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Parookaville und Paradies

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katholisch

Sonntagskirche | 21.07.2019 | 08:55 Uhr

Parookaville und Paradies

Guten Morgen allerseits – während sie und ich vielleicht an einem hochsommerlichen Frühstückstisch sitzen und den Tag ganz langsam beginnen lassen, ist auf dem Flughafen in Weeze noch weitestgehend Ruhe. Klar – die Nacht war hier alles andere als ruhig. Bis in die frühen Morgenstunden wurde hier noch getanzt und gefeiert, was das Zeug hält. Gestern und vorgestern auch schon: Gut 90.000 zumeist junge Menschen haben sich am Rande der niederrheinischen Stadt zu einem der größten Festivals Europas für elektronische Tanzmusik versammelt. „Parookaville“ heißt diese Veranstaltung, die die Menschen magisch anzieht. Bernd Dicks, einer der Erfinder dieses Festivals, ging es bei der Gestaltung nicht nur darum, ein Konzert-Wochenende mit DJs aller Art zu veranstalten. Vielmehr entsteht nach seinen Worten auf dem ehemaligen Militärflughafen jährlich für vier Tage eine Stadt, deren Bürgerinnen und Bürger „Wahnsinn, Liebe und pure Glückseligkeit“ erleben sollen. Der Gedanke eines Festivals als vollkommen neu erfahrbarer Lebens-Raum, Traum-Raum, lebt wieder auf. So, wie schon seit Jahrzehnten mit Rockmusik in der Eifel oder das legendäre Woodstock-Festival vor den Toren New Yorks 1969. Und heute eben „Parookaville“ in der Nähe von Weeze am Niederrhein, in unmittelbarer Nachbarschaft zum Marien-Wallfahrtsort Kevelaer. Das zeigt merk- und denkwürdige Parallelen auf: Ein Sehnsuchtsort, eine Stadt, in der Wunder geschehen, ein Ort, an dem viele Menschen gut gelaunt zusammenkommen und für eine kurze Zeit ihren Alltag außen vor lassen. Vor allem aber das Erleben von Gemeinschaft wird von den Besucherinnen und Besuchern des Festivals immer wieder ganz vorne an genannt: Wildfremde Menschen unterschiedlichster Herkunft und Sprache kommen zusammen, tanzen und feiern in dieser zauberhaften Stadt. Und das total friedlich. Stolz verweisen die Organisatoren von „Parookaville“ immer wieder darauf, dass es etwa in 2018 bei fast 90.000 Besuchern nur 51 Strafanzeigen gab. In einer Stadt mit einer solchen Einwohnerzahl für vier Tage bemerkenswert wenig…

Ich bin letztes Jahr selbst einmal dort gewesen. Solche Gemeinschaftserlebnisse interessieren mich als Uli, der Mensch, und als Pfarrer Clancett, der Priester. Eine ganz eigene Welt habe ich gesehen, in die die Festival-Besucherinnen und Besucher da eintauchen. Etwas unwirklich, von vielen belächelt – aber trotzdem eine Realität. Eine, die vielen dort gut tut. Natürlich ist da auch nicht alles Gold, was glänzt. Dennoch: Menschen, gerade junge Menschen, sehnen sich nach solchen Orten. Und sie sind bereit, viel auf sich zu nehmen, um Teil dieses Ganzen zu werden. Die allermeisten verzichten auf jeglichen Komfort, den sie sonst alltäglich und selbstverständlich nutzen, und richten sich campingmäßig auf wenige Quadratmeter ein. Vier Tage lang – für viele eine echte Herausforderung. Aber eben auch ein Gefühl von Freiheit bis hin zur Glückseligkeit. Raus aus dem grauen Alltag, rein in die bunte Welt des Festivals. Das hat auch etwas Himmlisches – der Festival-Himmel auf Erden. Und als ich da über das Festivalgelände lief, da dachte ich mir: Moment – da war doch was… In der Bibel finden sich doch auch solche Schilderungen des „Himmels auf Erden“ – einer Stadt, in der es keine Trauer, keine Klage und keine Mühsal mehr gibt. Ich weiß auch nicht, wie ich ausgerechnet auf diese Bibelstelle kam, aber auf dem Festival war um mich herum irgendwie alles anders: Wahnsinn, Liebe und pure Glückseligkeit – eine fast magische Wandlung, die man den Besucherinnen und Besuchern sogar ansehen konnte. Geht so „himmlisches Jerusalem“? Ist das schon der Anfang vom „Reich Gottes“, in dem alles restlos und radikal auf den Kopf gestellt wird?

Ich will das Festival ja jetzt nicht verklären zu etwas, was es gar nicht ist, vielleicht auch gar nicht sein will. Und dennoch: Die Faszination von „Parookaville“ hat mich erfasst. Schmunzeln musste ich über die „Kirche“ in „Parookaville“, in der man auch „heiraten“ kann, einfach so, aus Spass. Und das machen viele – egal, in welcher Kombination. Und ich habe da junge Menschen entdeckt, die diese Momente von Wahnsinn, Liebe und purer Glückseligkeit in vollen Zügen genossen, manche tanzend und laut singend, manche auch still in einer Ecke, ganz für sich allein.

Und jetzt, in der Stille des Sonntagmorgens, tauchen diese Bilder wieder vor mir auf und vermischen sich mit der Vision des Johannes, die dieser vom Himmlischen Jerusalem hatte. Faszinierend, beeindruckend – und: inspirierend.

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