eigentlich so gefreut, frage ich mich.

So unbändig, überschäumend. Jede Faser im Körper erfassendes pures Glück. Warm. Kribbelig. Freude – die stille und die überschwängliche – ich brauche sie wie die Luft zum Atmen. Und ich trage sie in mir. Psychologen sprechen von einer Basisemotion. In der Bibel ist allein über 200 Mal von „Freude“ die Rede. Klagen, weinen und leiden sind auch häufig gebrauchte Wörter – doch beides hält sich die Waage.

Schade, dass man den christlichen Glauben heute mehr mit Miesepetrigkeit verbindet als mit Freude. Schon Teresa von Avila, eine spanische Mystikerin im 16. Jahrhundert, seufzte: „Gott bewahre mich vor Heiligen mit verdrießlicher Miene.“ Kein Wunder, dass die rheinischen Protestanten sich als Motto für das Reformationsjubiläumsjahr 2017 diese drei Wörter ausgesucht haben: „vergnügt, erlöst, befreit“, heißt es da. Freude - das können die kleinen Alltagsfreuden sein. Das frische Brötchen, das Kind im Zug mit seiner Vorfreude auf den Papa. Oder die großen: ein Wiedersehen mit jemand, den man lange vermisst hat. Die Nachricht vom Arzt: Der Verdacht auf eine schwere Erkrankung hat sich nicht bestätigt.

Die Theologin Dorothee Sölle hat einmal geraten: Wenn Du Dich freust, lass Deine Dankbarkeit darüber in ein Lob fließen. Ich kann das Kind loben oder den Bäcker oder Gott zum Beispiel. Loben bedeutet: Ich finde nicht selbstverständlich, was ich an Schönem erlebe oder habe und würdige es durch mein Lob. In vielen Psalmen in der Bibel heißt es deshalb aufmunternd: „Lobe den Herrn, meine Seele!“ oder in Kirchenliedern: "Du, meine Seele, singe!“ „Fröhlich soll mein Herze springen“ oder "Auf, auf mein Herz, mit Freuden!“ Meine liebsten Zeilen dazu aus der Bibel klingen so: „Gott, du hast mir meine Klage verwandelt in einen Reigen, du hast mir den Sack der Trauer ausgezogen und mich mit Freude gegürtet.“ (Psalm 30,12) Das klingt wie im Märchen oder einem Fantasy-Spiel. Gott schenkt mir einen Gürtel aus Freude. Der mich schmückt und mir Halt gibt. Der mich stark macht gegen „verdrießliche Mienen“ aller Art – die meiner Mitmenschen oder gegen mein eigenes düsteres Gesicht. Gegen meine dunklen Gedanken. Diesen Gürtel aus Freude trage ich gern. Meiner ist leicht, wunderbar bunt und glänzend. Er verleiht mir die Kraft, jeden Tag etwas in meinem Leben zu finden, das ich loben kann. Wenigstens in diesem einen Moment bekommt der Tag Glanz und mein Herz die Chance, sich freudig über Dunkles und Schweres zu erheben.

Literatur:

Wortkonkordanz zur Lutherbibel und Lutherbibel in rev. Fassung 1984

Francois Lelord, Christophe André: Die Macht der Emotionen und wie sie unseren Alltag bestimmen, München, Zürich: Piper, 2005.

S. 109 Zitat: Eine aktuelle Studie zeigt ….

S. 113 Freude = Basisemotion

Sich öffnen für den Augenblick. Mystik im Alltag, hg. von Michaela Diers, Freiburg im Breisgau: Herder Spektrum, 2005. S. 87 Gott bewahre mich vor Heiligen mit verdrießlicher Miene! Teresa von Avila.

Dorothee Sölle: Mystik und Widerstand. „Du stilles Geschrei“, München: Piper Verlag, 6. Auflage, 2003. S. 235 (loben) S. 237 Franziskus.

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