Zuhören

„Mit Ihnen kann man ja ganz toll reden“, sagte mir die kranke Frau. Und dabei hatte ich ihr nur zugehört. Im Krankenhaus. Eine ganze Stunde lang habe ich kein einziges Wort gesagt, sondern nur aufmerksam gehört. Sie hat mir ihr ganzes Leben erzählt. Und am Schluss dieses Kompliment: „Mit Ihnen kann man ja ganz toll reden.“

Wie kommt das? Menschen wollen erzählen. Durch das Erzählen schaffen sie einerseits Nähe. Zu ihrem Gegenüber. Und andererseits schaffen sie Distanz. Zu ihrem Problem. Denn allein das Aussprechen tut gut. Allzu schnelle Ratschläge kommen da manchmal gar nicht gut an. Denn Ratschläge können auch Schläge sein. Aber Zuhören ist einladend. Und heilsam. Denn Kommunikation schafft Beziehung, und Beziehung fördert das Wohlbefinden.

„Der kann gut zuhören“ ist ein großes Kompliment. „Der hat gut reden“ ist das genaue Gegenteil davon. Zuhören kann ja auch sehr anstrengend sein. Du musst ganz gegenwärtig sein, dich einfühlen, innerlich mitgehen. Auch wenn Du selbst dabei gar nicht viel sagen musst. Im Gespräch merke ich ganz deutlich, ob mir jemand wirklich zuhört. Oberflächliches Getratsche plätschert an meinem Ohr vorbei, es geht zum einen herein und zum anderen wieder heraus. Wo aber Gespräch entsteht, da bin ich hellwach, offen und gegenwärtig. Denn auf wen ich höre, zu dem gehöre ich. Und wenn ich aufhöre, dann ist Schluss.

Ich wünsche Ihnen heute jemanden, der Ihnen zuhört. Vielleicht sind Sie ja auch selbst ein guter Zuhörer, eine gute Zuhörerin. Wenn das nicht so wäre, dann säßen Sie ja jetzt nicht am Radio. Geht ins Ohr, bleibt im Kopf. Und rutscht ins Herz.