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Sonntagskirche | 22.12.2019 | 08:55 Uhr

Macht hoch die Tür

Vor über 10 Jahren habe ich in Berlin gearbeitet. Und auf meinem Weg von Neukölln in die Redaktion hinterm Bahnhof Friedrichstraße habe ich mit dem Fahrrad manchmal morgens einen kleinen Umweg gemacht. Der Schlenker hatte nur einen Sinn: So konnte ich durchs Brandenburger Tor radeln.

Und warum? Einfach, weil ich das konnte. Das war bekanntlich lange Zeit nicht selbstverständlich. Heute vor 30 Jahren wurde das Brandenburger Tor wieder geöffnet. Und es steht für die Geschichte Berlins, ja für die Geschichte Deutschlands wie wenige Bauten – obwohl es eigentlich nur ein Tor ist.

Das Brandenburger Tor ist das letzte erhaltene Stadttor von Berlin mit der unübersehbaren Quadriga oben drauf – unübersehbares Zeichen für Preußens staatstragende Architektur. Napoleon kassierte die Quadriga 1806 ein und ließ sie nach Paris überführen, um sie auf den Arc de Triomphe zu setzen. Das war eine enorme Schmach für die Preußen, die nach den Befreiungskriegen 1814 als allererstes die Quadriga wieder auf dem Brandenburger Tor anbringen ließen. Bis zur Abdankung von Kaiser Wilhelm II im Jahr 1918 durften nur Mitglieder der Kaiserfamilie und deren Besucher durch das Tor fahren. Danach war es offen für das Volk. 1933 zelebrierten die Nazis mit einem Fackelzug durch das Tor ihre sogenannte „Machtergreifung“. 1961 dann wurde die Mauer direkt vor dem Tor gebaut, so dass niemand mehr durch das Tor gehen konnte, weder von Osten noch von Westen. Es wurde zum Symbol der Teilung. Bundespräsident Richard von Weizsäcker sagte damals: „Solange das Brandenburger Tor geschlossen ist, ist die Deutsche Frage offen.“ Und dann kam er, der Mauerfall und am 22. Dezember 1989 waren über 100.000 da, um das Tor zu öffnen und hindurch zu gehen. Die Bilder von der Silvesternacht und dem Tor gingen um die Welt. Seitdem ist das Tor Touristenmagne und Projektionsfläche für allerlei: von Umweltprotesten bis zum Souvenirnepp.

Am 23. Juni 1996 erfüllte der damalige Kanzler Helmut Kohl einem besonderen Gast den Wunsch, das Tor zu durchschreiten. Papst Johannes Paul II. kam zu seinem letzten Deutschlandbesuch. Und er, der als polnischer Pontifex im Hintergrund auf den Fall der Mauer eingewirkt hatte wie wenige, ging, von Krankheit gezeichnet, an der Hand des ungleich größeren Kanzlers durch dieses Tor.

Viele hatten das damals kritisiert. Zu viel Nähe von Staat und Kirche wurde gewittert. Vielleicht fühlten sich auch einige an die Kaiserzeit erinnert, als es nur der Herrscherfamilie erlaubt war, das Tor zu durchschreiten. Johannes Paul war es aber ein Herzenswunsch, dadurch zu gehen. Als Mensch, nicht als Papst. Und wie ihm bedeutet dieses Tor heute noch vielen etwas. Mir auch. Daher habe ich damals in meiner Berliner Zeit hin und wieder den kleinen Umweg auf mich genommen, um durchs Tor zu radeln. Und dabei habe ich hin und wieder selbst im Sommer das alte Adventslied auf den Lippen gehabt: „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit“.

Übrigens: Das Lied geht zurück auf einen evangelischen Pastor aus Königsberg. Der schrieb das in Erinnerung an eine lausige Winternacht, mitten im Dreißigjährigen Krieg, als viele im Königsberger Dom Zuflucht suchten vor dem Schneesturm. Es wird erzählt: Die Küster der Kirche hatte die Schutzsuchenden mit einer tiefen Verbeugung wie folgt begrüßt: „Willkommen im Haus des Herrn! Hier ist jeder in gleicher Weise willkommen, ob Patrizier oder Tagelöhner! Sollen wir nicht hinausgehen auf die Straßen, an die Zäune und alle hineinholen, die kommen wollen? Das Tor des Königs aller Könige steht jedem offen.“

Seit 30 Jahren steht das Brandenburger Tor jetzt wieder offen – für jeden der kommt. Und offen zu sein – das ist nicht die schlechteste Haltung, im Advent wie auch sonst im Leben.

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