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Kirche in WDR 4 | 14.09.2019 | 08:55 Uhr
Frieden – ohne Gewalt
Vor einigen Tagen war ich in Syrien,
in einem Land, in dem an vielen Orten die Spuren des Krieges unübersehbar sind
und in dem die Waffen immer noch nicht überall schweigen.
In der Hauptstadt Damaskus haben wir einen Gottesdienst gefeiert.
Im Mittelpunkt stand ein Bibelwort, das so gar nicht zu den Erfahrungen der
Menschen in Syrien passen wollte: „Gott spricht: `Es soll nicht durch Heer oder
Kraft,
sondern durch meinen Geist geschehen.`“ (Sacharja 4,6)
Die Menschen, denen
ich in Syrien begegnet bin, haben ganz anderes erlebt:
Militär, Waffen, Bomben, Folter. Macht und Gewalt haben den Ton angegeben.
Massive Bedrohung, körperliche Gewalt, Terror und Zerstörung. Sehr viele haben
deshalb ihre Heimat verlassen müssen.
Ich frage mich
manchmal: Wie weit sind wir Menschen eigentlich gekommen mit Heer und mit
Kraft, mit Macht und Gewalt? Wie weit sind wir damit in Syrien in den langen
Kriegsjahren gekommen? Wie weit sind wir im Libanon mit militärischen Lösungen
gekommen? Wenn militärische Gewalt zum Einsatz kommt und wenn Macht und Gewalt
regieren, dann hinterlassen sie eine Spur der Verwüstung.
Im Gottesdienst in
Damaskus waren diese Fragen sehr präsent: Wer regiert die Welt?
Wer gibt eigentlich den Ton an? Und wer lässt die Puppen tanzen? Wer
entscheidet über Krieg und Frieden?
Auf diesem Hintergrund klingt das Bibelwort wie ein Wort aus einer andern Welt,
ja, fast weltfremd: „Es soll nicht durch Heer oder Kraft, sondern durch meinen
Geist geschehen,
spricht Gott, der Herr.“
In Deutschland
haben wir in den letzten Jahren regelmäßig Bilder der Zerstörung und des Todes
aus Syrien gesehen: Das zerbombte Aleppo wirkte wie ein gigantisches
Leichenhaus. Und der Einsatz von Giftgas brachte viele Unschuldige ums Leben.
Die Bibel denkt Verrücktes: „Es soll nicht durch Heer oder Kraft, sondern durch
meinen Geist geschehen.“
Also: Soldaten werden arbeitslos und Folterknechte werden in den vorzeitigen
Ruhestand geschickt. Nichts anderes bedeutet das Bibelwort.
Im Gottesdienst in
Damaskus war es dann so: Die Angst vor dem langen und mächtigen Arm des Regimes
war spürbar. Und die großen Sorgen vor der Zukunft auch: Werden am Ende Kräfte
die Oberhand behalten, die einen Gottesstaat anstreben und nichts anderes als
die Hölle auf Erden bringen?
Im Gottesdienst treffen sich Menschen, die Gottes neue, andere Welt erwarten
und Wege des Friedens suchen. Sie sind überzeugt: Trotz alledem: Es wird durch Gottes
Geist geschehen, den Geist der Liebe, des Friedens und der Gerechtigkeit.
Vertrauen aufbauen
und wieder wachsen lassen. Diktatoren werden abtreten. Terroristen werden
arbeitslos und Soldaten werden Friedensstifter. Das ist Gottes Alternative für
unsere Welt.
Und das Bibelwort behält Recht: „Es soll nicht durch Heer oder Kraft, sondern
durch meinen Geist geschehen“, spricht Gott, der wahre Herr über die Welt.
Einen friedvollen Tag wünscht Ihnen, Präses Manfred Rekowski aus Düsseldorf.
Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze