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Kirche in WDR 4 | 31.10.2019 | 08:55 Uhr

Geh in die Sonne (Reformationstag)

Das habe ich nicht gewollt!

Vermutlich hätte der Schrecken ihn geschüttelt, den Mönch und Professor zu Wittenberg, Martin Luther. Vermutlich hätte der Schrecken ihn geschüttelt, hätte ein weitsichtiger Engel ihm damals die Zukunft gezeigt. Am Morgen danach. Dem Morgen nach seinem Thesenanschlag vielleicht, am Allerheiligentag 1517. Hätte den Thesenschreiber Luther mit himmlischer Hellsicht berührt. Und ihn Bilder der kommenden Jahre sehen lassen. So, Martin, so wird es kommen.

Das habe ich nicht gewollt.

Brennende Kirchen, geplünderte Klöster. Schon bald. Reformation als Revolution, wie eine Lunte am Pulverfass. Aufständische Bauern. Und gnadenlose Landsknechte.

Das habe ich nicht gewollt.

Nicht auszudenken, hätte der Engel ihn sehen lassen, was da käme durch die Jahrhunderte. Gewaltige Kämpfe um das rechte Bekenntnis. 30 Jahre Krieg ein Jahrhundert später. Entvölkerte Gebiete, verheert durch marodierende Truppen, Krieg der Konfessionen.

Vermutlich hätte der Schrecken Martin Luther geschüttelt, hätte der Engel ihm zeigen können die Bilder vom Bloody Sunday in Derry, Nordirland, 1972. Protestantische Polizei erschießt wehrlose Katholiken. Und Vergeltung - und wieder Vergeltung.

Das habe ich nicht gewollt.

Ein paar Thesen, 95, in bester Absicht von Luther geschrieben, heute vor 502 Jahren. Eine Debatte über Missstände der Kirche. Mehr wollte er nicht. Machte sich Sorgen um die Seelen seiner Wittenberger. Und ahnte nicht im Traum die Folgen seiner Thesen am Kirchenportal.

So geht das nicht nur einem Luther. So geht es allzu oft. Da denke, sage, schreibe ich was. Und plötzlich machen Worte sich selbstständig. Die Folgen kann ich nicht abschätzen. Sie entziehen sich meiner Kontrolle.

So ist der Mensch. Die Bibel erzählt reichlich Geschichten davon, von den ersten Seiten an. Nur ein Apfel, denkt Adam. Mein Gott, was soll schon passieren.

Und verspielt das Paradies. Was bleibt, ist Arbeit, Mord und Totschlag.

Das habe ich nicht gewollt.

Gut möglich, wir erklären das unseren Enkeln. Wenn die uns nach dem Klima fragen.

Gut möglich, manch einer denkt das dieser Tage in England. Wer wollte schon das ganze Chaos? Und den Frieden in Irland gefährden.

Das habe ich nicht gewollt.

Der Mensch neigt zum Verhängnis. Schon im Nahbereich.

Wie kommt das, dass ich die, die ich liebe, auch am tiefsten verletzen kann? Durch Worte, durch Gesten. Oder durch Schweigen, durch Passivität. Wie kommt das, dass ich mich so sehr nach Leben sehne, hell und heiter und friedlich. Und ich mir doch immer wieder selbst die Tage verfinstere. Mir selbst und denen neben mir.

Das habe ich nicht gewollt.

Eins wusste Luther, das wollte er. Freie Menschen. Menschen, von Höllenangst befreit. Und von dem Wahn, sich selbst erlösen zu wollen.

Ich weiß, wie du bist, doch ich liebe dich.

Das ist für Luther Gottes Wort und Evangelium.

Menschenskind, ich weiß, was dir entgleitet. Woran du scheiterst. Was dir missrät.

Weiß ich. Doch ich liebe dich.

Du, Mensch, bist frei.

Schluss mit der Höllenangst.

Gott ist barmherzig. Sei du es auch! Mit dir. Und den anderen.

Ob ich das begreife?

Luther sagt:

„An Christus glauben ist die Kunst, dass wir aus dem Haus in die Sonne gehen. Die Sonne lässt er scheinen – aber aus dem Haus gehen, das musst du schon selbst tun!“ (1)

Einen gesegneten Reformationstag.

Ihr Ulf Schlüter, Bielefeld.


( 1 ) Zitiert nach: Hans-Helmar Auel, Hildegard Hamdorf-Ruddies, Manfred Josuttis, Hans-Dieter Stolze (Hrsg.): Zitate zum Kirchenjahr. Eine Sammlung für die praktische Auslegung. Band 2: Exaudi bis Ewigkeitssonntag, Göttingen 1997, S. 264.


Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze


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